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Die Schattenplage

Die Schattenplage

Titel: Die Schattenplage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Mull
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machen oder zu unterdrücken. Ohne bewusste Anstrengung, ohne Werkzeuge oder Zauber steht dieses Reservat bis auf einige wenige auserwählte Orte meinen Sinnen offen. Mir graut vor der nutzlosen Monotonie all dessen, was dort draußen ist, und ich ziehe vor, es zu ignorieren, mich nach innen zu wenden, und trotzdem kann ich nicht umhin, vieles von dem wahrzunehmen, was sich ereignet. Nichts hat mich fasziniert … bis du kamst.« Graulas öffnete die trüben Augen.
    »Du meinst mich ?«
    »Dein Mut in dem Hain hat mich überrascht. Überraschung ist ein Gefühl, das ich beinahe vergessen hatte. Ich habe genug gesehen, um immer zu wissen, was ich zu erwarten habe. Ich schätze die Chancen für verschiedene Entwicklungen ab, und meine Voraussagen treffen immer ein. Die Wirkung des Zaubertranks hat aufgehört, noch bevor deine Auseinandersetzung mit dem Wiedergänger bestanden war. Ich habe gesehen, wie die künstliche Tapferkeit von dir abfiel. Dein Dahinscheiden war gewiss. Doch trotz meiner Gewissheit hast du den Nagel entfernt. Wärest du ein Erwachsener gewesen, ein erfahrener Held von legendärem Ruf, gut ausgebildet und bewaffnet mit Zaubern und Talismanen, wäre ich zutiefst beeindruckt gewesen. Aber dass ein einfacher Junge eine solche Leistung vollbringt? Ich war wahrhaft überrascht.«
    Seth war nicht sicher, was er sagen sollte. Er beobachtete den Dämon und wartete ab.
    Graulas beugte sich vor. »Du fragst dich, warum ich dich hierher geholt habe?«
    »Um herauszufinden, wie ich schmecke?«
    Der Dämon betrachtete ihn mürrisch. »Ich habe dich hierher geholt, um dir für meine erste Überraschung seit Jahrhunderten zu danken.«
    »Gern geschehen.«
    Der Dämon schüttelte kaum merklich den Kopf. Oder hatten sich nur seine Augen bewegt? »Ich beabsichtige, dir zu danken, indem ich dir gebe, was du gegenwärtig brauchst: Wissen. Es wird dich wahrscheinlich nicht retten, aber wer kann das sagen? Vielleicht wirst du mich abermals erstaunen. Ausgehend von deinen Taten in dem Hain wäre es vielleicht ein Zeichen von mangelnder Urteilskraft, zu denken, du seiest zu irgendetwas nicht in der Lage. Setz dich.«
    Seth hockte sich auf das verfallene, umgekippte Bücherregal.
    »Der Wiedergänger war nichts ohne den Nagel«, knurrte Graulas. »Ein schwächliches Wesen, gestärkt durch einen Talisman von ungeheurer, dunkler Macht. Deine Freunde hätten sich ernsthafter bemühen sollen, ihn sich zu holen.«
    »Tanu hat stundenlang nach ihm gesucht«, wandte Seth ein. »Irgendwann ist er zu dem Schluss gekommen, dass er wohl zerstört worden ist, als ich ihn herausgezogen habe.«
    »Ein Talisman von solcher Kraft lässt sich nicht leicht zerstören. Als dein Freund anfing zu suchen, war es bereits zu spät.«
    »Was ist mit dem Talisman passiert?«
    »Bedenke zuerst, was mit dir passiert ist. Warum, denkst du, kannst nur du die Schatten deiner Freunde erkennen?«
    »Hat der Nagel das mit mir gemacht?«
    Graulas lehnte sich zurück und schloss die Augen. Ein gequälter Ausdruck huschte über seine abstoßenden Züge, als habe er mit einem plötzlich aufwallenden Schmerz zu kämpfen. Nach einigen Sekunden sprach er weiter, die Augen immer noch fest zusammengepresst. »Der Talisman hat sein Zeichen auf dir hinterlassen. Sei froh, dass du den Nagel nicht mit deinem Fleisch berührt hast, sonst hätte er von dir Besitz ergriffen. Stattdessen wurdest du in die Lage versetzt, gewisse dunkle Eigenschaften zu sehen, die für die meisten Augen unsichtbar sind. Und du hast eine Immunität gegen magische Angst erlangt.«
    »Wirklich?«
    »Meine Gegenwart weckt in Menschen lähmenden Schrecken, ähnlich der Aura, die den Wiedergänger umgeben hat. Es ist Teil meiner Natur, Entsetzen zu verbreiten. Schau dir deinen Großvater an, wenn du irgendwelche Zweifel hegst.«
    Seth stand auf, schüttelte die Arme aus und bog die Finger durch. »Ich habe wirklich keine Angst. Ich meine, ich mache mir Sorgen, dass du mich überlisten könntest und dass du vielleicht mich und Opa tötest, aber ich fühle mich nicht gelähmt wie bei dem Wiedergänger.«
    »Die Sehkraft, mit der du ausgestattet wurdest, hilft dir vielleicht, die Quelle der Magie ausfindig zu machen, die die Geschöpfe Fabelheims verändert«, sagte Graulas. »Deine verdunkelten Freunde bleiben verlässlich. Obwohl sie solch zerbrechliche Geschöpfe sind, verfügen Menschen manchmal über überraschende Stärken. Eine davon ist ihre Selbstbeherrschung. Die gleiche Magie, die die

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