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Die Schattenseherin: Roman (German Edition)

Die Schattenseherin: Roman (German Edition)

Titel: Die Schattenseherin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Hunter
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Polizei galt unter Polizisten als die härteste. »Lass ihn gehen, Adrian, und mach endlich Feierabend. Du brauchst Kaffee und Schlaf.«
    »Zoe, hör mal ...«, seufzte Adrian, aber Zoe hatte genug. Sie ging zum Tisch und half dem zusammengekauerten Mann, sich aufzurichten.
    »Zoe, weg von ihm, er kann gefährlich sein!«
    Die Fotografin ignorierte Adrian und lächelte den Mann aufmunternd an. Als die fettigen Haarsträhnen zur Seite rutschten, war sie überrascht, ein zerschundenes, aber nicht unattraktives Gesicht darunter zu entdecken. Das Gefühl, ihn zu kennen, nagte an ihr, aber sie konnte nicht einordnen, wo sie ihn schon einmal gesehen hatte. »Sie können jetzt gehen, ich bringe Sie hier weg«, sagte sie sanft und zog an seinem Arm. Nur mühsam richtete sich der Mann auf und atmete schnaufend ein, als er endlich stand. Zoe nickte zufrieden. »Gut so. Und jetzt ...«
    Bevor sie den Satz zu Ende führen konnte, hatte der Fremde sie plötzlich gegen die Wand gedrängt und hielt sie mit seinen Händen fest dagegen gedrückt. Seine Augen hatten etwas Wildes, aber er schien sie gar nicht richtig zu sehen. Adrian rannte zu ihnen und umklammerte den Hals des Mannes mit seinem Arm, aber der sah nur Zoe an. Sein Blick wanderte zu ihren Brüsten, die sich unter dem Pullover abzeichneten, und Zoe spürte, wie sie absurderweise rot wurde.
    »Lass sie los, du Penner!«, brüllte Adrian, und der Mann sah aus, als würde er aus einem Traum erwachen. Er nahm Zoe das erste Mal wirklich wahr, und ein solcher Ausdruck von Leid war plötzlich in seinem Gesicht zu sehen, dass es Zoe fast das Herz brach. »Es tut mir leid«, flüsterte er und schüttelte dann Adrian ab, als wäre es nichts. Mit einem Satz war er aus dem Raum und an ihnen vorbei hinausgestürmt, ohne sich noch ein einziges Mal umzusehen.

Viertes Kapitel
    Blutrotes Band
    Cale rang pfeifend nach Atem, aber wie es aussah, wurde er nicht verfolgt. Selbst wenn – es hätte nicht mehr viel ausgemacht. Cales Körper schien nur noch aus Schmerzen zu bestehen, bei jedem Schritt gruben sie sich wie Eisklauen in jeden seiner Muskeln, und er musste den Drang zu schreien unterdrücken. Selbst Caes war still – normalerweise hätte er sich lauthals über den Verlust der hübschen Frau auf der Wache beschwert, wie es seine Art war. Aber der anhaltende Entzug von weiblicher Lust machte sich auch bei ihm bemerkbar und ließ beide stumm leiden.
    Es war gerade Mittag, und in diesem Zustand – nach Gosse stinkend und mit verkrustetem Blut im Gesicht – war es nahezu unmöglich, eine Frau dazu zu bewegen, mit ihm schnell in einem Hotelzimmer zu verschwinden. Cale schleppte sich durch die Straßen Edinburghs und achtete kaum auf seine Schritte. Er kannte diese Stadt noch aus ihren stinkenden Tagen, als die Schotten eingezwängt in hohen Häusern am Fuße des Royal Hill oder in den Katakomben der Brücken gehaust hatten und man den Ruf »Gardi Lu!« beachten musste, weil kurz darauf ein Schwall nächtlicher Hinterlassenschaften aus den Nachttöpfen auf den unvorsichtigen Spaziergänger herabregnete. Cale wusste, wo er langmusste; seine Füße waren sein Gedächtnis, sie fanden ihren Weg alleine.
    Die Wunden in seinem Gesicht waren noch nicht ganz verheilt. Caes’ Heilkräfte ließen nach, wenn ihm die nötige Energie fehlte. Cale achtete sonst immer darauf, dass es nicht so weit kam, aber an diesem Tag schien nichts so zu sein wie sonst. Er sah auf, als er in die nächste Straße einbog. Nur wenige Häuser und er hatte die Agentur erreicht. Cale besaß, wie die anderen Showhunde Lexas auch, das Privileg, in der Agentur wohnen zu können. Das sogar kostenlos, wie Lexa immer gerne betonte. Die Räume befanden sich direkt über den Geschäftsräumen im ersten Stock und waren so nüchtern, wie die Zimmer darunter extravagant waren.
    Cale bewahrte dort nicht viel auf, aber es gab ein kleines Kästchen, das eine Phiole beinhaltete, die für solche Notfälle gedacht war. Das Extrakt darin war schwierig herzustellen und die Zutaten so widerlich wie der Geschmack, aber Cale sehnte sich in diesem Augenblick so sehr danach, dass er sich selbst leise aufstöhnen hörte. Eine Frau, die gerade einen Kinderwagen an ihm vorbeischob, lief augenblicklich schneller.
    Cale beachtete sie nicht, sondern wankte weiter auf die Agentur zu, als Caes sich plötzlich regte. › Warte‹ , flüsterte er, und Cale hielt wirklich ein.
    ›Was ist?‹
    › Etwas stimmt nicht‹ , knurrte der Dämon tief in Cales

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