Die Schattenplage
sein?«
»Zweifelhaft. Aber nicht unmöglich.«
»Ich weiß nicht«, sagte Kendra. »Ich mache mir Sorgen, dass Vanessa uns so weit gebracht haben könnte, uns vor Schatten zu erschrecken. Wenn der Sphinx ein Freund wäre und Sie mitkommen würden, wäre ich fraglos dabei, ohne zu zögern.«
»Ich sehe es so«, flüsterte Warren: »Wenn der Sphinx ein Freund ist, sicher, dann werde ich mit Freuden helfen. Wenn er aber unser Feind ist, macht es das nur umso wichtiger, dass ich in dieses Reservat gelange. Ich finde die Tatsache, dass sie hinter einem weiteren Artefakt her sind, ziemlich verdächtig, vor allem da sie erpicht darauf zu sein scheinen, es aufzuladen. Ich bin immer noch nicht davon überzeugt, dass der Hauptmann nicht der Sphinx ist. Dougan ist ein guter Kerl, aber er würde lügen, um ein Geheimnis von dieser Wichtigkeit zu schützen. Selbst wenn der Hauptmann nicht der Sphinx ist, könnte er genauso gut eine Marionette sein. Zumindest tauscht der Sphinx regelmäßig Geheimnisse mit den Rittern aus.«
»Der Sphinx könnte auf unserer Seite stehen«, rief Kendra ihm ins Gedächtnis.
»Das könnte er«, meinte Warren. »Aber wenn er auf unserer Seite wäre, kann ich mir nicht vorstellen, dass der Sphinx wollen würde, dass irgendjemand – er selbst eingeschlossen – den Standort so vieler Artefakte kennt. Ganz abgesehen von Vanessas Vorwürfen ist es höchst verdächtig, innerhalb so kurzer Zeit nach mehreren Artefakten zu suchen. Schließlich hat man sie aus gutem Grund einzeln versteckt.« Er beugte sich näher heran, und seine Lippen berührten beinahe ihr Ohr, als er in dem leisesten Flüstern weitersprach, das Kendra sich vorstellen konnte. »Ich muss in das Reservat gelangen, nicht um ihnen dabei zu helfen, das Artefakt zu holen, sondern um es selbst zu tun. Es wird gewiss das Ende meiner Verbindung mit den Rittern der Morgendämmerung bedeuten, aber keine einzelne Person sollte das Versteck so vieler Artefakte kennen, vor allem wenn die Möglichkeit besteht, dass er unser Feind sein könnte.«
»Also sollten wir hinfahren«, schlussfolgerte Kendra.
»Das macht die Dinge für dich sehr kompliziert«, fuhr Warren wispernd fort. »Zur Verlorenen Mesa zu reisen und ihnen zu helfen, das Artefakt zu finden, ist schon riskant genug, ganz zu schweigen von dem Versuch, es ihnen unter der Nase wegzustehlen! Du kannst dich unwissend stellen. Ich werde dich nicht mit hineinziehen. Ich werde es so aussehen lassen, als würde ich meine Rolle als dein Beschützer zu meinen eigenen Zwecken missbrauchen. Es besteht eine geringe Chance, dass Dougan versuchen könnte, dich für das Ganze verantwortlich zu machen, und ich kann nicht hundert Prozent für deine Sicherheit garantieren. Aber ich werde dafür sorgen, dass Tanu, Coulter und Stan wissen, wo du bist, damit sie sicherstellen können, dass du am Ende heil wieder nach Hause kommst.«
Kendra schloss die Augen und presste sich eine Hand auf die Stirn. Bei dem Gedanken daran, diese Sache tatsächlich durchzuziehen, krampfte sich ihr der Magen zusammen. Aber wenn die Gesellschaft tatsächlich vorhatte, Zzyzx zu öffnen, wäre das das Ende der Welt, wie Kendra sie kannte. Das zu verhindern war es eigentlich wert, ein so beachtliches Risiko einzugehen, oder?
»Okay«, erwiderte Kendra. »Wenn du mitkommen kannst, lass es uns tun.«
»Ich hasse es, dich in diese Lage zu bringen«, flüsterte Warren. »Stan würde mir den Hals umdrehen. Aber obwohl mir das Risiko verhasst ist, und obwohl wir uns irren könnten, denke ich, dass wir es versuchen müssen.«
Kendra nickte.
Dann saßen sie schweigend da und lauschten auf das Knacken und Zischen der Holzscheite im Kamin. Obwohl die Wartezeit sich viel länger hinzog, als Kendra gedacht hatte, verspürte sie keine Langeweile. In Gedanken beleuchtete sie die Situation immer wieder aufs Neue und versuchte vorauszusehen, wie die Dinge sich entwickeln würden. Es war unmöglich, etwas vorherzusagen, aber Kendra hielt energisch an ihrem Entschluss fest, gemeinsam mit Warren zur Verlorenen Mesa zu reisen und dort in Erfahrung zu bringen, so viel sie nur konnten. Und vielleicht auch, was sie dort stehlen konnten.
Fast eine Stunde später kehrte Dougan zurück und nahm seine Maske ab, als er durch die Tür trat. »Tut mir leid, dass ihr so lange warten musstet«, sagte er. »Der Hauptmann wird im Moment von vielen Leuten belagert. Er erwähnte, dass es mir unbekannte Umstände bezüglich der Schwierigkeiten in Fabelheim
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