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Die Schattenseherin: Roman (German Edition)

Die Schattenseherin: Roman (German Edition)

Titel: Die Schattenseherin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Hunter
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dieser schien alles andere als erfreut darüber zu sein, dass er nun wie in einem Lichtspot stand und Adrian jedes Detail seines Gesichts ausmachen konnte. Seine Miene verzog sich, und unter der Schönheit konnte Adrian das wahre Gesicht seines Angreifers sehen. Und er war eindeutig verdammt wütend. Adrian folgte seinem ersten Impuls und hob abermals die Waffe, aber er würde nie wieder dazu kommen, sie abzufeuern.

Dreizehntes Kapitel
    Wenn es endet
    Jeder einzelne Schritt war eine Qual, und der Geruch von Blut benebelte seine Sinne. Cale verzog das Gesicht und ließ sich endlich auf den Badewannenrand in Desmonds Badezimmer sinken. Die Emaille fühlte sich kühl an, und er musste aufpassen, nicht das Gleichgewicht zu verlieren und einfach in die Wanne zu fallen. Obwohl es wohl keinen großen Unterschied mehr machen würde. Ob er sich hier den Hals brach und liegen blieb, bis er begann zu verrotten, oder ob er einfach auf die Straße wankte und darauf wartete, dass die Polizisten ihn aufgriffen und auf ewig ins Kittchen warfen – es war egal. Viel gab es für ihn nicht mehr zu verlieren. Ach was, er hatte gar nichts mehr zu verlieren.
    Zoe hatte erkannt, was er war. Lexas Agentur-Leute waren in alle Winde verstreut, und selbst wenn Neil es schaffte, die Überreste zusammenzuklauben, würde er nicht mehr arbeiten können, da er nun offiziell von der Polizei gesucht würde, so viel war sicher. Ganz abgesehen davon, dass dieser verdammte Engel noch dort draußen herumflog und Dämonen tötete. Oder nicht tötete.
    Cale wollte nicht mehr darüber nachdenken. Er war so verflucht müde, alles, was er wollte, war, sich irgendwo zusammenzurollen und nichts mehr sehen zu müssen.
    ›Bist du endlich fertig mit deinem Selbstmitleid?‹ , knurrte Caes, und seine Stimme klang angeekelt.
    Cale zwang sich aufzustehen und zog so vorsichtig wie möglich sein Hemd aus. Sein Bauch war mit verkrustetem Blut verklebt, und er nahm sich einfach ein Handtuch, machte es nass und versuchte, sich so gut es ging zu säubern. Jeder Strich fühlte sich dabei auf seinem Körper an wie Drahtborsten auf offen liegenden Nerven. Er atmete harsch ein.
    › Was willst du noch?‹, fragte er müde und sah in den Badezimmerspiegel. Fast könnte er glauben, Caes’ Gesichtszüge unter seinen eigenen zu sehen.
    ›Ich will, dass du aufhörst, dich in deinem Elend zu suhlen.‹ Diesmal war da kein abfälliger Spott, kein Witz auf Cales Kosten. Diesmal war dort nur Caes’ Ernst.
    › Weißt du überhaupt, was das ist? Elend?‹, fragte Cale und wandte den Blick vom Spiegel ab. Er wrang das Handtuch im Waschbecken aus, und es verfärbte sich rot. Er spülte das Blut so gut es ging fort und wusch sich weiter, bis er halbwegs vom Blut befreit war. Ein Blick auf seinen Bauch zeigte ihm, dass die Wunden sich bereits halb geschlossen hatten. Bis zum Abend sollte alles vollständig geheilt sein.
    ›Ich weiß, was Mitleid ist.‹
    Cale hielt inne. ›Nein, das weißt du nicht‹, sagte er leise. ›Sonst hättest du mir Eloise nicht genommen.‹
    ›Ich bin ein Dämon. Mitleid gehört nicht zu meinen bevorzugten Gefühlen, und es kostet mich Mühe, mich darauf zu konzentrieren.‹ Caes schwieg eine Weile. › Du bist mein Wirt, Cale. Und ich bin der Grund, warum du noch immer lebst. Wir beide wissen, dass wir weitermachen wollen. Auch, weil wir uns ähnlicher sind, als wir es uns eingestehen wollen. Und genau aus dem Grund kann ich nicht mit ansehen, wie du dich einfach auf dem Silbertablett bereitlegst, um den Gnadenschuss zu erwarten. Du wirst weitermachen.‹
    Cale setzte sich auf den Toilettendeckel und warf das nasse, blutbeschmutzte Handtuch in die Badewanne. Die Bewegung reizte seine Bauchwunden, aber er ignorierte es weitestgehend. Caes hatte noch nie zuvor so mit ihm gesprochen, nicht in den hundert Jahren, die er nun schon mit dem Dämon verbracht hatte. › Ich kann nicht‹, erwiderte Cale, diesmal ohne jeden Trotz. Er fühlte sich kraftlos, mehr noch, weil er wusste, dass es nichts gab, wofür er kämpfen und weitermachen sollte.
    ›Du willst nicht!‹ , donnerte Caes’ Stimme. › Du verkriechst dich feige. Ich weiß besser als jeder andere, dass es schwer für dich ist. Aber schwer heißt nicht unmöglich. Deine kleine Freundin hat vielleicht gesehen, was du getan hast, aber sie ist nicht vollständig für dich verloren.‹
    › Woher willst du das wissen?‹
    Diesmal klang sogar fast etwas von Caes’ altem Spott in seiner Stimme mit. › Ich

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