Die Schattenleserin - Nachtschwarze Träume: Roman (German Edition)
die Straße dringt. Sobald ich im Inneren bin, sehe ich Fae mit dicken Humpen in den Händen, nehme den eindeutigen schalen Geruch in mir auf und weiß, dass ich eine Schenke gefunden habe. Eine zwielichtige, wie ich denke, da ich nicht die Einzige hier bin, die ihre Identität unter einer Kapuze verbirgt.
Ich würde mich am liebsten in eine Ecke setzen und mich ausruhen, aber ich zwinge mich, noch ein Stück weit zu gehen. Der Schenkwirt, ein hagerer Fae mit schwarzem Haar, das ihm bis über die Schultern fällt, fragt mich, was ich will.
Auch wenn ich gern etwas essen würde, frage ich: »Ich suche nach Saristi.«
Mein Akzent klingt fürchterlich. Er kneift die Augen zusammen. »Du suchst was?«
»Saristi« , wiederhole ich und hoffe, dass ich das Wort richtig betone.
»Da bist du in der falschen Provinz« , erwidert er. »Was kann ich dir bringen?«
Sein finsteres Gesicht sagt mir, dass ich nur bleiben darf, wenn ich auch etwas bestelle. Über dem Tresen hängt eine Speisekarte. Da ich sie nicht lesen kann, deute ich einfach auf eine Zeile aus Symbolen in der Mitte.
Und ziehe meine Hand sofort zurück. Ich habe Glück. Kein Edarratae zuckt über meine Haut, aber verdammt noch mal, so sorglos darf ich nie wieder sein.
»Fünfzehn Tinril« , sagt der Schenkwirt.
Ich habe keine Ahnung, wie viel das ist, daher greife ich in den Beutel, den mir Aren gegeben hat, und nehme einige Münzen heraus. Während ich darauf achte, dass meine Hand verhüllt bleibt, lege ich das Geld auf den Tresen.
Er zieht eine Augenbraue hoch und schiebt die Münzen mit der Hand in seine Tasche. Ich beiße die Zähne zusammen. Es ist unwahrscheinlich, dass ich ihm genau die richtige Summe gegeben habe, aber ich werde ihn nicht um das Wechselgeld bitten. Er soll nicht herausfinden, wie fremdartig mein Akzent wirklich ist.
Eigentlich hätte ich mich gern in einer Ecke oder zumindest in der Nähe einer Wand hingesetzt, aber der einzige freie Tisch befindet sich direkt in der Mitte der Schenke. Doch das ist immer noch besser, als zu stehen, also ziehe ich mir einen Stuhl heran und setze mich. Mir ist es egal, dass der Stuhl quietscht und wackelt, als würde er gleich auseinanderbrechen, da ich wenigstens sitzen kann. Ein Bett wäre mir allerdings noch lieber. So kaputt, wie ich gerade bin, würden mich vermutlich nicht mal meine Albträume aus dem Schlaf schrecken lassen.
Einige Minuten später stellt eine Fae eine Schüssel vor mich hin. Ich habe keine Ahnung, was darin ist. Irgendein Mischmasch, auf dem etwas Gelbes liegt. Ich fange mit dem Fladenbrot an, da mich das wohl kaum umbringen wird, und esse die Hälfte, bevor ich so mutig bin, ein winziges Stück in die Soße einzutauchen und zu kosten.
Ich muss mich sehr zusammenreißen, um es nicht wieder auszuspucken. Bitterborke. Die machen sogar Essen aus dem Zeug?
Da mein Magen knurrt, schiebe ich die Soße zur Seite und probiere den Brei, der noch in der Schüssel ist. Er schmeckt wie Eier mit Orangengeschmack. Verwirrend, aber essbar.
Die Fae in der Schenke werden immer lauter, aber ich blende sie aus. Das fällt mir leicht, da ich sowieso nicht mehr genug Energie habe, um ihre Worte zu übersetzen. Ich esse den restlichen Brei, der mit jedem Bissen scheußlicher schmeckt, und überlege, ob ich mir etwas zu trinken bestellen soll.
Bevor ich eine Entscheidung getroffen habe, reißt mir jemand die Kapuze vom Kopf. Ich versuche, sie wieder aufzusetzen, damit niemand meine Chaosschimmer bemerkt, aber es ist zu spät. Alle starren mich an, manche sogar mit offenem Mund, mit Ausnahme des Fae, der mir die Kapuze heruntergezogen hat. Er hat ein breites Kreuz und ist bestimmt dreißig Zentimeter größer als ich.
»Bist du die, die die Soldaten suchen?« , will er von mir wissen.
Mit hämmerndem Herzen stehe auf, mache einen Schritt in Richtung Tür und antworte: »Nein.«
Er runzelt die Stirn. Na ja, er hat gefragt. Hat er wirklich damit gerechnet, dass ich »Ja« sage?
Eine Fae aus der Menge sagt etwas, was ich nicht verstehe, aber mein Angreifer wischt sich die Hände an seiner schlammverdreckten Hose ab und erwidert: »Ich habe sie gefunden. Ich kriege die Tinril.«
Auf mich ist schon eine Belohnung ausgesetzt? Na, super. Ich mache noch einen Schritt auf den Ausgang zu.
»Arbeitest du für die Rebellen?« , will eine Frau wissen. Sie trägt eine enge Hose in der Farbe der roten Erde und ein weißes Oberteil, das auf der linken Seite lang herunterhängt, rechts aber nur bis zur
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