Die Schatzhöhle
sprach nicht mit seinem Weib. Er hielt keinen Schwatz mit einem befreundeten Krieger, ja, er verzichtete sogar auf einen frischen Trunk Ziegenmilch. Er eilte durch die steinernen Straßen und erklomm die Stufen, die hinauf zum Königshaus führten.
Aradman kam sofort aus einem seiner Gemächer in die Audienzhalle. Sie unterließen die Begrüßung. Maradsche nahm sich nicht einmal die Zeit, sich zu setzen. Er wartete auch nicht die Aufforderung des Königs ab, seinen Bericht zu beginnen.
»Es stimmt, Aradman«, stieß er hastig hervor. »Alles was der Kirua erzählt hat, stimmt! Und nicht nur das. Sie können auch zaubern!«
Er erzählte die Geschichte mit dem Bogen und dem Köcher. Er schilderte den Knoten, den niemand hier zu binden vermochte.
»Und als sie am Morgen aufbrachen, hob ein Mann von sehr heller Hautfarbe, der eigenartig aufgeputzt war und eine Kappe mit breiten Rändern auf dem Haupte trug, ein Holzstück in die Luft, auf dem ein hohler Bambusstab befestigt war, und jagte Blitz und Donner in den Himmel, worauf drei wilde Hühner tot vom Himmel fielen. Es war schrecklich!«
Aradman blickte den verstörten Krieger an. Er beherrschte seine Stimme gewaltsam, als er fragte: »Bist du auch ganz sicher, daß du dich nicht getäuscht hast?« »Ich verpfände mein Leben für die Wahrheit meiner Worte!«
Schweigen. Dann sagte nach einer Weile der König : »Wenn diese Menschen Donner und Blitz machen können, sind sie mächtiger als wir. Glaubst du, daß sie mächtiger sind?«
»Ja. Es wird ein hohes Maß an Tapferkeit dazu gehören, gegen sie anzukämpfen. Unsere Krieger müssen äußersten Mut aufbringen.«
»Deine Worte klingen, als zweifeltest du trotz allem Mut an unserem Sieg!«
Maradsche blickte zur Erde. Doch dann sah er den König offen an.
»Ja. Ich zweifle daran. Und du würdest genauso denken wie ich, wenn du sie gesehen hättest.« »Ich glaube es. Du kannst in dein Haus gehen, um dich auszuruhen; aber sprich noch nicht über deine Erlebnisse.« »Nein.«
»Marschieren sie auf die Stadt zu?« »Ja. Sie sind in der großen Schneise. Morgen werden sie an die Hecke kommen.«
»Du hast mir noch nicht erzählt, ob sie wirklich auf Zebras sitzen.« Maradscha bejahte eifrig. »Ja. Nur sind sie nicht gestreift, sondern haben ein glattes, braunes Fell. Außerdem gehorchen sie aufs Wort und scheinen, trotzdem sie größer sind, nicht angriff slustig zu sein.«
Der König erhob sich und schlug seinem Läufer auf die Schulter. Dann ging er, und auch Maradsche verließ den Palast.
50
Wieder war ein Tag vergangen. Und wieder machten die Bantu Rast.
Während des Tages hatten sie noch einige Male die schneebedeckte Spitze des Kilimandscharo zu Gesicht bekommen. Nun senkte sich die Dunkelheit wieder über das Land.
»Warum können wir hier nicht bleiben und uns eine neue Wohnstätte bauen?« fragte Baluba den Pfeifer. »Die Wiesen sind saftig, der Bach ist klar. Es ist ein lieblicher Platz, zu dem du uns geführt hast.«
»Es gibt andere Menschen hier, deren Erlaubnis ihr haben müßt, wenn ihr hier wohnen wollt. Solange ihr die nicht habt, seid ihr vor Feinden nicht sicher«, übersetzte Ugawambi und machte sich schon einen Plan, wie er die Sklavenhändler auch bis zum »Berg der bösen Geister« führen könnte. »Abu Sef wird uns hier nicht finden«, ließ Baluba sagen. Michel nickte mit ernstem Gesicht und sagte zu Ugawambi :
»Erzähle ihm, daß ich mit den Einwohnern dieses Gebietes einen festen Vertrag abschließen werde, damit sie alle gegen die Sklavenjäger zusammenstehen. Wenn hier Tausende ein festes Reich gründen, so können Abu Sef und seine Genossen nicht viel ausrichten.«
Ugawambi übersetzte eifrig, grinste aber bei den letzten Worten unverschämt.
»Und dann«, fuhr Michel fort, »sage ihm auch, daß ich dich und die Träger allen Einwohnern dieses Gebietes zeigen werde, damit sie euch sofort erkennen und töten, wenn ihr wiederkommen solltet.« »U — u — u«, ächzte der Lange und rollte entsetzt die Augen. »Übersetze«, fuhr ihn Michel an. Stockend kam das Gesagte auf Kisuaheli von seinen Lippen.
Baluba lachte zufrieden vor sich hin. Er gönnte dem hochnäsigen Kerl diese Lektion von ganzem Herzen.
Michel und der Häuptling trennten sich und begaben sich zur Ruhe. Als der neue Tag anbrach, ging es weiter.
Gegen Mittag gab es an der Spitze auf einmal Geschrei. Die vordersten hatten einen
Heerschwarm nackter, aber bewaffneter Gestalten entdeckt. Schreiend gaben sie
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