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Die Schatten von La Rochelle

Die Schatten von La Rochelle

Titel: Die Schatten von La Rochelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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Herzogs von Buckingha m , s a m t einer Flotte vor La Ro c helle aufzutauchen und die königliche Garnison auf der Ile de Re zu belagern, hatte nie m and gerechnet. Buckingham, wie er wissen ließ, hatte ein ganzes Regim e nt eigens zur Unterstützung von La Rochelle m itgebracht, und wenn er erst die beiden der Stadt vorgelagerten Inseln m it ihren königlichen Garnisonen erobert hatte, dann würden die Engländer La Roc h elle im Fall einer Belagerung frei vom M eer aus versorgen können. Also stand die Stadt jetzt vor dem Dilem m a, die ungebetene Hilfe entweder zu akzeptieren und sich da m it offiziell ins Unrecht zu setzen, oder ihre Rechte aufzugeben und sich der Ungewissen G n ade ei n es Kardinals zu überlassen, der sie erst im letzten Jahr gezwungen hatte, das W ohnrecht für Katholiken in ihrer S t adt zu akzeptieren.
    » W ir befinden uns nicht im Kri e g mit England«, sagte Guiton m itleidlos. »Der Sohn unseres guten K önigs Henri hat seine S chwester m it d e m englischen König verheir a tet, oder? W i r e m pfangen hier keinen Feind, nur einen Verbündeten, m it d e m es i m Augenblick etwas Schwierigkeiten gibt. Und der uns in eine Position der Stärke versetzt, sicherstellt, daß es bei einem freien pr o testantischen La Rochelle bleibt.«
    Er sollte Bürger m eister sein, dachte Paul, und musterte Guiton bewundernd. Dann würde La Rochelle sich jetzt schon auf die Belagerung vorbereiten, statt sich zwischen Engländern und königlichen Anordnungen einzwängen zu lassen w i e eine Auster. Er erinnerte sich, daß sein Onkel, der Herzog von Rohan, ein m al sardonisch ge m eint hatte, das Problem m it den bürgerlichen Protestanten sei, daß sie so viele Meinungen wie Pastoren hätten und lieber m iteinander stritten, statt gegen die K atholiken zu kä m p fen. Nun, Guiton, der sich schon bei der letzten Belagerung bew ä hrt hatte, stellte da offensichtlich eine Ausnah m e dar.
    Seinem Vater sc h ienen sich d ie De b atten ebenf a lls zu lange auszudehnen. »Also, Messieurs, welche Nachricht soll ich m einem Cous i n Rohan überbringen ? « unterbrach e r , als er sah, wie Godefroy den Mund zu einer e m pörten und zweifellos weitschweifigen Antwort öffnete. Godefroy errötete. Seine Hände verkra m p ften sich.
    »Daß alles beim alten bleibt«, entgegnete er eingeschnappt. » W eder sind wir Rebellen, noch werden wir m it einem Land p a ktieren, das Jahrhunderte lang U nglück über Frankreich gebracht hat.«
    Mehrere der Ratsherren sprangen auf, Guiton an erster Stelle. »Das habt nicht Ihr zu entscheiden, Godefroy, Bürger m eister oder nicht!« donnerte er. » W ir alle müssen diese Entscheidung treffen, und bei Gott, wir werden uns nicht der r ö m ischen Hure und ihrem Abgesandten unterwerfen…«
    Paul sah seinen Vater an, der die Achseln zuckte und sich erhob. Über das Stim m eng e wirr hinweg rief er: » W enn Ihr Eure E ntscheidung getroffen habt, Messieurs, dann laßt es m i ch wissen. Ihr werdet m i ch i m Hô t el Rohan finden.«
    Als sie den Ratssaal verließen, eilte Godefroy ihnen nach. »Monsieur le Co m t e, es ist m i r sehr peinlich, aber…«
    Paul konnte nicht widerstehen. »… der große böse W olf i m roten Pelz da draußen hat so scharfe Z ä hne und ein so riesiges Maul, und er wird die Stadt verschling e n, wenn Ihr nicht artig seid.«
    »Paul!«
    Die Stim m e seines Vat e rs schnitt wie ein Hieb. »Ich entschuldige m i ch für m e inen Sohn, Monsieur le Maire.«
    Godefroy war bleich geworden. » W enn Ihr m orgen wieder k o m m t, Monsieur le Co m te, werde ich Euch unsere Ent s cheidung m itteilen«, entgegnete er steif. »Ich wäre Euch dankbar, wenn Ihr dann auf die Begleitung dieses Eures S ohnes verzichten könntet.«
    »Mir gefällt die For m ulierung ›dieses Eures Sohnes‹«, sagte Paul, als sie das Ratshaus verließen, um das eisige Schweigen seines Vaters zu brechen. »Als ob es exze n trisch von Euch war, m i ch in die Welt zu setzen.«
    »Ver m utlich war e s das. Auf alle F ä lle hätte ich dir n icht ge s tatten sollen, m it m i r hierher zurückzukehren. Ich fürchte nur, dann würdest du jetzt statt m einer Philippe und den Herzog un m öglich m achen.«
    Paul zog eine Gri m ass e . Sein älterer Halbbruder Philippe war genau dort, wo er hingehörte, bei der A r m ee des Herzogs von Rohan, die sich im Süden des Landes m it Condé herumschlug. Philippe, der den Na m en ihres Vaters trug, war das Musterbild eines guten Sohnes, und da Paul schon

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