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Die Schattenleserin - Nachtschwarze Träume: Roman (German Edition)

Die Schattenleserin - Nachtschwarze Träume: Roman (German Edition)

Titel: Die Schattenleserin - Nachtschwarze Träume: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandy Williams
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angezogen und erkunde das Schloss. Zumindest kommt mir das Haus bisher so vor. Es ist riesig, hat zwei Geschosse, wobei sich im oberen ein Kino und ein halbes Dutzend verschlossene Türen befinden, die ich nicht zu öffnen wage. Hier oben hat offensichtlich so etwas wie eine Party stattgefunden. In einem der Wohnräume liegen rote Plastikbecher und Bierflaschen herum, auf dem Boden und den Tischen, sogar auf dem Billardtisch, für den das bestimmt nicht so gut ist. Und jemand schnarcht auf der Couch. Da ich ihn nicht wecken will, schleiche ich auf Zehenspitzen durch den Raum, finde die Treppe und gehe hinunter ins Erdgeschoss in der Hoffnung, dort die Küche zu finden.
    Die Größe des Hauses sollte mich eigentlich nicht überraschen, schließlich wurde ich am vergangenen Abend mit einer Luxuslimousine abgeholt. Shane hat offenbar Geld. Aber ich frage mich, woher. Womit verdient er seinen Lebensunterhalt? Wie kann er einen gut bezahlten Job ausüben? Wie verhindert er, dass sich der Hof ständig einmischt …?
    Ich bleibe stehen und sehe mir die hohen Wände des Foyers und die gewölbte Decke an. Das haben doch bestimmt nicht alles die Fae bezahlt. Mir ist klar, dass mir der König mehr Geld geben würde, wenn ich es verlangte, aber ich bin auch davon überzeugt, dass die Fae an die Geldscheinbündel kommen, indem sie sich durch Risse in Banktresorräume begeben. Ich fühle mich schon schuldig, dass ich mir von ihnen meine kleine Wohnung bezahlen lasse – schließlich ist das Geld gestohlen –, aber vielleicht sieht es Shane ja nicht so. Möglicherweise findet er, dass er sich dieses Haus verdient hat.
    »Hast du dich verlaufen?«
    Ich drehe mich um. Shane – ich gehe davon aus, dass er es ist, weil er so dasteht, als würde ihm hier alles gehören – ist ein paar Jahre älter als ich. Er trägt ein offenes weißes Hemd und eine Jeans, die ihm tief auf den Hüften sitzt. Sein braunes Haar ist zerzaust, aber er sieht nicht aus, als wäre er gerade erst aufgewacht. Er sieht aus, als ob er … Tja, als ob er gerade von einer Party kommen würde.
    »Ich bin McKenzie«, sage ich, damit er nicht glaubt, ich wäre einer der Gäste vom letzten Abend.
    »Ich habe dich schon vor ein paar Stunden gesehen.« Als ich die Stirn runzle, zieht er einen Mundwinkel hoch. »Du warst bewusstlos. Taltrayn hat dich nach oben getragen. Schläfst du immer so fest?«
    »Eigentlich nicht.« Aber es überrascht mich auch nicht, dass ich so tief geschlafen habe. Meine Schlafprobleme verschwinden, wenn ich bei Kyol bin, und die letzten drei Tage – verdammt, eigentlich die letzten Wochen – waren nicht gerade sehr angenehm.
    »Er sagte, du hättest einen harten Tag gehabt.« Shane geht durch das Foyer und an mir vorbei. »Hast du Hunger?«, erkundigt er sich dann.
    »Ich bin am Verhungern.«
    Ich folge ihm in die Küche, wo er die Kaffeemaschine anwirft und »Frühstück« macht: tiefgefrorene Waffeln aus einer derart riesigen Schachtel, dass man damit eine kleine Armee versorgen könnte. Nachdem er sie in der Mikrowelle aufgebacken hat, trägt er die beiden Teller in ein anderes Zimmer, wo er sie auf den Tisch stellt. Hohe Bogenfenster umgeben den Frühstücksraum, sehen auf den in Stufen angelegten Garten hinter dem Haus.
    »Wie lange wirst du hierbleiben?«, fragt er, während er Sirup auf seine Waffeln gießt.
    Das ist eine gute Frage, und ich weiß nicht, was ich darauf antworten soll. Ich möchte mir keine neue Wohnung suchen, aber mir ist klar, warum ich nicht nach Hause gehen kann. Die Rebellen haben mich gegen Lena eingetauscht, aber das heißt noch lange nicht, dass sie mich nicht zurückhaben wollen. Aren will mich zurückhaben.
    »Ich verschwinde, sobald ich kann.«
    »Das hat keine Eile«, erwidert er. »Ich habe jede Menge Platz.«
    »Ja. Dieses Haus«, ich sehe nach draußen, mustere die steinernen Bogengänge innen und den Marmorkamin im Nachbarzimmer, »ist … riesig.«
    »Extravagant, wolltest du wohl sagen.« Sein verschmitztes Grinsen sagt mir, dass er sich deswegen nicht schämt. Er schneidet seine Waffel durch. »Dem Hof ist es egal, wo ich wohne, solange mein Domizil in der Nähe eines Tors ist, also habe ich mir ein Haus ausgesucht, das mir gefällt.« Als er mein Gesicht sieht, fügt er hinzu: »Was ist? Ich riskiere mein Leben für sie. Ich habe mir das verdient, insbesondere nach allem, was in letzter Zeit passiert ist.«
    Niemand braucht so ein Haus, aber das möchte ich jetzt nicht mit ihm ausdiskutieren.

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