Die Schattenkämpferin 1 - Das Erbe der Drachen
von dem Gedanken, dass Sennar lebte, und das ganz in der Nähe.
Dann sah sie, wie sich Lonerin erhob und höflich von dem Gnomen verabschiedete.
Sie tat es ihm nach und murmelte, während sie sich verneigte: »Ich danke Euch nochmals für Eure Hilfe.«
»Hab Vertrauen, Dubhe. Ich weiß, wie schwer es ist. Selbst Makhtahar hatte einen Moment lang Angst vor dir. Meine Krieger haben es beobachtet.« Dubhe erschrak.
»Doch Makhtahars Brüllen war letztendlich ein Schmerzensschrei. Verstehst du, was ich damit sagen will? In dir steckt viel mehr als der Abgrund, in dem das Ungeheuer haust.«
Sie fand nicht den Mut, etwas hinzuzufügen. Noch einmal verneigte sie sich und verließ an Lonerins Arm ganz benommen die Hütte.
Sie traten hinaus in die Frische der Nacht, die nach Gras und Tau duftete. »Ich bringe dich auf dein Zimmer«, sagte Lonerin.
Dubhe ließ sich führen von seinem sanften Griff, während ihr die Gedanken durch den Kopf rasten: an den Fluch, das Gegenmittel, an den Überfall am Steilhang und das, was dort geschehen war. Nun würde alles ans Licht kommen. Ob Sennar wirklich in der Lage war, sie zu erlösen?
Vor ihrem Zimmer angekommen, blieb Lonerin noch bei ihr stehen. Sie sah, wie er sich nervös die Hände rieb, auf denen die Kratzspuren im Mondlicht noch deutlicher zu erkennen waren.
»In drei Tagen brechen wir auf. Bis dahin musst du dich noch gut erholen.«
Dubhe nickte.
»Dann gute Nacht«, wünschte sie ihm knapp.
Doch während sie sich umdrehte, ergriff er ihren Arm. »Ich möchte heute Nacht bei dir sein.«
Einen Moment lang setzte Dubhes Herz aus. »Das geht nicht.«
Sie versuchte, abweisend dreinzuschauen, doch es gelang ihr nicht. Immerhin war Lonerin ihr Reisegefährte, der Mensch, der sie nun schon unzählige Male gerettet hatte, zuletzt, indem er, um den Preis schlafloser Nächte und zerkratzter Hände, die Kräuter für einen neuen Trank zusammengesucht hatte.
Verblüfft schwieg er einen Moment und sagte dann: »Ich möchte doch nur in deiner Nähe sein, mehr nicht ...«
»Darum geht es gar nicht.« Ihre Stimme zitterte. Sie zog ihn hinein, schloss die Tür hinter sich und lehnte sich mit dem Rücken dagegen.
»Ist irgendetwas passiert?«, fragte Lonerin besorgt.
Er schien ganz ahnungslos.
Dubhe hob den Blick und schaute ihm fest in die Augen. »Wir haben einen Fehler gemacht.«
Er schien nicht zu verstehen. »Ich . . . «
»Wir können nicht zusammen sein.«
Mit unsagbarer Mühe brachte sie diese Worte über die Lippen. Schwer wie Felsblöcke waren sie.
Einen kurzen Augenblick erstarrte Lonerin, lächelte sie dann aber wohlwollend an. »Was machst du dir denn jetzt wieder für Gedanken? Du kannst doch glücklich sein. Hast du nicht gehört? Es ist nicht mehr weit zu Sennar. Er wird dich von dem Fluch erlösen, und unsere Mission bringen wir auch zu einem glücklichen Ende. Besser könnte es doch gar nicht laufen, endlich wirst du frei sein . . . «
Den Blick zu Boden gerichtet, schüttelte sie den Kopf. »Daran liegt es nicht. Es ist nur so . . . nun, ich glaube nicht, dass ich dich liebe.« Er starrte sie an. Fassungslos.
»Und ich bin sicher, würdest du dich genau prüfen und auf den Grund deines Herzens blicken, merktest du, dass du mich auch nicht liebst«, fuhr sie fort. »Da irrst du dich aber gewaltig. Du suchst nach einem Vorwand, um mich auf Abstand zu halten. Weil du Angst hast. Du bist so sehr daran gewöhnt, ohne Hoffnung zu sein, dass du deinen Kummer lieb gewonnen hast und dich nicht davon trennen willst. Aber auch das wirst du überwinden.«
Er trat auf sie zu, um sie zu umarmen, doch sie presste sich gegen die Tür und entzog sich ihm.
»Es war schön mit dir, das will ich gar nicht leugnen. Und ich habe auch versucht loszulassen, mir keine Gedanken zu machen und mit dem zufrieden zu sein, was du mir geben kannst. Aber es gelingt mir nicht. Ich kann mich deinen Umarmungen nicht hingeben, kann mich nicht erwärmen an der Glut deiner Küsse. Und wie gern würde ich das, wirklich, glaub mir . . . Für mich kannst du nur ein Freund sein, der beste, wahrscheinlich der einzige. Aber mehr nicht.« Im Mondlicht, das ins Zimmer einfiel, sah Lonerins Gesicht noch blasser aus. Ihr die Hände entgegenstreckend, stand er wie versteinert da. »Aber was war denn in der Grotte? Da hast du meine Berührungen erwidert, sehntest dich danach, genauso sehr wie ich.«
Dubhe lehnte den Kopf gegen die Tür zurück und schloss die Augen. Sie dachte an den Brief zwischen
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