Die Schattenkämpfer 3 - Der Fluch der Assassinen
derartige Entschlossenheit, dass sich Dubhe einen Augenblick lang diesem verlockenden Gedanken hingab. Aber es war wirklich nur ein kurzer Moment. Dann band sie sich weiter ihr Oberteil zu und kehrte in die Wirklichkeit zurück. »Es war eine verrückte Idee«, raunte sie.
Learco richtete sich auf, nahm ihr Kinn in die Hand und zwang sie, ihm in die Augen zu sehen. »Jetzt sag es mir noch mal.«
Er wusste, welche Wirkung er auf sie hatte, dass sie ihn nicht anlügen konnte, wenn er sie so anschaute.
»Es muss mir egal sein, wie schön es für mich war. Ich bin hier, um deinen Vater zu töten, und das reicht, um uns zu Feinden zu machen.«
Learcos Blick verhärtete sich. »Glaubst du, ich wäre nicht in der Lage, ihn zu verraten? Schließlich hasse ich ihn.«
»Vielleicht. Aber seit Jahren kämpfst du nun schon für ihn und hast dich nie gegen ihn aufgelehnt. Immerhin ist er dein Vater, und daran lässt sich nichts ändern.«
Ein wenig gekränkt machte sich der Prinz von ihr los und wechselte das Thema. »Jedenfalls mache ich mich auf die Suche nach diesen Dokumenten, von denen du sprachst, und wenn ich sie gefunden habe ...«
Doch Dubhe schüttelte den Kopf und ließ ihn nicht zu Ende reden. »Ich möchte nicht, dass du das für mich tust. Damit würde ich dich zu meinem Komplizen machen, obwohl ich weiß, dass du es dir eines Tages wieder anders überlegen wirst.«
»Ich habe mich schon entschieden, als ich diesen Raum mit dir betrat«, erwiderte er entschlossen. »Wir kommen aus der gleichen Hölle, Dubhe, und wenn ich wirklich verdammt bin, so möchte ich es an deiner Seite sein.«
Er gab ihr nicht die Zeit, etwas zu erwidern, und küsste sie.
»Heute Nacht bin ich wieder hier. Wirst du kommen?«
Dubhe schaute ihn verzaubert an. Dann sprang sie auf. »Ja.« Und damit lief sie aus dem Raum und auf die Treppe zu.
Learco blieb allein in dem Zimmer unter dem Dach zurück. Er kam sich nicht mehr wie ein Verrückter vor und hatte keine Zweifel mehr im Herzen. Seit Langem wusste er, zu welchen Untaten sein Vater fähig war, doch dieses letzte
grausame Verbrechen machte das Maß voll und erfüllte ihn mit neuem Zorn. Er stieg die Treppe hinunter und lief durch den allmählich erwachenden Palast. Ohne zu zögern, lenkte er seine Sehnte zu dem Raum, wo er den Mann antreffen würde, der vielleicht in der Lage wäre zu verstehen, was in ihm vorging. Auch die letzte Illusion über meinen Vater ist nun zerstört. Dubhe ist kein Traum. Und ich werde es ihm nicht erlauben, uns zu trennen.
Ohne zu klopfen, trat er ein. Neor war bereits aufgestanden und kleidete sich gerade an. Es waren nur noch wenige Tage bis zur offiziellen
Vergebungszeremonie.
»Sag mir, was ich tun soll, und ich werde es tun.«
Dubhe fühlte sich den ganzen Tag wie in Trance. Ihr Körper schien ihr nicht mehr zu gehören, so als habe sich dieses Geheimnis, das zwischen ihr und Dohors Sohn erblüht war, dort eingebrannt und sie zu einer anderen gemacht. Euphorisch und gleichzeitig verloren kam sie sich vor. Es geschah zum ersten Mal, dass sie sich der Vorstellung hingab, vielleicht mit jemandem zusammenzuleben, einem Mann, den sie liebte und der ihre Liebe ebenso leidenschaftlich erwiderte. Learco schien es nichts auszumachen, dass sie eine Mörderin war, und sie hatte endlich verstanden, was ihre beiden Seelen verband: ein feines, intimes Spiel von Übereinstimmungen, die sie nach und nach, Hand in Hand, entdeckten. Es war unglaublich, aber sie spürte, dass es nun Raum für eine Zukunft in ihrem Leben gab. Learco hatte den Bann gebrochen und ihr ein Ziel geschenkt, für das es sich zu kämpfen lohnte.
»Was hast du?«
Mit einer halb geschälten Kartoffel in der Hand stand Dubhe in der Küche, während Theana sie musterte. Sie schälte weiter. »Nichts. Wieso?« »Du kommst mir verändert vor.«
Dubhe lächelte nur zerstreut. Dabei spürte sie das Bedürfnis, ihr die Wahrheit zu sagen, ihr alles zu erzählen, so
wie sie damals als kleines Mädchen ihrer Freundin Pat alles anvertraut hatte, doch eine seltsame Scham hielt sie zurück. Nein, es war nur ihre eigene Sache, und sie wollte die Gedanken daran noch ein wenig allein auskosten. Als es Abend wurde, lief sie, ohne lange nachzudenken, zu der Mansarde. Oben auf dem Treppenabsatz stand Learco und wartete bereits lächelnd auf sie. Es kam ihr unglaublich vor, aber erst jetzt wurde ihr bewusst, wie stark ihr Verlangen war, ihr Leben mit jemandem zu teilen. Jahrelang hatte sie sich nur etwas
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