Die Schattensurfer (German Edition)
tickenden Sekunden seines ceeBands. Kalawesi lächelte ihm dabei zu. Nein, es war nicht Kalawesi, nur ein Video von ihm. Wusste Kalawesi, dass er in höchster Gefahr schwebte? Wo war Albert? Luan schrie. Luan schlug seine Fäuste in den Schaum. Aber der Schaum schluckte alles. Seine Schreie und seine Fausthiebe blieben in der Kapsel eingesperrt. Die Uhrzeit klickte weiter. 02:32 zeigten die kühlen blauen Ziffern. Luan wollte die Uhr anhalten, aber wie?
Da fühlte Luan ein Vibrieren. Das Fahrzeug schwankte. Luan meinte, ein leises Rumpeln zu vernehmen, obwohl er wusste, dass der virtuelle Schaum kein Geräusch durchließ. Da wurde Luan angehoben, zur Seite gedreht und plötzlich war er wieder oben und Kalawesi lächelte ihn von unten an. Endlich. Der Betonmischer drehte sich wieder. Luans Blick blieb an der Uhrzeit kleben. Er wagte keinen Moment sie aus den Augen zu lassen. 02:40 glühten die Ziffern in das Halbdunkel der Kapsel. 02:41.
Die Fahrt wollte nicht enden. Luan wusste längst, dass der Betonmischer in einer Minute genau 17 Umdrehungen machte. Er zählte mit. Und ohne einen Blick auf sein ceeBand zu werfen war im klar, dass es mittlerweile 02:53 sein musste.
Mit einem Ruck hörte der Betonmischer wieder auf zu rühren. Der Lastwagen sackte ab. Er hatte angehalten. Luan zitterte. Die Uhr lief weiter. Und endlich wurde Luans Kapsel ganz langsam, Stück für Stück aus dem zähen Beton gezogen.
Wie Rockmusik klang das Quietschen, als der Deckel aufgeschraubt wurde. Luan roch die warme Luft. Die altersschwachen Scheinwerfer des Lastwagens warfen zwei müde Lichtflecke in die Dunkelheit. Luan blickte in Alberts aufgerissene Augen. Schweiß rann Albert über die Stirn und hektische rote Flecken überwucherten seine Wangen. Wie dunkelblaue Schnüre traten seine Adern auf dem Hals hervor. Seine Haare waren von der Glatze gerutscht und hingen auf einer Seite herab.
„War verdammt knapp“, murmelte Albert. „Wir sind in eine riesige Kontrolle gerasselt. Die Sipos hätten uns beinahe erwischt.“
„Aber jetzt sind wir in Sicherheit?“, fragte Luan unsicher und stemmte sich aus der Kapsel.
Albert nickte und scheitelte die Haare mit einem dünnen Metallkamm zurück über den Kopf.
Der Lastwagen hockte in einem düsteren Hinterhof, umringt von heruntergekommenen Hochhäusern.
Albert breitete die Arme aus. „Das ist dein neues Zuhause.“
Luan wollte es nicht glauben. Er sollte in einer Ruine leben? Machte Albert einen schlechten Witz?
Ein Robopet bellte. Luan hasste diese Viecher. Wenn sie schlecht programmiert waren, benahmen sie sich beinahe so verrückt wie echte Hunde und die waren zum Glück in Zoos verbannt. RUHL erlaubte nur noch freundliche Robopets. Ob das auch in der Schattenstadt galt?
„Luan, komm! Du wirst erwartet. Kalawesi hat dich angekündigt“, sagte Albert und zog Luan sanft hinüber zu einem fast fensterlosen Hochhaus. Das Bellen wurde lauter.
„Der Aufzug ist hinter dem Haus“, erklärte Albert.
Das Robopet bellte in einem tiefen Bass. Da sah Luan, wie sich ein zotteliges schwarzes Vieh, groß wie ein Kalb, aus der Dunkelheit löste. Es sprang auf ihn zu. So etwas wäre in Mallinport niemals zugelassen worden.
In diesem Moment kippte der Mond zwischen aufgerissenen Wolken sein puddinggelbes Licht herunter. Die weißen Zähne des Robopets blitzen auf. Luan drängte sich dicht an Albert.
Der schwarze Köter war höchstens noch einen Satz von Luan entfernt. Schwer wie ein Kartoffelsack sprang das Monster Luan an. Luan stolperte rückwärts. Er spürte die riesigen Pfoten auf seinen Schultern. Panisch spannte Luan alle Muskeln an. Warum half ihm Albert nicht?
Da drückte ihm das Robopet seine Zunge wie einen nassen Waschlappen ins Gesicht, schlabberte ihn ab. Wieder und wieder. Schlürfte und sabberte. Riesige dunkle Augen strahlten Luan begeistert an.
„Nacho“, hörte Luan eine Stimme. „Nacho, komm sofort her!“
Ein Junge tauchte hinter dem Hochhaus auf. Er hob eine Hand und winkte Albert zu, als hätte es keine Eile, Luan von dem durchgeknallten Robopet zu befreien. Die dunklen Locken des Jungen standen in alle Richtungen ab. Beim Friseur war er bestimmt schon lange nicht mehr gewesen. Der Junge war in etwa so groß wie Luan, aber breiter. Er machte den Eindruck, als könnte ihn nichts so schnell aus der Bahn werfen.
„Hallo, Pablo“, sagte Albert und zwinkerte: „Nacho hat wohl einen neuen Freund gefunden. Darf ich vorstellen: Das ist Luan. Kalawesi
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