Die schlafenden Hüter - Das Marsprojekt ; 5
Dunkelheit und fragte sich, was es mit den Lichtern und Elinns ungutem Gefühl auf sich haben mochte.
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Ein Teddy unter Glas
Das Gebäude, in dem der Ausschuss für Weltraumangelegenheiten seine Büros hatte, war ein moderner heller Bau in Sichtweite des Präsidentenpalastes. Ein namhafter Architekt hatte ihn errichtet und einen Preis dafür bekommen.
Auf dem weitläufigen Vorplatz stand ein Monument, das eine stilisierte Rakete darstellte. Über dieses Monument war lange diskutiert worden. Es hatte viele Stimmen gegeben, die dafür gewesen waren, an dieser Stelle einfach eine der echten alten Raketen aus der Anfangszeit der Raumfahrt aufzustellen. Da damals jede Rakete nur ein einziges Mal verwendet worden war, gab es jede Menge Überreste; die Museen in aller Welt standen voll davon. Doch dann hatte es Bedenken gegeben: Ein solch altes Gerät könne im subtropischen Klima Afrikas im Nu verrosten und zerfallen. Obwohl Spezialisten versichert hatten, dass moderne Konservierungsmethoden imstande seien, dergleichen zu verhindern, auf Jahrhunderte hinaus, wenn es sein musste, hatte man sich am Schluss gegen eine solche Lösung entschieden – aus einem ganz anderen und für die Arbeit transnationaler Behörden sehr typischen Grund: Hätte man eine echte Rakete aufgestellt, hätte man sich für eine bestimmte entscheiden müssen, und das hätte unweigerlich für Verstimmung gesorgt. In der Frühzeit der Raumfahrt hatten viele Nationen in Konkurrenz zueinander gestanden. Welche Rakete hätte man aufstellen sollen? Eine amerikanische Apollo-Endstufe, das erste Raumfahrzeug, das Menschen zu einem anderen Himmelskörper gebracht hatte? Eine russische Wostok-Rakete, weil damit der erste Mensch in den Weltraum gelangt war? Oder gar eine deutsche V2, die Mutter aller Raketen, die eine Waffe in einem entsetzlichen Krieg gewesen war? Nichts davon, beschloss man und gab stattdessen ein Kunstwerk in Auftrag, bei einem bekannten afrikanischen Künstler namens Kibbi, dessen Spezialgebiet die künstlerische Darstellung naturwissenschaftlicher Sachverhalte war.
Dieses Gebäude war Hjalmar Bjornstadt, als er es mit seinen Leuten vor einem knappen halben Jahr bezogen hatte, wie ein Palast vorgekommen.
Inzwischen fühlte er sich darin wie in einem Gefängnis.
Der Samstag war für hohe Regierungsmitarbeiter ein normaler Arbeitstag, ja, er wurde sogar besonders geschätzt, weil es an diesem Tag normalerweise ruhiger zuging als unter der Woche. Doch es war Bjornstadt nicht verborgen geblieben, dass neuerdings auch auffallend viele seiner Mitarbeiter am Samstag ins Büro kamen, obwohl das nicht von ihnen erwartet wurde.
So, als hätten sie den Auftrag, ihn zu überwachen.
Seit den frühen Morgenstunden saß er in seinem Büro, bearbeitete belanglose Akten, belanglose Mails und belanglose Anfragen und grübelte darüber nach, wie er sich aus der Falle, in der er saß, wieder herauswinden konnte. Eigentlich hätte er den Verdacht, dass seine Codekarte kopiert worden war, längst melden müssen, damit die Polizei der Sache nachgehen konnte.
Doch Bjornstadt war lange genug in der Politik, um zu wissen, dass dies gleichbedeutend mit dem Ende seiner Karriere gewesen wäre. Ein hochrangiger Amtsinhaber, der nicht auf seinen Beglaubigungscode aufpassen konnte, das wichtigste Insignum seiner Befugnisse? So jemanden würde man bedauern, aber bei nächster Gelegenheit in der Versenkung verschwinden lassen.
Doch was konnte er tun? Er hatte es nicht fassen können, als ihm vor einigen Wochen ein Dokument untergekommen war, das mit seinem Code signiert war, an das er sich aber nicht erinnern konnte. Er hatte auch nicht den Hauch einer Vorstellung, wie jemand an seine Karte gekommen sein mochte – er trug sie, wie es Vorschrift war, praktisch Tag und Nacht an einem Silberband um den Hals.
Da kam ihm der Anruf aus dem Büro des Präsidenten, er möge doch bitte umgehend zu einer außerordentlichen und dringenden Sondersitzung herüberkommen, gerade recht. Nur weg aus all dem.
Präsident Nayanar begrüßte ihn höchstpersönlich an der Tür zum Gelben Saal, mit Handschlag, was sonst nicht seine Art war. Wie die meisten Inder bevorzugte er das Namasté , bei dem man die Hände vor der Brust zusammenlegte und sich in Richtung seines Gegenüber verbeugte.
»Kommen Sie, kommen Sie!«, sagte er. Raja Nayanar, der sonst in jeder Krise die Ruhe in Person war, wirkte regelrecht aufgewühlt.
Bjornstadt trat ein. Der Gelbe Saal war der kleinste
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