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Die Schleier der Salome - Walz, E: Schleier der Salome

Die Schleier der Salome - Walz, E: Schleier der Salome

Titel: Die Schleier der Salome - Walz, E: Schleier der Salome Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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die Antworten komplett vorliegen hast, edler Pilatus?«
    Er wiegte den Kopf. »Zwei Jahre schätzungsweise.«
    »So lange?«, rief sie.
    »Nun ja, das Imperium ist groß.«
    Sie blickte ihn mit traurigen Augen an, die ihn wohl berührten, denn er fügte hinzu: »Sobald ich wieder in Caesarea bin, gehe ich auch die Akten zu dem Fall durch. Vielleicht hat Coponius etwas übersehen, das dir weiterhilft.«
    Diese Möglichkeit bestand allerdings, dachte Salome verärgert. Denn immerhin war Pilatus’ Vorgänger nie auf die Idee mit den Steuerlisten gekommen. Timon hätte schon längst gefunden sein können, wenn Coponius nicht so nachlässig gewesen wäre.
    Einerseits enttäuscht von der Aussicht, weitere Jahre in Ungewissheit zu leben, aber auch dankbar für Pilatus’ Unterstützung, lächelte sie ihn an. »Du hilfst mir sehr damit, mehr, als du dir vorstellen kannst.«
    Er lehnte ihr Lob mit einer Geste ab. »Gehen wir?«, bat er, ohne Tiberias, dem neuesten und größten Schmuckstück ihres Onkels, noch einen einzigen Blick zu widmen. »Diese Stadt ist zu weiß für meine Augen. Ich sehe nur noch Punkte. Schrecklich.«
    Sie schritten langsam den gleichen Weg zurück, den sie gekommen waren.
    »Da ich nun einmal gerade neben einer unverheirateten Frau spaziere: Du bist nicht zufällig daran interessiert, zu heiraten? Oh, nicht mich, keine Angst. Vielleicht jemand – anderen?«
    Sie schmunzelte. »Zufällig nicht. Warum würde ich sonst nach Timon suchen lassen?«
    »Ach, der. Der Grieche könnte dein Liebhaber werden, das ist doch kein Problem.«
    »In Judäa schon.«
    »Tatsächlich? Coponius deutete an, dass die Juden kompliziert wären, doch ich fürchte, er hat maßlos untertrieben.«
    Salome stimmte ihm zu. »Du hast noch viel über uns zu lernen, edler Pilatus.«
    »Lernen? Nun ja, wir werden sehen, ob ich die Zeit und Muße dafür finde. Wenn das jüdische Volk ein wenig mir und ich ein wenig den Juden entgegenkomme, spart jeder die Hälfte des Weges und wir müssen nicht allzu viel voneinander lernen.«
    Salome unterdrückte weitere Belehrungen. Pilatus würde noch früh genug seine Lektionen erhalten, das war unvermeidlich. »Um wen«, fragte sie stattdessen nach, »handelt es sich denn bei dem Bräutigam ohne Braut?«
    »Um den Fürsten von – wie heißt dieses Fürstentum noch? Ach, diese Namen hierzulande, schrecklich. Könnte es Waran heißen?«
    »Du meinst Basan? Onkel Philipp?«, rief sie erstaunt.
    Er stutzte einen Moment. »Ach richtig, hier ist ja jeder mit jedem verwandt, wie ich hörte. Nun, das habt ihr mit dem julischen Kaiserhaus gemeinsam, die sind auch doppelt und dreifach miteinander versippt.« Er kicherte kurz, kam aber schnell wieder zur Sache. »Ja, Philipp ist fast dreißig, noch ohne Frau und – was weit schwerer wiegt – ohne Kind. Sollte ihm etwas zustoßen, bekomme ich ein großes Problem, denn dann muss der Kaiser auf meine Empfehlung hin die Nachfolge regeln, und die Erfahrung hat anscheinend gezeigt, dass man es den Juden in diesen Fragen nie recht machen kann. Den einen passt dieser nicht, den anderen jener, sie finden immer einen Grund zum Rumoren. Das Letzte, was ich brauche, sind Unruhen. Die machen nur Ärger, und Ärger machen Falten. Der Mann soll endlich heiraten und Bälger kriegen, beim Saturn.«
    Salome lachte über die letzte Bemerkung des Prokurators. »Also, dabei kann ich dir – und ihm – nun wirklich nicht helfen, edler Pilatus.« Salome suchte in ihrer Erinnerung nach irgendetwas über ihren Onkel Philipp, und sei es nur ein kleiner Fetzen. Ja, sie hatte ihn zuletzt am Hof von Herodes gesehen, da war sie ein etwa zehnjähriges Kind und er ein etwa achtzehnjähriger Mann. Er hatte kaum einen Eindruck bei ihr hinterlassen, nicht einmal an sein Gesicht konnte sie sich erinnern. Philipp kam ihr immer wie ein gefühlloser Apparat vor, der irgendwie funktionierte. Die Wutausbrüche von Herodes hatte er jedenfalls schweigend und ohne Regung über sich ergehen lassen. Sie bezweifelte, dass er etwas Liebenswertes an sich hatte, und selbst, wenn sie sich innerlich nicht schon längst Timon versprochen hätte, käme Philipp für sie nicht in Frage.
    »Schade«, seufzte Pilatus. »Ich hätte ihn bestimmt dazu bringen können, dich zu heiraten.«
    Sie waren wieder im Garten vor dem Palast angekommen, und es war klar, dass sich ihre Wege hier trennen würden.
    »Wir setzen unsere Unterhaltung bei der Einweihung der Stadt fort«, sagte Pilatus zum Abschied. »Würdest du

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