Die Schattenfrau
größeren Hoffnungen und ich auch nicht.«
»Kann man sehen, ob ein Mann am Steuer sitzt?«
Beier hob hilflos die Arme. »Manchmal ist das nicht einmal möglich, wenn die Bilder scharf sind.«
»Wieso das?«
»Frauen können genauso schön sein wie Männer.« »Ich verstehe.«
»Da kann man dann einfach keinen Unterschied erkennen.«
»Natürlich.« Winter trommelte mit dem Finger auf die Tischplatte. »Und noch eine große Frage«, sagte er. »Das Kennzeichen?«
»Da haben wir vielleicht etwas herausbekommen«, freute sich Beier. »Drei Buchstaben. HEL oder HEI.«
»Wie sicher ist das?«
Beier zuckte die Achseln. »Wir bemühen uns weiter«, antwortete er. »Aber du kannst loslegen und erst mal damit anfangen - wenn du Leute dafür hast.« Beier goss ihnen Kaffee ein, und Winter trank, ohne etwas zu schmecken.
»Wir dürfen also davon ausgehen, dass dieser Wagen am Fundort war, als der Körper dort abgelegt wurde«, sagte Winter.
»Ja«, stimmte Beier zu. »Immerhin etwas, ein erster Anhaltspunkt.« »Du brauchst dir bloß alle Ford Escort der Stadt vorzunehmen. Oder die von ganz Schweden.«
»CLX.«
»Das ist nicht gesichert.«
»Nein, aber damit fange ich an. Bei diesem Fall, an dem ich im Frühjahr gearbeitet habe, in London... Der Kollege dort hat mir von einem Fall erzählt, wo sie nach einem Auto suchten und als Anhaltspunkt nur die Farbe und vielleicht die Marke wussten. Wir haben mehr.«
»Vielleicht.«
»Ganz sicher, Göran. Ich spüre, wie ich immer optimistischer werde, allein dadurch, dass ich hier neben dir sitze.«
»Leider muss ich deinen Optimismus gleich wieder dämpfen.«
»Wie das?«
»Ich habe nichts Neues zu diesem eigentümlichen Symbol am Baum. Wie immer man das bezeichnen soll.«
»Einer von meinen Jungs hat auf ein chinesisches Schriftzeichen getippt.«
»Das würde die Sache sehr erleichtern.«
»Genau.«
»Dann brauchen wir bloß noch eine Milliarde Chinesen zu verhören.«
»Du hast alle Abendländer vergessen, die Chinesisch können«, gab Winter zurück.
»Ich schlage vor, dass du damit anfängst«, feixte Beier.
Sie blieben einen Moment still sitzen, tranken Kaffee, lauschten der lauten Klimaanlage im Zimmer. Winter fror beinahe in der kühlen Luft. Beier trug ein gemustertes Sakko, dazu ein weißes Hemd und einen Schlips, der Winter an Ochsenblutrot erinnerte. Vermutlich sind wir die beiden einzigen Polizisten im ganzen Haus, die heute einen Schlips tragen. Als Winter der Gedanke kam, lockerte er sofort seinen. Er trug wieder den gewohnten Panzer, seine besondere Uniform. Beier hatte nichts dazu gesagt.
»Ich bin mir sicher, das Zeichen hat mit dem Mord zu tun«, durchbrach Winter die Stille.
»Warum?«
»Es ist nur ein Gefühl, aber ein starkes.« »Wunschdenken also.«
»Es wäre ein zu großer Zufall, wenn jemand fast gleichzeitig etwas an den Baum pinselt.«
»Vielleicht lässt der Betreffende heute von sich hören, wenn wir uns mit einer Bitte um Mitarbeit an die Öffentlichkeit wenden.«
»Damit warte ich lieber noch ein bisschen.« »Nicht zu lange, Herr Kommissar.«
»Ja, aber wenn wir zu früh damit rausrücken, kann das auch Nachteile haben - vielleicht kann uns dieses Wissen schon bald bei einem Verhör von Nutzen sein.«
»Mhm.«
»Es könnte ausschlaggebend sein.«
»Vielleicht war sie an einer... Zeremonie beteiligt?«, spekulierte Beier. »Nein.«
»Warum nicht?«
»Diese kleine Bucht ist vielleicht ein lauschiger Ort für Satanisten und andere Weltverbesserer gewesen - oder ist es noch -, aber an so was hat sie nicht teilgenommen.«
»Vielleicht blieb ihr nichts anderes übrig.«
»Du weißt, was ich meine«, sagte Winter. »Das passt nicht zusammen. Da müsste jemand was bemerkt haben, etwas gehört haben.«
»Wie Halders' Hundezüchter?«
Fredrik hatte Winter von dem Mann erzählt, der die Geschichte an Beier weitergegeben hatte. Winter schmunzelte und wollte seinen Kaffee austrinken, aber er war zu kalt geworden.
»Oder wie die Kollegen vom Ermittlungsdezernat?«, hakte Beier noch einmal nach.
»Darunter sind einige der aufmerksamsten Polizisten überhaupt.«
»Gilt das in jedem Zustand?«
»Ein Polizist ist allzeit bereit.«
»Wozu?«
»Zum Schlimmsten«, scherzte Winter, doch sie wurden beide schnell wieder ernst. »Es hat sich oft gezeigt, dass die Ortswahl alles andere als zufällig ist. Der Mörder wählt den Ort bewusst aus, in einem Fall wie... diesem.«
»Ich gebe dir Recht. Glaube ich.«
»Wir müssen uns
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