Die Schattenleserin - Nachtschwarze Träume: Roman (German Edition)
kein Falschblut«, fährt Sethan fort. »Die Zarrak-Blutlinie ist reiner als Atroths. Andere Blutlinien sind sogar noch reiner als meine, aber diese Fae wurden alle getötet, ruhiggestellt oder zu Tor’um gemacht.«
Tor’um ist ein Wort, das ich kenne. Es lässt sich als »Wanderer« übersetzen und ist ein abfälliger Begriff für Fae, die nicht mehr genug Magie haben, um einen Riss zu öffnen. Die meisten Fae, die derart schwach sind, wurden schon so geboren, aber einige verlieren ihre Magie auch im Laufe ihres Lebens. Wenn das geschieht, wird auch ihre geistige Gesundheit beeinträchtigt. Traurigerweise gibt es von diesen Fae immer mehr. Obwohl Atroth die Tore des Reiches kontrolliert, kann er das langsame Schwinden der Magie der Fae nicht aufhalten. Obwohl es Gesetze gibt, die das verbieten, importieren Fae Pflanzen, Tiere und manchmal sogar Technologie der Menschen ins Reich. Das große Problem ist, dass es auf der Erde wortwörtlich Hunderte von Toren mehr gibt als im Reich. Der Hof hat nicht genug Soldaten, um alle zu bewachen, daher sind einige Händler mit ihrem Geschäftssitz in meine Welt gegangen, um den Steuern und Vorschriften aus dem Weg zu gehen. Diesen Fae ist es egal, was sie ins Reich bringen, solange sie Profit machen.
»Du glaubst mir nicht«, sagt Sethan.
»Dass du ein Nachfahr der Tar Sidhe bist oder dass du einen größeren Anspruch hast?« Ich weiß nicht, was ich glauben soll, aber ich möchte auf jeden Fall mehr über ihn, Aren und die Rebellion wissen. Das könnte mein letzter großer Coup werden, bevor ich mich zur Ruhe setze. Ich werde ein wenig spionieren, meine Flucht planen, dem König berichten, was ich alles herausgefunden habe, und dann suche ich mir einen Job und führe ein richtiges Leben auf der Erde.
Ich sehe ihn mit ruhigem Blick an. »Wenn irgendetwas davon stimmen würde, hätte der Hochadel dich zum König gewählt.«
»Das wäre geschehen, wenn alle siebzehn Provinzen zur Wahl zugelassen worden wären.«
»Neun der dreizehn haben für Atroth gestimmt«, erwidere ich, auch wenn ich ihm das mit den siebzehn Provinzen nicht abkaufe. »Rechne selbst nach. Er hätte trotzdem gewonnen.«
»Der Hochadel hätte anders abgestimmt«, kontert er selbstsicher. »In jedem Krieg gibt es zwei Seiten, McKenzie. Der König hat dir nur eine Version davon erzählt, worauf dieser Konflikt beruht.«
Und du willst mir jetzt eure Version erzählen , will ich schon sagen, aber ein tiefes, sich wiederholendes Schlagen wie das eines Hammers lenkt mich ab. Ich blicke auf die Lichtung hinaus, kann aber nichts erkennen. Es klingt auch eher, als würde der Lärm aus dem Gasthaus kommen. Sethan scheint sich deswegen keine Gedanken zu machen, und mir wäre es auch egal, wenn mein Kopf nicht bei jedem Schlag dröhnen würde. Ich drücke meine Nasenwurzel zusammen und hoffe auf Erleichterung.
Dann geht die Eingangstür auf, und Aren erscheint mit einem mit Blättern ausgelegten Korb voller Früchte und Käse, auf dem auch noch ein flacher, kreisrunder Brotlaib liegt. Er reicht mir den Korb, und es kostet mich all meine Selbstbeherrschung, um ihn ihm nicht aus der Hand zu reißen und mich auf den Inhalt zu stürzen. Die Früchte aus dem Reich sind köstlich, viel saftiger und süßer als alle auf der Erde geernteten Äpfel und Melonen, die ich je gekostet habe, aber ich zwinge mich dazu, die Hände auf meinem Schoß zu falten.
Er runzelt die Stirn. »Du hast seit über einem Tag nichts mehr gegessen.«
»Ich weiß nicht, was du da reingetan hast.«
Sein Lachen erschreckt mich. »Du bist unfassbar dickköpfig, Nalkin-Shom .«
»Mein Name ist McKenzie.« Ich schaffe es gerade so, nicht die Augen zu verdrehen, aber dieser Nalkin-Shom -Mist geht mir langsam auf die Nerven.
Aren stopft sich die Spalte einer dunkelroten Frucht in den Mund und reicht mir den Korb erneut. Ich starre das Essen an mit knurrendem Magen an.
»Muss ich den Käse ebenfalls probieren?«, fragt er.
Als mir klar wird, dass es keinen Sinn macht, mich zu vergiften, seufze ich schwer und nehme Aren den Korb ab. Er muss nicht zu so einer List greifen, wenn er mich töten will. Ein Messer durch die Kehle würde völlig ausreichen, und keiner der Rebellen würde sich beschweren. Vermutlich würden sie es sogar noch feiern.
Ich stecke mir ein Stück Käse in den Mund. Es berührt meine Zunge und löst eine Geschmacksexplosion aus. Würden Aren und Sethan mich nicht beobachten, dann wäre ich gegen die Lehne der Bank gesunken und
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