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Die Schicksalsgabe

Die Schicksalsgabe

Titel: Die Schicksalsgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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Ching
, über Geschichten, Biographien, Gedichtbände, Mythen und Fabeln?
    Wie gern hätte er mit ihr über Chinas einzigartige Philosophien und Ansichten diskutiert! Was würde Ulrika von dem Großen Weisen halten, einem Philosophen, der vor fünfhundert Jahren gelebt hatte und dessen Namen auszusprechen ein Tabu war? Wie Sebastianus inzwischen herausgefunden hatte, hieß er bei den Chinesen K’ung-fu-tzu, was »Meister Kong« bedeutete und was Sebastianus und Timonides zu Konfuzius abwandelten, um zu vermeiden, gegen das Gesetz tabuisierter Namen zu verstoßen. Der Große Weise hatte vor langer Zeit gelebt und einen Verhaltenskodex eingeführt, der neben Prinzipien des Wohlverhaltens, praktischem Wissen und gesellschaftlichem Umgang Wert auf Moral, Ethik, Gerechtigkeit und Mitgefühl legte.
    Es gab auch einen Glauben, den die Einheimischen Taoismus nannten und als dessen Begründer ein gewisser Lao-tzu galt, der vor etwa vierhundert Jahren gelebt hatte.
Tao
wurde als die dem menschlichen Verstand nicht zugängliche Kosmische Intelligenz angesehen, die den natürlichen Lauf der Dinge steuerte. Bei der Ausübung stützte man sich auf schwarze Magie, Alchemie, Lebenselixiere und viele hundert Götter. Taoisten verehrten die Geister der Ahnen und »die Unsterblichen« genannte Wesen und waren bekannt für ihr unermüdliches Streben nach Unsterblichkeit, was sich dadurch zeigte, dass sie Wunderkräuter und Mineralien suchten, denen man zuschrieb, sie wären dem ewigen Leben auf Erden förderlich.
    So viel Wundersames gab es in diesem exotischen Land! Sebastianus hätte Ulrika liebend gern in den privaten Zoo des Kaisers geführt, wo sie die Pandas mit ihren schwarzen Augenringen hätte bewundern können, weiße Tiger und Orang-Utans, die wie alte Männer aussahen. Er wünschte sich, sie könnte sich sattsehen an all den schönen Dingen, die auf dem Markt feilgeboten wurden: an den großen Statuen aus rosa Jade, die Kwan-Yin, die Göttin des Erbarmens, darstellten; an den Stapeln von Seiden- und Satinballen in so bunten Farben, dass man schier geblendet wurde; an den mit köstlichem Reiswein gefüllten dickbauchigen Amphoren; an bis zum Rand mit aromatischen Gewürzen gefüllten Gefäßen; an Mandelkonfekt, das man Marzipan nannte und das in Form von Tieren und Blumen feilgeboten wurde; an den zu Bündeln zusammengefassten Stängeln einer für medizinische Zwecke verwendeten seltenen und dementsprechend kostspieligen Pflanze, die man Rhabarber nannte und nur am Ufer des Jangtsekiang fand.
    Er konnte es kaum erwarten, Ulrika mit den chinesischen Bräuchen und Traditionen bekanntzumachen: mit dem Glauben an Drachen und der Hochachtung, die man ihnen entgegenbrachte; dass sowohl Männer wie Frauen lange Haare trugen, weil sie glaubten, dass es, da man sein Haar von seinen Eltern vererbt bekommen hatte, ungehörig sei, es abzuschneiden; dass man kleine Jungen in Mädchenkleider steckte, um boshafte Diebesgeister zu narren und sie zu der Annahme zu verleiten, es handle sich nur um ein kleines Mädchen, das zu stehlen sich nicht lohne; dass man getrocknete Pfingstrosen unters Bett legte, um böse Geister fernzuhalten.
    Er würde Ulrika erklären, dass die Ehre der Familie zu wahren, das Gesicht nicht zu verlieren und den Ahnen Respekt zu erweisen mehr galt als das Leben und dass man lieber in den Tod ging, als gegen diese Tugenden zu verstoßen. Dass die Chinesen außerdem auf Harmonie, ein langes Leben und Glück bedacht waren und dass sie diese Ziele mit viel Weihrauch verfolgten, mit Amuletten, Glücksbringern, Glückszahlen und einer fast fanatischen Hingabe, sich durch irreführende Wandschirme, Wasserfälle und Besenstiele böse Geister vom Hals zu halten.
    Ulrika tauchte immer wieder in Sebastianus’ Gedanken auf. Was immer er an Neuem entdeckte und bewunderte, weckte in ihm den Wunsch, diese Freude mit ihr zu teilen. Seine Liebe für sie war in der langen Zeit der Trennung nur stärker geworden. Er dachte an die Blumen der Gesellschaft, die ihn und seine Gefährten abends, nach einem Tag beim Kaiser oder zusammen mit Astrologen und Philosophen und anderen klugen Männern, begrüßten. Schöne junge Frauen waren das, schlank und grazil, liliengleich, zurückhaltend und fügsam, zart duftend, mit leiser Stimme. Sie spendeten Freuden, auch wenn Sebastianus derlei Freuden als schal empfand. Für ihn gab es nur eine Frau, nach deren Umarmung er sich sehnte.
    Er hatte erreicht, was er sich vorgenommen hatte, war bis nach

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