Die Schlacht der Nomen: Trucker, Wühler, Flügel
klaren Standpunkt«, sagte Masklin geduldig. »Es behauptet, wir kommen von woanders.«
Der Abt faltete das Bild zusammen. »Vielleicht kommen wir von woanders. Vielleicht auch nicht. Es spielt keine Rolle.«
»Da ist Angalo anderer Ansicht. Er glaubt, es spielt eine
große
Rolle.«
»Warum sollte es das? Es gibt mehr als nur eine Wahrheit.«
Gurder zuckte mit den Schultern. »Ich könnte sagen: Nomen sind nur Staub, Saft, Knochen und Haare – und das stimmt. Ich könnte hinzufügen: Die Köpfe von Nomen enthalten etwas, das über den Tod hinausgeht und auch dann noch existiert, wenn man gestorben ist. Es stimmt ebenfalls. Frag das
Ding.«
Bunte Lichter glänzten am schwarzen Kasten.
Masklin riß verblüfft und schockiert die Augen auf.
»Solche Fragen habe ich ihm nie gestellt.«
»Warum denn nicht? Es wäre die
erste
Frage, die
ich
an das
Ding
richten würde.«
»Ich höre bereits die Antwort. Sie lautet: ›Berechnung unmöglich‹. Oder: ›Ungenügende Parameter‹. Solche Worte wählt das
Ding
, wenn es nicht Bescheid weiß und das nicht zugeben will.
Ding?«
Der schwarze Kasten schwieg, und seine Lichter bildeten ein neues Muster.
»Ding?«
wiederholte Masklin.
»Ich analysiere Kommunikationssignale.«
»Das macht es oft, wenn es sich langweilt«, wandte sich Masklin an Gurder. »Dann liegt es einfach nur da und lauscht unsichtbaren Nachrichten in der Luft. He,
Ding
, paß gut auf.
Dies ist eine wichtige Angelegenheit. Wir möchten wissen …«
Lichter blinkten, und viele von ihnen wechselten die Farbe, schimmerten rot.
»Ding! Wir …«
Der Kasten räusperte sich, indem er summte und klickte.
»Im Cockpit ist ein Nom entdeckt worden.«
»Hör mal,
Ding, wir…
Was?«
»Ich wiederhole: Im Cockpit der Kabine des Piloten ist ein Nom entdeckt worden.«
Masklin erstarrte.
»Eine hohe Wahrscheinlichkeit spricht dafür«
, bestätigte das
Ding.
Kapitel 3
REISENDE MENSCHEN: Große, den Nomen ähnelnde Wesen. Viele Menschen verbringen eine Menge Zeit damit, von einem Ort zum anderen zu reisen, und das ist seltsam: Meistens befinden sich an ihrem Ziel schon zu viele Menschen.
Siehe auch TIERE, INTELLIGENZ, EVOLUTION und PUDDING.
Aus:
Eine wissenschaftliche Enzyklopädie für den
wißbegierigen jungen Nom
von Angalo Kurzwarenler
Masklins und Gurders Stimmen hallten durch den Kabeltunnel, als sie über elektrische Leitungen hinwegkletterten.
»Ich
dachte mit
schon, daß es zu lange dauert!«
»Du hättest nicht zulassen dürfen, daß er allein losgeht! Du weißt doch, wie gern er Dinge fährt und steuert!«
»Ich
hätte es nicht zulassen dürfen? Und was ist mit dir?«
»Er hat überhaupt kein Verantwortungsgefühl… Wohin jetzt?« Angalo hatte sich das Innere eines Flugzeugs als ein Durcheinander aus Drähten und Rohrleitungen vorgestellt. Das stimmte auch, zumindest in gewisser Weise. Die beiden Wichte kletterten nun durch eine schmale, von Kabeln erfüllte Welt unter dem Boden.
»Ich bin zu alt für so etwas! Für jeden Nom kommt einmal der Zeitpunkt, am dem er aufhören muß, in schrecklichen Flugmaschinen umherzukriechen!«
»Wie oft bist du in schrecklichen Flugmaschinen umhergekrochen?«
»Einmal zuviel!«
»Wir nähern uns dem Cockpit«
, sagte das
Ding.
»Das kommt davon, wenn wir uns den Menschen zeigen«, verkündete Gurder. »Es ist eine Strafe, jawohl.«
»Wer straft uns?« fragte Masklin und half dem Abt auf.
»Wie bitte?«
»Du hast eine Strafe erwähnt. Jemand muß sie beschlossen haben, nicht wahr?«
»Ich meinte eine Strafe im allgemeinen. So wie Schicksal.
Niemand
beschließt
das Schicksal, oder?« Masklin verharrte.
»Und nun,
Ding?«
»Die Nachricht berichtete den Frauen-die-Nahrung-verteilen von einem kleinen Geschöpf im Cockpit
«, erwiderte der schwarze Kasten.
»Wir sind nun genau darunter. Hier gibt es viele Computer.«
»Sie sprechen mit dir, stimmt's?«
»Ein wenig. Sie sind wie Kinder. Die meisten Zeit über hören sie nur zu«, erklärte das Ding selbstgefällig.
»Es mangelt ihnen an Intelligenz.«
»Was unternehmen wir jetzt?« fragte Gurder.
»Wir…« Masklin zögerte. Der unausgesprochene Satz enthielt an irgendeiner Stelle das Wort ›retten‹. Ein gutes, dramatisches Wort. Er sehnte sich danach, es auszusprechen.
Das Problem war nur: Dicht dahinter folgte ein anderes, und es bestand aus einer einzigen scheußlichen Silbe.
Es lautete
wie.
»Ich glaube nicht, daß die Menschen versuchen, ihm ein Leid zuzufügen«, sagte Masklin und
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