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Die Schattenseherin: Roman (German Edition)

Die Schattenseherin: Roman (German Edition)

Titel: Die Schattenseherin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Hunter
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endgültig fort, und von den anderen Mitgliedern der Agentur fehlte jede Spur.
    Cale sah auf seine Hände, an denen noch die letzten Risse und Schnitte verheilten. Caes hatte in seiner blinden Wut und Trauer um sich geschlagen und den Raum noch weiter verwüstet. Cale hatte es ihm gestattet – der Dämon hatte niemals Genaueres über seine Verbindung zu Lexa gesagt, aber Cale spürte gut genug, wie tief sie gewesen sein musste.
    Jetzt schwieg der Dämon wieder und war regelrecht versunken in dumpfes Schweigen. Cale sprach ihn nicht an und blieb mit seinen Gedanken für sich. Eine solche Trauer musste abklingen.
    Kein Engel, hatte Lexa gesagt. Cale fuhr sich über das Gesicht. Das passte nicht zusammen. Ezekiel war von einem Engel getötet worden, und Cale hatte sogar einen am Tatort gesehen. Er hielt inne – er glaubte nur, dort einen Engel gesehen zu haben. Dennoch blieb Ezekiels Aussage. Beschworene Dämonen konnten nicht lügen, auch wenn es ihnen erlaubt war, die Wahrheit zu verdrehen, wie es ihnen gerade gefiel. Lexa war aber diejenige gewesen, die ihn auf den Mord und einen möglichen Engelangriff aufmerksam gemacht hatte.
    Cale sah weiter auf seine verheilenden Hände. Zwei Morde unter Dämonen in so kurzer Zeit waren mehr als nur verdächtig. Edinburgh galt unter ihnen als angenehmer Fleck zum Leben – niemand hatte hier etwas zu befürchten. Dass nun zwei Dämonen tot waren … der Zusammenhang zwischen beiden bestand in der Agentur Flesh and Skin, aber Cale konnte sonst nichts weiter finden, was als Verbindung zwischen ihnen hätte dienen können.
    Es stand nur fest, dass der Mörder kein Mensch sein konnte. Kein Sterblicher hätte die Schutzzauber der Agentur einfach so umgehen und wissen können, wie man Dämonen tötete. Ganz abgesehen davon, dass sich eine ehemalige Göttin wie Lexa nicht einfach so besiegen ließ. Sie war stark, gewitzt und schnell gewesen. Ihr Gegner musste sie entweder mit einem Trick überrascht haben oder ihr körperlich überlegen gewesen sein.
    Er fuhr sich durch die Haare und verzog angesichts des klebrigen Gefühls das Gesicht. Nach dieser Nacht brauchte er einige Stunden Schlaf, aber was das Wichtigste war, erst einmal eine heiße Dusche.
    Das obere Stockwerk war unangetastet geblieben, während die Räume im Untergeschoss samt und sonders verwüstet worden waren. So, als hätte hier ein Kampf stattgefunden, oder als ob jemand etwas gesucht hatte. Vielleicht hatte der Killer auch einfach seinen Frust am Mobiliar ausgelassen. Aber weswegen?
    Cale verschob diesen Gedanken für eine Viertelstunde, um unter die Dusche zu gehen. Gedankenverloren blieb er lange Zeit unter dem heißen, prasselnden Wasser stehen und ließ die letzte Nacht einfach von seiner Haut spülen. Lexas Tod beschäftigte ihn noch immer, und ein kalter Schauer rann ihm trotz des heißen Wassers über den nackten Körper – was war mit Neil? Cale kannte ihn und Desmond schon seit Ewigkeiten und er wusste, dass der Vampirdämon sich schon immer aus den brenzligsten Situationen hatte befreien können. Neil war anders – er kämpfte, wenn eine Gefahr auf ihn zukam, und beschützte seine Freunde. Der Gedanke beruhigte Cale wieder etwas. Wäre er hier gewesen, hätte er alles getan, um Lexa vor ihrem Angreifer zu schützen. Vielleicht hatte er das Chaos gesehen und Lexa darin nicht gefunden? Cale an seiner Stelle hätte sich ebenfalls aus dem Staub gemacht.
    Wahrscheinlich steckte Neil irgendwo und wartete ab, bis der Wirbel um die getöteten Dämonen sich gelegt hatte. Was nur vernünftig war. So, wie Neil immer handelte – besonnen und vernünftig. Cale verspürte in diesem Moment eine Welle aus Zuneigung in sich aufsteigen. Er wünschte sich, dass Neil bei ihm wäre, damit er ihm, wie sonst auch, einen Rat geben konnte.
    Plötzlich drangen die lauten Alarmsirenen eines vorbeifahrenden Polizeiautos durch das halb offene Fenster. Die Sirenen klangen immer wie aus einem schlechten amerikanischen Gangsterfilm. Cale erstarrte und lauschte, aber der Wagen blieb nicht stehen, sondern fuhr weiter. Er entspannte sich ein klein wenig. Hastig drehte er das Wasser ab und trocknete sich eilig vor der Dusche ab. Es war ungünstig, wenn man ihn hier finden würde.
    Die meisten Dämonen in Edinburgh verdingten sich als Prostituierte oder Escort-Mitarbeiter. Es war am einfachsten, sich so zu ernähren. Nicht alle Dämonen waren Inkubi oder Sukkubi, aber allen war gemein, dass sie sich von starken menschlichen Emotionen

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