Die Scheune (German Edition)
alte Briefe seiner Großeltern, Verwaltungsunterlagen der Farm und zwei kleinere Bücher. Das waren sie! Zwei verstaubte und vergilbte Tagebücher sollten alles ans Tageslicht bringen, mehr als Dane verarbeiten konnte. Er nahm die Bücher an sich und kletterte die Treppe wieder hinunter. Er schloss die Klappe zum Dachboden und versteckte die Tagebücher in seinem Kleiderschrank. Dann reinigte er seine Hände und ging unter die Dusche. Er war alleine. Er duschte stundenlang.
*
Sarah fühlte sich schon vom ersten Tag an bei Mrs. Heddon gut aufgehoben. Sie hieß Heather mit Vornamen und mochte es, wie sanft Sarah ihren Namen aussprach. Sie war gerne mit ihr in der Stadt unterwegs und genoss heute das klare wenn auch kalte Wetter mit ihr.
Mrs. Heddon hätte sich nie träumen lassen, einmal eine Frau an ihrer Seite zu finden, mit der sie sich so gut verstehen würde, wie mit Sarah. So war sie stets daran interessiert, wie es ihr und Dane auf der Farm erging.
Heute wirkte Sarah bedrückt. Es war ihr klar, dass jedes Paar auch schwere Zeiten durchlebte. Nach 50 Ehejahren mit Raimund konnte sie ein Lied davon singen.
Sarah liebte es, mit Heather zusammen zu sein. Sie ersetzte ihr die Mutter, die sie nie gehabt hat. Ihre leibliche Mutter hatte zwar immer für ihr leibliches Wohl gesorgt, aber ihre Seele dabei vergessen. Die hatte Sarah dann ihrem Vater geschenkt, der sie so liebte, wie sie war. Das wiederum verursachte eine große Eifersucht ihrer Mutter. Um so befreiter fühlte sich Sarah, als sie mit Dane nach Kansas ziehen konnte, über tausend Meilen von Denver entfernt.
Hier hatte sie endlich Ruhe vor den ständigen Angriffen ihrer Mutter. Dafür hatte sie jetzt allerdings ein großes, neues Problem. Man konnte eben nicht alles im Leben haben, und Sarah nahm sich fest vor, dieses Problem zu beseitigen. Sie wollte nie wieder zurück nach Denver.
„Wie geht es euch?“, fragte Mrs. Heddon und unterbrach Sarah in ihrer geistigen Abwesenheit. Sie saßen im Winnies und ließen hier ihren gemeinsamen Tag bei einem leckeren Mittagessen ausklingen.
Sarah stocherte appetitlos in ihrem Teller herum und überlegte, ob sie Heather in ihre Probleme einweihen sollte. Es war nicht gut für Dane, wenn andere Menschen von seinem Problem erfuhren. Sarah musste ihm zugute halten, dass er auch nicht mit ihren Problemen bei anderen hausieren ging. Wenn sie richtig darüber nachdachte, hatte Dane auch keine wirklichen Freunde hier. Hier war nur Mr. Heddon, dem er hin und wieder auf seiner Farm half, wenn die Arbeit zu schwer für den alten Mann geworden war. Dane hatte ein glückliches Händchen für die Fürsorge der Heddons, fand Sarah. Er hatte ein gutes Herz. Und genau das war es, was sie veranlasste, Heather einzuweihen. Sie kannten sein gutes Herz und konnten sicherlich den einen oder anderen Tipp an Sarah weitergeben.
Sarah sah Mrs. Heddon an und sagte: „Dane geht es nicht gut.“
Mrs. Heddon hatte noch nie darüber nachgedacht, dass es Dane schlecht gehen könnte. Er war mit so viel Energie hier wieder angekommen, dass sie eher vermutet hätte, es wäre ihm in Kalifornien schlecht ergangen. Umsomehr erschrak sie über Sarahs Worte.
„Ist er krank?“, fragte sie besorgt.
„Das kann ich noch nicht sagen.“ Wie sollte sie es ihr mitteilen? Sie sagte: „Erzähl mir von früher. Was weißt du alles von den Geltons.“
Heather sah wie ein überraschtes Kind in die Luft, rollte mit ihren Augen und gestikulierte mit den Händen herum. „Oh, mein Gott! Wo soll ich nur anfangen? Raimund und ich hatten nie viel Kontakt zu den Geltons. Niemand mochte Will, Danes Vater. Er war so abweisend und unsympathisch. Es hatte auch niemand hier verstanden, wie er so eine nette Frau finden konnte. Er war ein Kotzbrocken, entschuldige, aber das war er. Er sprach nicht, er blaffte einen an. Wir haben das Wort erfunden. Gelton hat wieder geblafft, sagten wir immer.“ Mrs. Heddon musste kichern und fuhr fort: „Samantha bekam drei Kinder von ihm.“ Sie hielt sich den Handrücken vor den Mund und flüsterte zu Sarah: „Es darf keiner wissen, aber sie hatte keinen normalen Geschlechtsverkehr mit ihm. Er konnte nur … du weißt schon … wenn er sie mit Gewalt nahm.“
Davon hatte Dane nie etwas erzählt! Oder hatte er es als Kind nicht mitbekommen?
Mrs. Heddon fuhr fort: „Er hat sie oft in der Scheune vergewaltigt, weißt Du. Damit seine Kinder nichts mitbekamen.“
Wieder diese verdammte Scheune!
Mrs. Heddon fuhr
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