Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Schattenmatrix - 20

Die Schattenmatrix - 20

Titel: Die Schattenmatrix - 20 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
Vom Netzwerk:
glaubte zu spüren, dass sie an den Zehen drückten, doch wiederum wusste er, dass es nicht sein konnte. War es richtig gewesen, für heute Abend die Hasturfarben zu wählen statt die Elhalynfarben? Es war zu spät, sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Er hasste diesen Aufzug und wünschte, er könnte seine bequemen Reitstiefel und seine verwaschene alte Lieblingsjacke anziehen.
Aus dem angrenzenden Raum waren Stimmen zu hören. Seine Brüder besprachen wohl etwas. Er hörte außerdem Javannes Stimme, schneidend und ungehalten. Die Tage seit ihrer Ankunft waren für Mikhail ein einziger Seiltanz gewesen, der vergebliche Versuch, die Risse zwischen sich und seinen
Eltern zu kitten, ohne Regis dabei zu hintergehen. Der Druck war gewaltig. Er hatte sich sowohl Marguerida als auch Gisela gegenüber förmlich und höflich verhalten und hatte zu beiden Abstand gewahrt. Marguerida verstand seine Handlungsweise, aber Gisela versuchte weiterhin, seinen Panzer zu durchbrechen. Zum Glück waren seine Mutter und die beiden Mädchen gute Anstandsamen gewesen. »Wachhunde« kam der Wahrheit wesentlich näher. Er gestattete sich ein Grinsen, bemüht, die zunehmende Anspannung zu lockern.
Es klopfte an der Tür. »Herein.«
Liriel steckte den Kopf ins Zimmer, bevor sie eintrat. Mikhail drehte sich zu ihr um und fand, dass sie absolut großartig aussah. Sie trug ein grünes Kleid, das in anmutigen Falten um ihren Körper fiel und ihre Größe und ihr Gewicht verbarg. Es war sehr schön und schlicht, ohne aufwendige Verzierungen außer einem schmalen Goldband an Ärmeln, Kragen und Saum. Ihr rotes Haar hatte sie gebürstet, bis es glänzte, und über die Ohren gekämmt, so dass einige bronzefarbene Strähnen auf ihre Wangen fielen. Die Schmetterlingsspange war fast versteckt, gerade mal die Spitzen lugten hervor.
»Bist du fertig, oder willst du dich noch eine Weile bewundern?« »Willst du etwa andeuten, ich sei eitel, Liriel?«
»Ganz und gar nicht, aber du bist seit einer halben Stunde da drin, und ich weiß, dass du nicht so lange brauchst, um dich anzukleiden. Wenn ich dich dann auch noch vor dem Spiegel stehen sehe, wie soll ich da nicht denken, dass du gerade deine eindrucksvolle Gestalt bewunderst?«
»So war es aber nicht. Ich hasse diesen verdammten Überrock - er kommt mir viel zu protzig vor, auch wenn ich anfangs gar nicht den Eindruck hatte. Und ich freue mich nicht eben darauf, einen ganzen Abend lang tanzen und höfliche Konversation mit Leuten betreiben zu müssen, die
ich mit Freuden der kältesten Hölle Zandrus überantworten würde.« »Du meinst die liebe Gisela?« Die Ironie in Liriels Worten war unüberhörbar, und Mikhail grinste.
»Gisela ist eine echte Landplage, und ihr Vater ist noch schlimmer. Der einzige Aldaran, den ich je wieder sehen will, ist Robert, der den gesamten Verstand der Familie zu besitzen scheint. Wenn Regis es sich doch nur nicht in den Kopf gesetzt hätte, sie wieder in den Rat der Comyn zu holen. Sollen sie doch oben in den Hellers ihre Intrigen oder was auch immer spinnen. Mir tut schon das Gesicht weh vom vielen Lächeln.«
»Armer Mik! Soll ich dich vor ihren Aufmerksamkeiten beschützen?«
»Das ist nicht notwendig. Valenta wird das schon erledigen - das kleine Biest. Sie genießt es geradezu, Gisela zu vertreiben. Ich glaube, sie weiß genau, dass Gisela keine Kinder mag, und das reizt Valenta. Sie wird einmal zu einer sehr interessanten Frau heranwachsen.«
»Falls sie nicht irgendwer vorher erwürgt«, antwortete Liriel todernst. »Ich war auf der Reise mehrmals selbst in Versuchung.« Trotz seiner schlechten Laune und des unerklärlichen Unbehagens musste Mikhail lachen. »Ja, sie kann einen wirklich rasend machen, aber es ist fantastisch, wie sie aufgeblüht ist, seit sie dieses fürchterliche Haus verlassen hat. Ich wünschte nur, Emun wäre auch so unverwüstlich.« Obwohl das gute Essen und ungestörte Ruhe schon viel zur Wiederherstellung des Jungen beigetragen hatten, wirkte er immer noch sehr zerbrechlich. Mikhail schob seine beständige Sorge um Emun beiseite und versuchte, an angenehmere Dinge zu denken. Er würde auf einem Tanz mit Marguerida bestehen
- und darauf konnte er sich wirklich freuen.
»Du magst die Kinder wirklich sehr, oder?«
Liriels Frage riss ihn aus seinen Gedanken. »Ja, auch wenn ich das zunächst nie gedacht hätte.«
»Du wirst bestimmt einmal ein guter Vater.«
»Falls ich je Gelegenheit dazu bekomme - was im Moment nicht sehr wahrscheinlich ist.

Weitere Kostenlose Bücher