Die Schattenkämpferin 02 - Das Siegel des Todes
seine möglichen Kinder . . . « , fuhr Sennar fort, so als überlege er bei sich.
Seine S t imme z itterte.
»Und eben deswegen sind wi r zu Euch gekommen, um Euc h um Hilfe zu bitten, auch Eurem Sohn zuliebe.«
Doch Sennar w ar mittlerwei l e in seinen Erinnerungen ve rs unken. » I mmer noch ne u es Le i d br i n g t mir das L e ben. E s re ic ht ihm noch nicht, was es mir bisher zugef ü gt hat . . . «
Plötzlich schien der Magier noch stärker gealtert, erzählte mit monotoner, schmerzerfüllter Stimme, und Dubhe überkam ein Mitgefühl, das sie förmlich zerriss.
»Tarik war fünfzehn, als er von mir fortging und voller Zorn die Tür hinter sich zu sc hl u g. Für ihn gab es nur seine Mutter, und er konnte es mir nie verze i hen, dass es mir nicht gelungen w ar, ihren Tod zu verhindern.«
Er schloss die Augen, so als hänge er längst vergangenen Bildern nach.
»Ich wo l lte ihn wieder f inden, ihn wiedersehen, um noch ei n mal neu zu beginnen und ungeschehen zu mache n , was vorgefallen war.«
Eine e inzelne T räne lief ihm über die eingefa l lene Wange. Er öffnete die A u gen, versuchte, w i ed er in die Gegenwart zu find e n.
»Wenn ihr möchtet, könnt ihr bleiben und im Heuschober schlafen. Oarf wird e u ch in R u he l assen. E s is t s c hon spä t , u nd ic h bin m ü de, z u m ü de, u m jetzt irgendeine Entscheidung zu f ällen. Wir unt e rhalt e n uns morgen weiter, ic h brauche meinen Schlaf . . . «
Dubhe und Lonerin nickten und standen auf.
Sennar brachte sie zum Heuschober und machte ihnen umständlich zwei Lager z u recht. An sc hlie ß end v ersc h wand er e i ne Weile und kehrte mit zwei Sc h ü sseln Suppe zurück, die er wor t los, in ein beharrliches Schweigen gehüllt, auf dem Boden neben ihnen abstellte.
Dann ließ er sie allein.
Schweigend schlürften Dub h e und L o nerin ihre Suppe, obwohl sich die lähmende Befangenheit zwischen ihnen mittlerweile verflüchtigt hatte. D ie Erei g nisse d e s Ta g es u nd d a s lan g e G espräch m it Sennar sc hienen ihre persönlichen Angelegenheiten in den Hin t er g rund gedrängt zu haben. Was war denn auch ihr Streit geme ss en an dem, was der greise Held ihnen erzählt hatte? Nicht s , b e de utu n gs los. U n d s o dachten beide nur an Sennar und daran, w ie ihn die Z e it ve r ändert hatte, w ie e nttäuscht und verzweifelt er war.
Lonerin fragte sich, ob er auch einmal so enden würde, besiegt und gebrochen, ob es wir k lich zu nichts führte, immer wieder gegen den Hass zu kämpfen, e i n Kampf, den Sennar als sinnlos bezeichnet h a tte. W ie so hä u fig gab es d a ra u f keine eindeutige Antwort. Es blieb nur, sich müh s am jeden Tag neu mit d e m Hass, auch d e m eigenen, auseinanderzusetzen.
Dubhe hingegen dachte darüber nach, wie weit doch ihr eigenes Leben von diesen großen, noblen Probl e men entfernt war. Sennars Geschichte machte ihr einmal mehr erbarmungslos k lar, w i e ban al , erbärmlich und l e er es war, d i es es Leben, in dem alle Werte fehlten.
Fast gleichz e it i g stel l ten sie d i e leeren Schal e n zu Boden u n d str e ckten s i ch dann auf ihren Strohlagern aus.
D u bhe hatte s i ch berei t s zu ei ner Seite g edr e ht, a l s L onerin sie p lötz l ich a n tippte. Sie zu ck te zu sa mmen und fu h r herum. Der junge Zauberer lächelte sie an, und es war, als öffne sich eine Blüte in der Wüst e .
»Danke für de i nen Beista nd «, sagte er. Dubhe war g e rührt.
Es war nur ein Moment, dann drehte sich Lonerin wieder um, und einige Augenbli c ke l a g s tarrte Dubhe auf s e inen Rücken.
»Danke«, murmelte auch sie.
26
Das Grab i m Wald
In aller Frühe wachte Loner i n a u f, a l s d a s e rste Mor g enli c ht zwischen d e n schiefen Brett e rn des He u sc h obers ei ns ic k e r te.
Z u m ersten Mal s e it Beginn i h rer Reise f ü hlte er sich heute beim Aufwachen fast im F rieden mit sich sel b st, wie jeman d , der endlich eine lange vor sich her geschobene P fl icht erl e digt h a t. Nun lag all e s in Sennars H a nd. Er s e lbst k onnte sich einen Tag Ruhe und Entspann u ng gön n en.
Er drehte s i ch u m u nd sah D u bhe, a u f der S eite schlafen d , neben sich lie g en, eine Hand wie i mm er am Heft ihres Do lc he s . Die W u nde, d ie sie ihm bei g ebra c ht hatte, war nur noch wie ein dumpfer, melancholischer Schmerz auf dem Grund seines Herzens. Vi e lle ic ht hat t e s i e ja rec h t, v i elle ic ht war die Lie b e, die er fü r sie zu empfinden glaubte, tatsächlich
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