Die Schlacht der Trolle
enthielt er sich noch einer deutlichen Äußerung und lauschte erst den Worten seines Stammes. Dies war nicht ungewöhnlich, wenn ein Anführer schwerwiegende Entscheidungen zu treffen hatte, die den ganzen Stamm betrafen. Da der große Troll häufiger und länger an der Oberfläche gewesen war als jeder andere Troll mit Ausnahme Andas, hatte er möglicherweise weniger Sorgen wegen einer Reise unter dem Himmel, doch die anderen waren begierig darauf, wieder in den Eingeweiden der Erde umherzuziehen.
»Beide Wege sind gefährlich«, sagte Kerr schließlich und schluckte, als er Grenas erneuten Blick bemerkte. »Aber unter der Erde sind wir wenigstens in der Lage, uns jederzeit zu wehren. Wenn wir hier oben bei Tag gefunden werden, können wir nichts tun.«
Wieder ertönte zustimmendes Gemurmel. Auch Pard nickte bedächtig.
»Du hast recht. Das hier ist nicht unsere Welt. Es ist besser, wenn wir sie schnell verlassen.«
»Dann steigen wir runter?«, fragte Vrok, und in seiner Stimme klang Triumph mit.
»Ja«, antwortete Pard und wandte sich an Sten und Tarlin: »Nichts gegen euch, aber es ist besser so.«
»Es ist eure Entscheidung«, versicherte Sten, auch wenn er nicht sehr glücklich wirkte. »Ihr kennt die Welt unter unseren Füßen, wir nicht. Ihr werdet schon wissen, was richtig ist. Auch wenn ihr verdammt lange gebraucht habt, um das herauszufinden.«
Ächzend erhob sich der Mensch, während Tarlin leichtfüßig aufsprang. Nach einer kurzen Suche in seinem Beutel hob Sten eine kleine Lampe hoch, deren Docht er entzündete.
»Ich bin bereit!«
»Das glaub ich nicht«, flüsterte Vrok, was ihm einen finsteren Blick von Pard, ansonsten aber Lacher einbrachte.
Kerr verdrehte die Augen und schüttelte den Kopf, weil der Spott des Jägers über den Menschen ihn ärgerte. Sten hat uns geholfen und geht mit uns in die Tiefen. Wir sollten dankbar sein, anstatt darüber zu lachen. Doch die anderen Trolle rochen ebenso wie Kerr das Unbehagen des Menschen. Er zeigte keine Furcht, aber dennoch war ihm der Gedanke an die Heimat der Trolle offensichtlich nicht angenehm.
Während Kerr Vroks selbstgefällige Miene musterte, bemerkte er, dass ihn Grena noch immer nachdenklich ansah. Betreten hob er die Schultern und wandte sich ab. Hinter ihm gähnte dunkel der Einstieg in die Unterwelt, eine schmale, hohe Höhle, in der Kerr den Herzschlag der Welt vernehmen konnte, lauter als jemals in der letzten Zeit, seit sie die Oberfläche betreten hatten.
Pard wies Vrok und Sek an, als Erste in die Höhle zu gehen und ihnen den Weg zu suchen. Unterdessen trat Kerr schon einmal in die Dunkelheit hinein. Freudig legte er die Hand an die Felswand. Sie war kühl und rau. Kerrs Klauen kratzten über den Stein, seine Fingerspitzen vibrierten. Dann spürte er es deutlich, einen fernen Schlag, der durch seine Finger eindrang, seinen Arm entlangwanderte und in sein Herz brandete. Der junge Troll schloss die Augen und legte den Kopf in den Nacken, verlor sich ihm Gefühl der Verbundenheit, während sein Herz sich dem Rhythmus des Landes anpasste, bis er ein Teil davon war, ein winziges Stück der Welt. Erst als ihn dieses Gefühl überkam, merkte er, wie sehr er es vermisst hatte. Die Zeit verlor ihre Bedeutung. Um ihn herum bereiteten sich alle auf den Abstieg vor, doch Kerr kümmerte sich nicht darum. Alles, was zählte, war der Herzschlag des Landes in seinem Körper und in seinem Geist, der ein vertrautes Gefühl mit sich führte: Heimat.
Als zwei Trolle an ihm vorbei in die Dunkelheit marschierten, löste Kerr sich unwillig aus seiner Versunkenheit und blickte sich um. Die Höhle hatte ihm einen kleinen Teil ihrer Geheimnisse preisgegeben. Sie wand sich tatsächlich tiefer und würde wohl bald auf weitere Spalten und Tunnel treffen. Der junge Troll wollte Pard dies mitteilen, doch der stand noch etwas abseits. Nur Sten war näher an den Eingang herangetreten und beäugte ihn misstrauisch. Das kleine Licht des Menschen reichte nur wenige Schritt weit und ließ ihn in der Dunkelheit verloren aussehen. Vorsichtig kam Sten näher und trat in den Höhleneingang. Der Mensch roch nach Unruhe.
»Keine Sorge. Das erste Stück ist sicher«, sagte Kerr aufmunternd.
»In meinem Volk heißt es, dass Höhlen Unglück bringen«, erwiderte Sten gedankenverloren, während sein Blick über den dunklen Fels wanderte. »Viele trauen sich nicht einmal in ihre Nähe.«
»Warum?«
»Vielleicht euretwegen?«, vermutete Sten und grinste den jungen
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