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Die Schattenträumerin

Die Schattenträumerin

Titel: Die Schattenträumerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janine Wilk
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habe ich gehört!«, schnaubte er und funkelte Antonio wütend an. Dass dieser fast zwei Köpfe größer war, schien ihn nicht im Mindesten zu beeindrucken. Er fuchtelte mit seinem pummeligen Zeigefinger vor Antonios Gesicht herum. »Meine Berechnungen stimmen, Signore Oberschlau. Das da drin ist keine tragende Wand! Nur weil du in unserer Familie für die Buchhaltung und das Geschäftliche zuständig bist, musst du nicht immer recht haben. Ich bin nicht so blöd, wie ich aussehe!«, beendete er seine Rede atemlos.
    Antonio seufzte gequält auf. »Gut, wenn du meinst, dann werde ich die Pläne noch einmal studieren.«
    Emilio nickte zufrieden und wandte sich Francesca zu, die sich während der Unterhaltung der beiden ein breites Grinsen nicht verkneifen konnte.
    »Moment, mit dir stimmt etwas nicht!« Er warf ihr einen strengen Blick zu, der Francesca ganz mulmig zumute werden ließ. Dann malte er mit seinem staubigen Finger einen Strich auf ihre Nase und zwinkerte ihr zu. »So, jetzt siehst du wenigstens aus wie der Rest der Familie!«
    Antonio schnüffelte in die Luft. »Riecht es hier irgendwie angebrannt?«, fragte er stirnrunzelnd.
    Ach herrje, das hatte Francesca ganz vergessen!
    »Stella wollte mir eine heiße Schokolade machen. Ich sollte schnell zu ihr in die Küche gehen!«
    Antonio hob vielsagend eine Augenbraue. »Hoffentlich magst du deine Milch sehr, sehr heiß.«
    »Soll Francesca die Milch vielleicht von der Herdplatte schlürfen?«, erwiderte Emilio in ironischem Tonfall. »Stellawird wohl kaum noch etwas im Topf gelassen haben, das nicht angebrannt ist.«
    »Lästerst du etwa über die Kochkünste meiner Ehefrau?«, fragte Antonio gereizt.
    »Das machst du doch auch bei jeder Gelegenheit!«
    »Ich darf das, immerhin bin ich mit ihr verheiratet. Ich lästere schließlich auch nicht über Violas Figur.«
    »Willst du damit etwa sagen, meine Frau sei mollig?«
    »Nein, mollig war nicht das Wort, an das ich gedacht hatte.«
    Francesca entfernte sich kopfschüttelnd und ließ die beiden Streithähne alleine. In der Küche wischte Tante Stella gerade fluchend den Herd sauber, während Gianna den Topf einweichte.
    »Dabei habe ich mich nur eine Minute umgedreht und schwups war es passiert!« Stella warf dem Herd einen vorwurfsvollen Blick zu.
    Sie war neben Francesca die Einzige in der Familie, die Fiorellas ehemals tizianrotes Haar geerbt hatte. Allerdings trug sie es im Gegensatz zu Francesca raspelkurz. Sie meinte, das sei praktischer und sie habe keine Zeit, stundenlang an einer kunstvollen Frisur herumzufummeln. Da sie schlank und zierlich war, stand ihr der außergewöhnliche Haarschnitt jedoch ausgesprochen gut.
    »Dann setzen wir eben schnell neue Milch auf«, beschwichtigte Gianna sie.
    »Macht euch keine Mühe«, meldete sich Francesca zu Wort. »Ich trinke einfach ein Glas Orangensaft und esse ein paar Kekse. Das reicht mir vollkommen.«
    »Francesca, du bist ein Schatz! Anscheinend gibt es außer dir niemanden in der Familie, der leicht zufriedenzustellen ist.« Stella gab ihr einen Kuss auf die Stirn. »Aber erzähle das nur nicht Viola, sonst denkt sie noch, dass ich dich verhungern lasse.«
    Die drei setzten sich zusammen an den langen Holztisch, der einen Großteil des Raumes einnahm. Die Küche mochte Francesca von allen Zimmern des Palazzos am liebsten. Über der Küchenzeile hingen Pfannen und getrocknete Kräuter, in dem Kamin, der früher auch als Kochstelle gedient hatte, glomm ein wärmendes Feuer und die Wände waren mit goldglänzenden Madonnen- und Jesusbildern geschmückt.
    »Ich war kurz im Ballsaal«, erzählte Francesca, während sie an einem Zaletti, dem typisch venezianischen Keks mit Rosinen knabberte. »Emilio und Antonio führen gerade wieder eines ihrer Streitgespräche.«
    Stella winkte ab. »Keine Sorge, in fünf Minuten liegen sich die beiden wieder in den Armen.« Sie nippte kurz an ihrem Milchkaffee. »Du hast mir noch gar keine Neuigkeiten von deiner Mutter erzählt. Wie geht es Isabella? Ich habe meine Schwester schon so lange nicht mehr gesehen, dass ich sie wahrscheinlich gar nicht mehr wiedererkennen werde.«
    Betreten starrte Francesca auf die Tischplatte. »Sie kommt sicherlich bald mal wieder nach Venedig«, tröstete sie ihre Tante und setzte ein schiefes Grinsen auf. »Bis dahin kann ich dir ein paar aktuelle Bilder von ihr auf meinem Handy zeigen.«
    »Das ist ja wenigstens etwas!«, gab Stella mit einem übertrieben glücklichen Seufzen zurück. »Dann

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