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Die Schattenplage

Die Schattenplage

Titel: Die Schattenplage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Mull
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streift ständig Erde ab und ersetzt sie durch neue. Wie du gesehen hast, kann er sich sogar ein Gliedmaß neu wachsen lassen. Die Seuche müsste tief in ihn eindringen, um ihn zu beeinträchtigen.«
    Während Opa sprach, wischte Hugo die dunkel verfärbte Erde weg. Darunter war sein Körper unversehrt.
    Kendra stand oben auf dem Karren und betrachtete die Szene. Der Teich sah genauso aus, wie sie ihn in Erinnerung hatte, umringt von einem weiß getünchten Bohlenweg, der zwölf kunstvolle Pavillons miteinander verband. Die Hecke war auf dieser Seite sorgfältig gestutzt, und der Rasen der Wiese schien frisch gemäht zu sein.
    Aber da endete das Vertraute auch schon. Die parkähnliche Lichtung um den Teich war noch nie so bevölkert gewesen. Feen flatterten überall umher, Hunderte von ihnen, in allen Schattierungen und Varianten. Exotische Vögel hockten in den Bäumen über dem Teich, darunter einige goldene Eulen mit menschlichen Gesichtern. Satyre hielten sich in den Pavillons auf oder stapften mit klappernden Hufen über den Bohlenweg, während sie fröhlichen Mädchen hinterherjagten, die nicht älter aussahen als Schülerinnen der Abschlussklasse der Highschool. Auf einer Seite des Teichs befand sich ein ordentliches Lager von kleinen, untersetzten Männern und Frauen in Kleidern aus selbstgesponnener Wolle. Auf der anderen waren mehrere hochgewachsene, anmutige Frauen in ein Gespräch vertieft, und sie trugen wallende Roben, die Kendra an Blätterwerk erinnerten. In einer der gegenüberliegenden Ecken des geschützten Bereichs, direkt an der Hecke, sah Kendra zwei Zentauren, die sie anstarrten.
    »Seth, Stan, Kendra!«, brüllte eine herzliche Stimme. »Freut mich, dass ihr vorbeischaut!«
    Kendra drehte sich um und sah Doren auf den Wagen zuspringen, gefolgt von einem Satyr, den sie nicht kannte und dessen wollige, weiße Beine mit braunen Flecken gesprenkelt waren.
    »Doren!«, rief Seth und sprang aus dem Wagen. »Ich bin so froh, dass du Newel entwischt bist!«
    »Wir haben uns eine lange Verfolgungsjagd geliefert«, prahlte Doren strahlend. »Enge Kurven haben mich gerettet. Er ist jetzt größer, dafür aber nicht mehr ganz so flink auf den Füßen. Allerdings war er ziemlich zäh. Wenn ich nicht daran gedacht hätte, hierherzukommen, hätte er mich am Ende gekriegt.«
    Kendra stieg aus dem Karren.
    Der Satyr mit den weißen Beinen stieß Doren in die Rippen.
    »Das ist Verl«, stellte Doren ihn vor.
    Verl ergriff Kendras Hand und küsste sie. »Ich bin entzückt«, erklärte er affektiert und mit einem lächerlichen Grinsen auf dem Gesicht. Er hatte Stummelhörner und ein kindliches Gesicht.
    Doren boxte Verl gegen die Schulter. »Sie ist tabu, du Torfkopf! Das ist die Enkeltochter des Verwalters.«
    » Ich könnte dein Verwalter sein«, beharrte Verl und hielt Kendras Hand fest.
    »Warum gehst du nicht schwimmen, Verl?«, schlug Doren vor und schob ihn einige Schritte weg, bevor er zurückkam.
    Kendra ignorierte Verl, als er ihr noch einmal zuzwinkerte und winkte.
    »Achte nicht auf Verl«, riet Doren ihr. »Er ist ein wenig berauscht von all den Nymphen hier. Normalerweise würde er nicht mal bis auf Rufweite an sie rankommen. Der Bursche holt sich eine Abfuhr nach der anderen.«
    »Ich kann nicht glauben, wie viele Geschöpfe hier sind«, sagte Seth.
    Kendra folgte seinem Blick zu einer Gruppe zottiger, rehbrauner, affenähnlicher Geschöpfe, die akrobatisch auf dem Dach eines Pavillons herumturnten. Jede dieser Kreaturen schien mehrere zusätzliche Arme und Beine zu haben.
    »Es sind uns nicht mehr viele sichere Orte geblieben«, erwiderte Doren. »Sogar ein paar Nipsis haben hier Zuflucht gefunden – die wenigen, die nicht dunkel geworden sind, nicht einmal ein halbes Königreich. Sie errichten ein Dorf unter einem der Pavillons. Sie arbeiten schnell.«
    »Wer sind diese hochgewachsenen Frauen dort drüben?«, fragte Kendra.
    »Diese prachtvollen Damen sind die Dryaden. Waldnymphen. Zugänglicher als die Wassernymphen, aber nicht annähernd so lebhaft wie die Hamadryaden, die es lieben zu flirten.«
    »Was sind Hamadryaden?«, erkundigte sich Seth.
    »Dryaden sind im Großen und Ganzen Wesen des Waldes. Die Hamadryaden sind die temperamentvollen Mädchen, die sich dort drüben zwischen den Pavillons mit den Satyren unterhalten.«
    »Kannst du mich einem Zentaur vorstellen?«, fragte Seth.
    »Das probierst du lieber selbst, vielleicht hast du dann mehr Glück«, erwiderte Doren säuerlich.

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