Die Schiller-Strategie: Die 33 Erfolgsgeheimnisse des Klassikers (German Edition)
sinnlos, ohne die Tätigkeit des Schreibens. Aber nein, sinnlos sind sie doch nicht – Streicher schafft ihm mit seiner Musik die Umgebung, die er braucht, um sein Stück weiterzuentwickeln. Immer und immer weiter spielt Streicher, wenn Schiller ihn darum bittet – er, der treueste aller seiner Freunde, sein Gefährte in den wohl schwersten Stunden …
Schiller hatte einen großen Vorzug in seinem Leben – eine positive Eigenschaft, einen sympathischen Charakterzug, der ihm sein ganzes Leben lang nützlich war: Immer wieder verstand er es, mit seiner Persönlichkeit und seinem Schaffen andere zu begeistern (siehe voriges Kapitel) und Freundschaften fürs Leben anzubahnen. Er hat auf seinem Lebensweg immer wieder Menschen – Freunde – gefunden, die bereit waren, alles für ihn zu tun. Auch wenn sie dadurch eigene Wünsche hintanstellen mussten, wie dies bei Schillers Fluchtgefährten Streicher der Fall war. Dieser hat sogar bewusst seine eigene Karriere aufs Spiel gesetzt, nur um dem Freund zu helfen, ihn nicht im Stich zu lassen …
Was uns diese Episode zeigt? Dass der Wert der Freundschaft im Leben nicht hoch genug einzuschätzen ist. Und zwar nicht nur in guten Zeiten, sondern gerade dann, wenn es eben einmal nicht rund läuft, wenn man auf Unterstützung angewiesen ist. Das muss nicht immer gleich Geld sein wie bei dem chronisch klammen Schiller, oder auch gute berufliche Beziehungen, die man zugunsten eines Freundes spielen lässt (auch hiervon hat Schiller mehr als einmal profitiert). Nein, häufig reicht schon ein gutes Gespräch, ein „für den Freund da sein“, ein geduldiges Zuhören, ein kluger Rat, um eine schwierige Lebenssituation deutlich weniger desolat aussehen zu lassen und neue Zuversicht zu spenden.
Denn Freunde stützen einen in der Not. Sie helfen, ermutigen, beflügeln, und schon gar nicht lassen sie einen im Stich. Wenn man Glück hat, hält eine solche Freundschaft ein Leben lang – selbst dann, wenn sich die Lebenswege längst auseinanderentwickelt haben, wenn man räumlich voneinander getrennt ist, wenn man ganz unterschiedliche Berufe ergriffen hat. Der tiefen, wahren Freundschaft tut das keinen Abbruch. Es ist der Gedanke des Lebensbundes, der hier aufleuchtet, und wie ihn viele studentische Korporationen, viele Service-Clubs wie Rotary oder Lions heute noch pflegen: Einmal Freund, immer Freund …
Aber so wohltuend es ist, von anderen unterstützt zu werden: Freundschaft ist keine Einbahnstraße. Sie beruht auf Geben und Nehmen, auf einem empfindlich austarierten Gleichgewicht, selbst oder gerade bei gegensätzlichen Naturen. Wohl mag sich die Waage im Laufe der Zeit mal zur einen, mal zur anderen Seite neigen. Doch wer ständig nur fordert, die anderen ausnützt, verliert schnell auch den letzten wohlmeinenden Freund.
Und Schiller hat seine Freunde arg strapaziert. Er hat viel von ihnen genommen, und sie haben ihm viel gegeben. Doch ausgenutzt fühlten sie sich nicht. Im Gegenteil, sie spürten: Hier ist einer, der vom Schicksal arg mitgenommen ist. Der dringend Hilfe braucht. Der etwas Großes vollbringen will. Der die Fähigkeiten dazu hat, aber nicht die nötigen Geldmittel …
Auch in späteren Jahren hat Schiller immer wieder gute Freunde gefunden, die für ihn sorgten, ihn finanziell unterstützten. Manchmal sogar nur weit entfernte „Seelenfreunde“, die das Schicksal des darbenden Dichters rührte – und die doch lebhaften Anteil an seinem Leben nahmen. Und Schiller hat es ihnen vergolten. Nicht so sehr mit barer Münze; das ließ seine Börse nicht zu. Aber dafür mit viel Zeit, die er für seine Freunde investierte. Mit Briefen. Mit Gedanken und guten Wünschen. Mit philosophischen oder auch ganz profanen Gesprächen. Oder auch mit einer geselligen Runde bei einem guten Glas Wein, bei einer Tabakspfeife, beim Kartenspiel …
Schiller wusste, was er seinen Freunden schuldig war. Er hat seine Freundschaften gepflegt – nicht nur in der Not, sondern auch und gerade, als er ein arrivierter Professor und Schriftsteller geworden war. Gerade dann brauchte Schiller seine Freunde um sich, die Geselligkeit …
Und er gibt uns auch damit ein Beispiel: bei aller Hektik im Berufsleben, bei aller Fixierung auf die Karriere, bei allem Erfolg nicht die Freunde zu vergessen. Freunde, die uns auf unserem Lebens- und Karriereweg begleiten. Die sich mit uns über unsere Erfolge freuen können. Die uns mit klugem, freundschaftlichem Rat zur Seite stehen und uns vielleicht von
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