Die schlafenden Hüter - Das Marsprojekt ; 5
vermutlich einer intelligenten Spezies, es hatte zwei Beine, zwei Arme in etwas seltsamer Haltung … Gut, der Kopf war ein bisschen gewöhnungsbedürftig. Sehr fremd. Ziemlich tief sitzende, zu pinselartigen Büscheln auslaufende Ohren, vier große, wie schwarze Edelsteine glänzende Augen – mehr war nicht zu erkennen.
Und das Wesen war, das sah er erst jetzt, bis zur letzten Haarspitze in eine Art bläulich schimmerndes Glas eingeschlossen.
»Das ist ja mal ein süßes Kerlchen«, meinte die Wissenschaftsministerin. »Kann man das anfassen?«
Takeido nickte beflissen. »Wir haben keinerlei Schadstoffe auf dem einhüllenden Material feststellen können.«
Bjornstadt berührte das Fundstück. Es fühlte sich kühl an, glatt – wie Glas eben. »Könnte das dasselbe Material sein wie das, von dem Professor Caphurna berichtet hat? Das in seinem Labor beträchtliche Verwüstungen angerichtet hat, als es plötzlich anfing, sich von selbst zu bewegen?«
Der Wissenschaftler sah ihn mit großen Augen an. »Davon gehen wir aus. Glas ist es jedenfalls nicht.«
»Das hieße, dass wir endlich auch auf der Erde etwas von dem Material haben, aus dem vermutlich die blauen Türme bestehen«, schlussfolgerte Leena Hainonen sofort. »Und dass wir es endlich mit den Mitteln der besten Laboratorien der Welt untersuchen können.«
»Genau so ist es, Frau Minister«, nickte Takeido. »Gleich im Anschluss an diese Besprechung wird das Fundstück an die Universität von Brasilia gebracht, wo sich nicht nur das führende Institut für außerirdisches Leben befindet, sondern auch das von Professor Manuel Ramirez geleitete Institut für Materialkunde, eine der führenden Einrichtungen auf diesem Fachgebiet.«
Jetzt drängelte sich der Präsident ungeduldig nach vorn. »Was reden Sie denn da? Das ist doch jetzt nicht wichtig. Das Wesen hier, das ist die Sensation! Eine zweite Alienspezies! Doktor Takeido, zeigen Sie den Herrschaften bitte, was Sie mir gezeigt haben.«
»Ja«, nickte der Wissenschaftler, »also, wir gehen von dreierlei Annahmen aus: erstens, dass es sich um ein extraterrestrisches Wesen handelt – das können wir zwar im Moment nur aufgrund seines Aussehens beurteilen, aber das gibt unseres Erachtens bereits ausreichende Belege dafür –, zweitens, dass dieses Exemplar vor etwa einer Million Jahre gelebt hat – was wir aus der Altersbestimmung der geologischen Schicht schließen, in der wir es gefunden haben, wie ich eingangs erklärte –, und drittens –«
»Dass es umgebracht wurde«, ergänzte Carver trocken.
»Ähm, ja«, machte Takeido verdutzt. »Genau. Hier, wir halten diese von deutlich angekohltem Fell umgebene Stelle für ein von einer Art Hochenergiestrahl verursachtes Einschussloch, das vermutlich zum Ableben des Wesens geführt hat.«
Jetzt sah Bjornstadt es auch. Es erklärte auch die seltsam verkrümmte Haltung der Arme, ja des gesamten Körpers: eine letzte, instinktive Abwehrreaktion auf die tödliche Verletzung.
»Es waren also zwei verschiedene Arten von Aliens auf der Erde«, stellte George W. Carver fest. »Zwei sehr verschiedene.«
Das konnte man wohl sagen. Bjornstadt musste an die Bilder der Fremden denken, deren Körper auf dem Mars in einer Art Mausoleum lagerten: drei Meter lange Heuschrecken mit mindestens acht Armpaaren. Ihn schauderte, wenn er nur daran dachte. Da war dieses Wesen hier wesentlich sympathischer. Ein kuscheliger Teddybär eben. Bis auf das seltsame Gesicht. Und wenn man genauer hinsah, sich die Hände ansah … oder Pfoten … oder wie immer man das bei extraterrestrischen Intelligenzen nennen sollte, die vorderen Extremitäten auf jeden Fall: Die passten nicht so richtig zu dem kuscheligen Gesamteindruck. Sieben stummelige Finger, von denen zwei Daumen zu sein schienen, und alle endeten sie in schwarzen, verdammt spitz aussehenden Krallen …
Der Präsident wandte sich an den Verfassungswächter. »Euer Ehren – sehen Sie irgendeine Möglichkeit, diesen Fund einstweilen geheim zu halten, ohne gegen die Verfassung zu verstoßen?«
Khadra sah den Präsidenten an, dann den Leichnam des fremden Wesens, dann schüttelte er bedächtig den Kopf. »Da brauche ich nicht lange nachzudenken. Das Informationsgebot ist genau für solche Situationen in die Verfassung aufgenommen worden. Sie müssen diese Entdeckung innerhalb von vierundzwanzig Stunden öffentlich machen, gerechnet ab dem Moment, in dem Sie selbst davon erfahren haben.«
»Auch wenn diese Bekanntgabe
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