Die schlafenden Hüter - Das Marsprojekt ; 5
ein bisschen verlegen. »Sie erinnern sich doch, dass Urs und ich uns mal mit Ihrem Passwort auf einen der Satelliten geschaltet haben? Wir haben die Kamerasteuerung aktiviert und –«
»Allerdings erinnere ich mich«, erwiderte Pigrato. »Das war allerhand, was ihr euch da geleistet habt.«
»Aber eine gute Idee!«, meinte Roger Knight. »Einen Versuch wäre es wert. Natürlich nur, falls Sie das Passwort auswendig wissen.« Er grinste. »Ich nehme an, es ist ein neues.«
»In der Tat.« Pigrato nickte in Richtung Pilotenkanzel. »Gut, versuchen wir es. Aber erst mal nur wir beide. Nicht dass nachher wieder ein Passwort die Runde macht …«
Nach ein paar Minuten, während derer Ariana die geschlossene Kanzelluke anstarrte und sich ärgerte, dass sie diese alte Geschichte wieder aufgewärmt hatte, flog die Tür wieder auf und Pigratos aufgeregt winkende Hand erschien. »Schnell!«
Mr und Mrs Faggan blieben natürlich, wo sie waren, alle anderen drängten sich eilig in das enge Cockpit. Auf einem der Schirme sah man eine Marslandschaft aus großer Höhe, gelborange und zerklüftet. In der Mitte blinkte es silbern.
»Genial gewählter Zeitpunkt«, rief Roger Knight begeistert, während seine Finger über die Kontrollen huschten. »Satellit 2 steht über der Marssiedlung, einigermaßen zumindest, und Satellit 1 ist noch fünf Minuten in Reichweite. Ins Kom-Netz lässt er uns nicht, aber für die Verbindung zum anderen Satelliten, da ist er gnädig … Verstehe, wer will. So, jetzt. Vergrößerung.«
In ruckelnden Sprüngen wurde der silbern glänzende Punkt auf der rostbraunen Ebene größer. Bald erkannte man die schimmernden Flächen der Treibhäuser im großen Krater, die fünf Kuppeln der Oberen Station …
Ariana stutzte. Was war das?
»Das andere Shuttle«, stellte Erkmen fest. »Es ist gelandet.«
Der Pilot schüttelte fassungslos den Kopf. »Aber so nah bei der Station! Schauen Sie mal – das sind keine hundert Meter! Dem Kerl, der das da gelandet hat, gehört der Pilotenschein abgenommen.«
Erkmen runzelte die Stirn. »Was kann da passieren?«
»Himmel! Die Triebwerksgase! Tausend Grad Kelvin, Überschallgeschwindigkeit – allein der aufgewirbelte Sand hat wahrscheinlich sämtliche Fenster der Oberen Station blind geschmirgelt! Ganz zu schweigen von dem Risiko, die Antennen zu zerschmelzen oder die Station selber zu zertrümmern.« Er hämmerte wie wild auf die Kontrollen, drehte sich dabei zu Pigrato um. »Da ist was oberfaul, wenn Sie mich fragen. Wie soll das Shuttle je wieder starten? Selbst wenn der Triebwerksstrahl nicht wäre, das kriegt man nicht mal mehr betankt. Alle Wasserstofftanks sind kilometerweit weg –«
Das Bild verschwamm, dann verschwand es ganz. Der Kontakt zwischen den Satelliten war abgerissen.
Ariana schluckte. Das mit den Satelliten war ihr doch bloß eingefallen, weil Urs sie damals zu diesem Streich angestiftet hatte … Zu sehen, dass zu Hause irgendetwas ganz und gar nicht in Ordnung war, war ein richtiger Schock.
Urs’ Vater knetete sich das Kinn, sein Blick ging stier ins Leere. »Ja«, sagte er. »Es stimmt etwas nicht. Aber was? Ich kann mir beim besten Willen keinen Reim machen auf das, was wir da gesehen haben.«
In diesem Moment hob Ronny die Hand. Er hielt etwas darin, sah Ariana verwundert, etwas, das aussah wie ein kleiner Schreibstift mit einer Glaskugel am oberen Ende.
»Ich glaube«, sagte Ronny mit zittriger Stimme, »ich muss da was erzählen …«
22
Funkstille
»Offiziell geht man von einer technischen Panne aus«, berichtete Bazman. Seinem Gesichtsausdruck nach hielt er nicht viel von offiziellen Stellungnahmen. »Wobei es stimmt, was die Raumfahrtbehörde sagt, es hat Unterbrechungen in der Kommunikation zwischen Mars und Erde tatsächlich schon öfter gegeben, als man gemeinhin weiß. Der Rekord liegt bei sechs Tagen ohne einen Pieps vom Mars, genauer gesagt bei hundertdreiundfünfzig Stunden. Dann haben sich die Siedler wieder gemeldet und fröhlich erklärt, sie hätten etwas mit der Funkanlage ausprobieren wollen und das sei eben schiefgegangen …« Er blies die Backen auf. »Bloß – das war im Juli 2068. In den letzten fünf Jahren hat es keine Unterbrechung der Funkstrecke gegeben, die auch nur halb so lange gedauert hätte wie diese jetzt.«
Yules Whitehead fuhr sich mit gespreizten Fingern durch das bleiche Kraushaar. »Das ist doch verrückt«, meinte er. »Wochenlang achten wir auf Funkstille und jetzt, wo es allmählich
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