Die Schattenplage
getragen«, antwortete Warren. »Javier hatte einen Zaubertrank, der sein Gewicht verringerte.«
»Und wie sind sie überhaupt wieder rausgekommen?«, wollte Kendra weiter wissen. »Ich dachte, diese Gewölbe wären dazu geschaffen, jeden festzuhalten, es sei denn, er hat den Schatz erobert.«
Warren nickte und beobachtete Dougan, wie er sich auf ihre Seite vorarbeitete. »So hatte ich das auch verstanden. Tammy und Javier hatten das Gefühl, dass der Drache den sicheren Tod bedeuten würde, also haben sie es riskiert, umzukehren, und das Glücksspiel hat sich ausgezahlt.«
Obwohl seine Bewegungen nicht gerade anmutig waren, überwand Dougan die Schlucht ohne jedes Problem, dann warf Warren das mit der Taschenlampe beschwerte Seil Gavin zu, der es mit einer Hand auffing und es um Neil schlang.
»Bist du sicher, dass Neil nicht zu schwer für dich ist?«, rief Dougan.
Gavin hob sich Neil auf eine Schulter. Ohne zu antworten, trat er auf die erste Säule und sprang dann zur zweiten. Außer Neil hatte Gavin auch noch Kendras Stab dabei, der bei jedem Sprung klapperte, und Kendras Magen schnürte sich bei jedem der Sprünge zusammen. Als Gavin schließlich auf einem kleinen, abgerundeten Tritt kurz ins Taumeln geriet, bevor er sein Gleichgewicht wiederfand, hätte sie beinahe laut aufgeschrien. Als er dann zu der Stelle gelangte, wo Kendra ihre letzte Pause eingelegt hatte, zögerte Gavin und studierte die fünf aufeinanderfolgenden Sprünge eingehend, bevor er sich an das letzte Stück wagte. Er schob sich Neil noch einmal ein wenig zurecht, sprang entschlossen von Säule zu Säule und landete schließlich auf den Knien vor ihnen.
»Gut gemacht!«, rief Dougan begeistert und schlug Gavin auf den Rücken. »Ich glaube, ich sollte nie wieder die Stärke der Jugend unterschätzen.«
»Es w-w-w-war schwerer, als ich erwartet hatte«, keuchte Gavin. »Aber wir haben es geschafft.«
Warren half Neil von Gavins Schulter herunter, dann wickelte er das Seil zusammen und führte die kleine Gruppe weiter den Gang entlang, der immer weiter in die Tiefe führte, wenn auch nicht mehr so steil wie zuvor. Gavin richtete den Strahl seiner Taschenlampe öfter auf funkelnde Flächen von Kalkspat an den feuchten Höhlenwänden und einmal auf farbige, wellenförmige Gesteinsadern, die den Fels wie Schinken aussehen ließen. Kendra konnte praktisch mit jedem Atemzug, den sie nahm, Stein schmecken. Die Luft war unangenehm kühl. Sie wünschte, ihre Kleider würden endlich trocknen. Für kurze Zeit wurde der Gang schließlich so schmal, dass sie sich nur noch seitwärts voranschieben konnten, bis er sich wieder etwas verbreiterte und in eine geräumige Höhle mündete.
Warren blieb stehen und bedeutete den anderen, seinem Beispiel zu folgen.
»Würgschoten?«, fragte Dougan.
»In unglaublicher Menge«, bestätigte Warren. »Seid vorsichtig. Verlasst noch nicht den Tunnel.«
Die anderen schoben sich so weit vorwärts, bis sie alle einen Blick in die Höhle werfen konnten: Tausende von zwiebel- bis birnenförmigen Gebilden schwebten in der Luft. Sie waren in verschiedenen Tönen von Zimt, Braun und Schwarz gefleckt und fast kugelrund, lediglich die Oberseite war etwas zusammengedrückt, und schienen aus Fasern zu bestehen, die Maishülsen verblüffend ähnelten. Die kleinsten waren etwa baseball-, die größten medizinballgroß. Alle waren in Bewegung und trieben träge dahin, jede in eine andere Richtung, bis sich zwei zu nahe kamen und sanft voneinander abstießen.
»Was ist das?«, fragte Kendra.
»Wenn du sie berührst, platzen sie und geben ein hochgiftiges Gas frei«, erklärte Dougan. »Du musst es nicht mal einatmen, es kann auch durch bloßen Kontakt mit deiner Haut in deinen Körper eindringen. Man stirbt fast sofort daran. Das Toxin verflüssigt eure Leiche zunächst, dann werden die Überreste gasförmig und von anderen Würgschoten absorbiert.«
»Wenn einer von uns auch nur eine kleine Würgschote berührt, werden alle in der Höhle umkommen, und man kann sie stundenlang nicht mehr betreten«, ergänzte Warren.
Kendra versuchte, sich vorzustellen, wie sie sich durch den Raum schlängelte. Die Würgschoten bewegten sich von knapp über dem Boden bis fast direkt unter die Decke, aber ohne den Fels jemals zu berühren. Zwischen ihnen war Platz, aber nicht viel, und die stetige Bewegung ließ ständig Lücken entstehen, die zwar groß genug für einen Menschen waren, sich jedoch auch beängstigend schnell wieder
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