Die Schattenkämpferin 02 - Das Siegel des Todes
tark und u ne m pfindlich zu sein?
»Es ist nichts Schlechtes daran, hin und wieder einmal schwach zu se i n, u nd noch w eni g er, s i ch a n deren anz u vertra u en.« Dubhe fühlte sich an einer w u nden Ste l le g e t roffen. War e s das, was ihr eigentlich zu schaffen machte? Sich nach so langer Zeit noch einmal jemandem anzuvertrauen?
Ohne eine Antwort zu geben, legte sie ihr Gesicht auf die verschränkten Arme und starrte in das Feuer. Für sie war das Gespräch damit beendet.
»Dein Stolz wird mich nicht davon abhal t en, für dich da zu sein«, bekräftigte Lonerin.
Ihr Heimatdorf Selva, ihre M u tter und ihr Vater, auch Mat h on, der Jun g e, der ihr damals so g ef a llen hat. S i e si n d weit we g , ihre Sti m men so f ern, da s s sie s ie nicht hören kann. Auch Gornar, der Anführer ihrer G r u ppe, ist d abei.
Dubhe beobachtet, wie d iese Menschen ihr Leben ohne sie führen, so als sei sie niemals zur Welt gekommen. Au c h der Meister ist bei ihnen und scheint sich in ihrem Kreis ganz wohlzufüh l en. Eigentlich ge hört er gar nicht dorthin. Er ist nie in Selva gewesen, war der Mitt e lpunkt eines anderen Lebens.
Er unterhält sich mit ihrer Mutter, lacht mit ihr.
Wie oft habe ich den Meister lachen sehen? Fast nie.
Und d o ch tut e r es. S e ine M ie ne wirkt g l ücklich. Er macht ihrer Mutter den Hof, das ist nicht zu ü bersehen. D i es zu beob ac h t en, macht Du b he wütend: W i e von Sinnen vor Eifersucht möc h te sie dazwi s chen g ehen, sie auseinanderbringen. Aber s ie k ann nicht. Ihre G li e der s ind so sc h wer wie Ble i , u nd s o sehr s i e s i ch au c h bemüht, gelingt es ihr ni c ht, au c h nur einen Muskel zu bewegen. So bleibt ihr nichts a n d e res ü bri g , a l s m achtlos der Szene beizuwohnen. Der Meister wiegt den Sohn ihrer Mutter auf dem Arm, den Jungen, den sie in Makrat zur Welt gebracht hat, in ihrem neuen Leben mit einem anderen Mann, nachdem Du bhe aus dem Dorf vertrieben und ihr Vater auf d er Suche nach i hr verschol l en und gestorben war. Der Meister gibt ihr einen K u ss a u f Wange, la c ht kokett, u nd D u bhe zerreißt es innerlic h . Sie versucht zu schreie n , brin g t aber keinen T on heraus.
Lonerin tritt a u f den Meister zu und spr i cht m it ih m . S eine Hände le uc ht e n, so als zaubere er gerade.
Es ist alles f a lsch an di es er S ze ne, an d iesem Stel l dich e in to t er und lebend e r Menschen, die eigentlich nichts miteinand e r zu tun haben, und Dubhe drängt es, allein mit ihrer Anwesenheit alles Unwirkl i che di es er Szene zu vertreiben. Plötz l ich z ieht bedrohlich ein riesengroßer schwarzer Schatten heran. Es ist die Best i e. Dubhe weiß e s , wei ß , dass s ie a lle tö t en wird, ver sc hlin g en, a u f e wig hineinziehen in die Finster n is. Nichts wird von ihnen übrig bleiben, noch n icht einmal die Eri n neru ng . Vor Furcht b e ginnt sie zu zittern. Ni e mand hat die G efahr bemerkt, a l les hängt jetzt von ihr ab. N u r sie all e in k ann diesen Al b tra u m beenden u nd si e vor dem Tod retten.
Sie versucht, die Beine zu bewegen, doch die sind angekettet, versucht zu
schreien, d o ch ihre Kehle ist l eer u nd st umm , sp ü rt, wie ihre A ug en fe uc ht werden wolle n , d o ch noch nic h t einmal Tränen hat sie mehr.
Denn sie ist ke i n Körper mehr, nur noch See le , unbestimmt u nd ungreifbar, die ir g endwo u mherirrt. Panik erfasst si e . D a , eine Stimme von weit her, die sie beim Namen r u ft.
»Dubhe! Dubhe!«
Lonerin rüttelte sie heftig, versuchte, sie aufzuwecken, aber es wollte ihm nicht gelingen.
Es war alles so schnell gegangen.
Sie hatte sich zum Schlafen niedergelegt, während er noch wach bleiben wollte, um nachzude nk en. I hre Worte hatten ihn v e rletzt, ihm aber auch zu denk e n gegeben. War wirkli c h M i tleid d a s G ef ü hl, d as er seit eini ge n Ta g en schon in der Magengegend spürte? War e s Mitle i d, d ie s es brennende Verlang e n, sie zu r etten? Während er in das F e u er b l ic k te, spiel t e er mi t dem sam tenen Säc k che n , d a s Theanas Haar ent h iel t . Sie hatten gem einsam bei ihr e m Lehrer, Rat Folwar, die magischen Künste s t udiert. Bevor e r dann zu s e iner Mis s ion in das Herz der Gi lde a u f g ebrochen war, hatte er s i e g e kü sst u nd geglaubt, dass mehr als Freundschaft zwi s chen ihnen war. Dama l s hatte s i e ihm auch dieses H a arb ü schel mitgegeben.
Doch dann lernte er Dubhe kennen, und alles änderte sich. Nun war Theana nur noch
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