Die Schattenkämpfer 3 - Der Fluch der Assassinen
Sattel zu steigen. Lonerin eilte herbei, um ihm hinaufzuhelfen, doch der alte Magier bremste ihn mit einem strengen Blick. »Lass mich. So alt bin ich nun auch wieder nicht«, erklärte er kühl. »Steig hinten auf.«
Lonerin gehorchte, doch kaum hatte er die Hände aufgesetzt, um sich auf Oarfs Rücken zu schwingen, da spürte er, wie sich die Muskeln des Drachen unter seiner Berührung anspannten. Es war schwierig, an den glatten Schuppen einen Halt zu finden, aber schließlich gelang es ihm, und gleich darauf schwebten sie in den Lüften.
Den ganzen Flug über hatte Lonerin das Gefühl, dass Sennar vor etwas auf der Flucht war. Ohne Vorankündigung waren sie aufgebrochen, und nun flogen sie so schnell, als sei der Teufel hinter ihnen her. Mit rhythmischem, imposantem Flügelschlag legte Oarf Meile um Meile zurück, doch Sennar wirkte die ganze Zeit über unzufrieden und nervös. Oder brannte er nur darauf, endlich zu handeln?
Als sie abends dann vor dem Lagerfeuer saßen, wanderte sein Blick ständig hin und her, und das einzige Thema, über das sie sprachen, war die Magie.
Sennar begann sogleich mit dem Unterricht. »Der Zauber, der dir gelingen muss, ist sehr schwierig. Du hast zunächst Aster aus dem Kerker zu befreien, in dem er im Moment gefangen ist, und das geschieht, indem du seinen Geist in den Talisman, der als Katalysator wirkt, hinüberziehst. Dafür musst du deine Seele einsetzen, und das verlangt Kräfte, über die du im Moment noch nicht verfügst.« Lonerin wunderte sich über diese Bemerkung. Er war der Überzeugung gewesen, schon seit Jahren den Gipfel seiner Fähigkeiten erreicht zu haben, eine Höchstgrenze, die jedem Magier angeboren ist, ähnlich wie die Haarfarbe oder die Körpergröße. Nun gehe es nur noch darum, neue Zauber zu erlernen, hatte er gedacht, und dass sich am Umfang seiner Kräfte nichts mehr ändern würde. »Was soll ich denn tun, wenn ich diese Kräfte gar nicht besitze?«
»Jeder Magier verfügt über Energien, die er nie vollkommen ausschöpft. Jetzt kommt es darauf an, sie zur Geltung zu bringen.«
»Verzeiht, aber ich glaube, alles, was mir möglich ist, bereits entwickelt zu haben, und auch mein Meister ...«
Mit einer Handbewegung brachte ihn Sennar zum Schweigen. »Das ist Unsinn. Auch wenn ich selbst einen Großteil meiner Kräfte eingebüßt habe, weiß ich doch genau, dass du dein Potenzial noch überhaupt nicht ausgeschöpft hast. Du glaubst, manche sehr mächtige Zauber seien dir verschlossen, dabei liegen sie auch im Bereich deiner Möglichkeiten. Es ist bloß eine Frage des richtigen Unterrichts.«
Sie begannen mit den Grundlagen, mit den elementarsten
Konzentrationsübungen. Lonerin nahm alles fleißig auf, und sogar im Flug auf Oarfs Rücken erklärte ihm Sennar nun Dinge, die wichtig für ihn werden konnten.
»Da der Ritus viele Jahrhunderte alt ist, wirst du die Formel in elfischer Sprache sprechen müssen. Du musst sie auswendig können genau wie die Gesten, die dabei zu vollfüh ren sind. Du musst deine Seele vom Körper trennen, während du dich mehr und mehr in eine mystische Ekstase hineinsteigerst. Es ist wie eine Art Scheintod, schwierig und schmerzhaft, der aber auch Wirklichkeit werden kann ...« Immer wenn sie abends ihr Lager aufschlugen, brachte Sennar ihm etwas Neues bei oder forderte ihn auf, das zu wiederholen, was sie am Vorabend durchgenommen hatten. Einige dieser Übungen kamen Lonerin allerdings etwas zu elementar vor.
»Konzentriere dich auf den Atem der Welt.«
»Das kann ich doch schon längst ...«
»Aber nicht auf dem Niveau, das nun von dir verlangt wird«, erwiderte Sennar trocken.
Andere Übungen wirkten ganz einfach bizarr.
»Ich möchte, dass du diesem Blatt dort den Lebenssaft entziehst. Schau, so.« Sennar ergriff ein Blatt, legte es sich auf die Hand, bedeckte es mit der anderen Handfläche und runzelte für einen Augenblick die Stirn. Als er die Hände wieder löste, lag in der einen ein trockenes Blatt, in der anderen strahlte ein grünes Licht. Das erinnerte Lonerin an einen verbotenen Zauber, an dem er sich einmal versucht hatte, und er wurde unruhig.
Sennar merkte es. »Sei nicht so kleinlich. Auch der Tugendhafteste kann in die Lage geraten, dass er auf solche Mittel zurückgreifen muss. Und zudem ist das eigentlich gar kein verbotener Zauber.«
So verhielt sich Sennar die ganze Zeit. Er war schroff und abweisend und zeigte nicht das kleinste bisschen Geduld.
»Tut mir leid, dass ich nicht so weit
Weitere Kostenlose Bücher