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Die Schattenleserin - Nachtschwarze Träume: Roman (German Edition)

Die Schattenleserin - Nachtschwarze Träume: Roman (German Edition)

Titel: Die Schattenleserin - Nachtschwarze Träume: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandy Williams
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begannen die Albträume. Einige von Thrains Fae suchten weder das Weite, noch ergaben sie sich. Sie kämpften. Sie töteten. Sie starben, und ich konnte nicht schlafen, weil mich die Erinnerung daran heimsuchte.
    Jetzt kann ich nicht schlafen, weil ich Kyol vielleicht nie wiedersehen werde. Ich war sechzehn, als wir uns das erste Mal begegnet sind, und er war … älter. Im Reich altert man langsamer als auf der Erde – Fae wie Mensch. Kyol sah aus, als wäre er Mitte zwanzig, doch nach allem, was ich wusste, konnte er auch gut doppelt so alt sein. Damals war er noch nicht Atroths Schwertmeister, aber er war sein Freund. Er wurde auch zu meinem Freund, und zwischen uns entwickelte sich irgendetwas . In den letzten zehn Jahren konnte ich immer nur dann gut schlafen, wenn Kyol über mich wachte. Trotz meines Entschlusses, ein normales fae-freies Leben zu führen, hat sich das nicht geändert.
    Ich starre schon seit Stunden an die Decke und kämpfe gegen meine Ängste an. Gelegentlich lassen sie mich ein wenig in Ruhe, und ich schließe meine schweren Lider, doch das Geknarze und Geknacke im Gasthaus weckt mich immer wieder auf, wie leise es auch sein mag.
    Schritte halten vor meiner Tür inne. Ich tue so, als würde ich schlafen, als die Tür geöffnet wird. Jemand kommt ins Zimmer und räuspert sich. Ich lasse die Augen weiterhin zu und rege mich nicht.
    »McKenzie.«
    Obwohl man die bettlakenlose Sprungfedermatratze unter mir durchaus auch als Foltermittel benutzen könnte, bleibe ich reglos liegen.
    »McKenzie Lewis.«
    »McKenzie«, wiederholt die Stimme. Ich kenne sie nicht. Es ist eine weibliche, aber nicht Lenas.
    Ich schlage die Augen auf und will sie anstarren, stattdessen runzle ich die Stirn. Das Licht, das durch die Tür hereinscheint, ist hell genug, um zu erkennen, dass die Fae, die auf mich herabblickt, Menschenkleidung trägt: eine Jeans und ein enges rotes Oberteil, dazu klirrende Armreife und eine dreifache Halskette aus schwarzen Perlen. Es ist in dem schlecht beleuchteten Zimmer schwer zu erkennen, aber es sieht aus, als hätte sie sich ein Band mit Granaten und Premthyste , einem perlenartigen Stein, den man in der südlichsten Provinz des Reiches finden kann, in ihr dunkles, seidiges Haar geflochten. Ich erkenne das Muster, das die Steine bilden. Wenn ich mich nicht irre, ist sie eine Tochter von Cyneayen, dem über die Provinz Tayshken herrschenden Edelmann.
    »Die Sonne ist aufgegangen«, sagt sie und deutet unsinnigerweise auf mein vernageltes Fenster. Nicht der kleinste Lichtstrahl dringt durch die Bretter. Das Schlagen, das mir letzte Nacht solche Kopfschmerzen bereitet hat, kam von Lenas Vernageln meines Fensters. Jetzt wäre es leichter, mich durch die Wand zu graben als durch das dicke Holz vor meinem Fenster.
    »Es ist Zeit aufzustehen.«
    »Bei mir zu Hause definitiv nicht.« Ich schließe die Augen und hoffe, dass sie wieder geht.
    Sie schnauft. »Ich habe die Anweisung, dich Lena zu übergeben, wenn du dich widersetzt.«
    Es geht doch nichts über eine Drohung, um dich morgens aus dem Bett zu kriegen. Ich setze mich auf … und kann gerade so ein Stöhnen unterdrücken. Obwohl ich nicht gut geschlafen habe, lag ich eigentlich ziemlich still, und jetzt ist mein Körper total steif. Ich vermute, das hat man davon, wenn man über Zäune springt und an Hauswänden baumelt. Ich reibe mir den Nacken und versuche, den Schmerz wegzumassieren.
    »Aren sagte, dass du vielleicht Schmerzen hättest.« Die Fae streckt die Hand aus und öffnet sie, und ich sehe zwei kleine Tabletten auf ihrer Handfläche liegen.
    »Was ist das?«
    »Ibuprofen.«
    Ich kneife die Augen zusammen. »Fae nehmen keine Menschenmedizin.«
    »Die sind nicht für mich.«
    Die Anatomie der Fae unterscheidet sich nicht so sehr von der der Menschen, aber sie sollten sich von unserem Essen und unserer Kultur lieber fernhalten. Die Tabletten würden ihr nicht direkt schaden. Wenn sie es täten, würden Blitze wie blaue Schlangen um die Tabletten auf ihrer Hand herumzucken, aber auch die nichttechnischen Dinge aus meiner Welt schwächen nach und nach die Magie des Reiches. Aber wir halten uns momentan natürlich auch nicht im Reich auf, und die Einzige, die Schmerzen hat, bin ich.
    Nachdem ich mir in Erinnerung gerufen habe, dass die Fae nichts davon hätten, mich zu vergiften, nehme ich ihr die beiden Tabletten ab. Es dauert einen Moment, bis ich genug Spucke zusammenhabe, um sie hinunterzuschlucken. Dummerweise wird es noch etwa

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