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Die Schattenseherin: Roman (German Edition)

Die Schattenseherin: Roman (German Edition)

Titel: Die Schattenseherin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Hunter
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und sie tat es. Das Bild von Adrian in ihrem Schlafzimmer tauchte vor ihrem inneren Auge auf, wie er sich hastig die Hose hochzog, während Zoes Freundin Sue versuchte, sich irgendwie mit der Bettdecke vor ihr zu verstecken. Das Bild hatte etwas Komisches an sich, aber Zoe spürte keinen Schmerz. Das heftige Brennen, dieser brutale Stich in ihr Herz, wann immer sie sich daran erinnert hatte, war verschwunden. Ausgelöscht, als hätte es ihn nie gegeben.
    Dumas zog seine Hand zurück, und plötzlich war der Schmerz wieder da. Durch die Zeit nicht schwächer geworden, sondern immer noch frisch, heiß und verzehrend. Er war so intensiv, dass Zoe ihn fast körperlich spürte. Sie wimmerte.
    »Ich hätte Sie warnen sollen, Verzeihung«, holte Dumas’ Stimme sie in die Gegenwart zurück. »Aber das sollte als Beweis genügen, denken Sie nicht?«
    Zoe rieb sich über die Augenlider und nickte. »Ja. Einverstanden. Ich tue es.«
    »Eine sehr gute Entscheidung!«, strahlte Dumas und stand auf. »Ich danke Ihnen dafür – halten Sie sich bereit. Ich werde Sie kontaktieren, sobald ich Sie brauche.«
    Im nächsten Moment war er verschwunden. Zoe blinzelte, aber er blieb verschwunden. Alles, was vom kurzen Besuch des Engels Dumas zeugte, war eine vollkommen überrumpelte Fotografin und ein langsam abkühlender Becher Milchkaffee.

Drittes Kapitel
    Verschlungene Pfade
    Cale rannte, auch wenn er kein Ziel mehr sah. Der Engel, oder was auch immer Cale gesehen zu haben glaubte, war längst verschwunden. Die Flucht aus dem Hotelzimmer hatte ihn Zeit gekostet, aber Cale war übernächtigt und er spürte die Nacht ohne Sex nur zu deutlich. Seine Kraft schwand, und selbst Caes verhielt sich still. Die Übernahme von Cales Körper und seinen Sinnen kostete den Dämon immer viel Kraft, und er war ohnehin geschwächt. Dennoch lief Cale weiter, in der Hoffnung, irgendwo eine Spur oder etwas anderes zu erkennen. Sein Weg führte ihn weiter weg vom Hotel. Instinktiv mied Cale die großen Straßen und das Stadtzentrum. Ein Engel war für Menschen nicht zu sehen, wenn er es nicht wollte, aber in Edinburgh gab es genug Dämonen. Ein Engel wusste das und würde sicherlich kein Risiko eingehen.
    Cale schnaufte missmutig. Jetzt begann er schon zu denken wie ein Engel.
    › Wechsle jetzt bloß nicht die Seiten‹ , murmelte Caes dumpf in seinem Hinterkopf. Die reibeisenartige Stimme des Dämons war schwächer als sonst, und Cale spürte sogar einen Hauch Besorgnis darin.
    ›Was wäre so schlimm daran?‹, dachte Cale und blieb stehen, um sich, den Kopf gen Himmel gereckt, umzusehen.
    Caes antwortete nicht, sondern knurrte nur.
    Cale spürte die Schwäche, die sich wie Eis von seinen Knien aus ausbreitete und langsam seinen Körper erfasste. Es war nur ein Bote, eine Warnung, was mit ihm passieren würde, wenn er nicht bald eine Frau fand. Cale hatte das einmal in seinem Leben durchgemacht – er hatte Caes damals strafen wollen, für ... Seine Gedanken glitten an dieser Erinnerung vorbei, als wäre sie giftig oder könnte beim kleinsten Anstoß in lodernde Flammen aufgehen. Der Grund für Caes’ Strafe – und am Ende war Cale derjenige, der die Strafe erhalten hatte. Und er hatte jeden Moment davon verdient.
    Ein Inkubus ohne weibliche Lust, ohne das Stöhnen einer Frau oder ihre heiße, vom Schweiß feuchte Haut unter seinen Händen, war zum Leiden verdammt. Er starb nicht, zumindest am Anfang nicht, aber das Fehlen dieser Kraft fraß sich durch jede einzelne Zelle des Körpers und brachte Wahnsinn und Schmerz mit sich. Allein der Gedanke daran ließ Cale leise zittern – er hatte sich gefühlt wie ein Junkie auf kaltem Entzug. Eingerollt in der Ecke eines schmutzigen Stalls, umgeben von Tieren und dem Gestank von Unrat und Kot, hatte er versucht, den Schmerz loszuwerden, ihn einfach nur auszuhalten, bis er wegging. Doch er war nicht weggegangen. Er war nur schlimmer geworden.
    › He, hör auf, in süßen Erinnerungen zu schwelgen‹ , holte Caes ihn in die Wirklichkeit zurück. Cale sah auf und bemerkte, dass er sich in einer Gasse befand. Mittlerweile war die Sonne aufgegangen, aber die Schatten der hohen alten Gebäude hüllten den engen Zwischengang in dumpfes Zwielicht.
    Jetzt, wo Cale aufmerksam wurde, hörte er das Geräusch – ein dumpfes Schlagen, das Klatschen von Fleisch auf Fleisch. Eine Schlägerei. Nun sah er sie auch: zwei Männer, die sich über ihr Opfer beugten und zuschlugen. Es sollte ihn eigentlich nicht kümmern –

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