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Die Schleier der Salome - Walz, E: Schleier der Salome

Die Schleier der Salome - Walz, E: Schleier der Salome

Titel: Die Schleier der Salome - Walz, E: Schleier der Salome Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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in der Woche, vor allem zu jedem shabbat , trafen sie sich in seinem Haus, setzten sich auf die weichen Webwaren, aßen, tranken und redeten. Meistens ging es um Politik, Kephallion fühlte sich bei diesem Thema scheinbar am wohlsten. Sie tauschten Informationen aus und berieten die Lage, doch manchmal wünschte Sadoq sich, sie könnten wie normale Menschen zusammensitzen und über andere Dinge sprechen, über Frauen zum Beispiel, über die Erkrankung eines Freundes oder die Ernte. Stattdessen füllten die Besatzer und ihre jüdischen Helfer alle Gespräche aus. Pilatus, Tiberius und Antipas, Feind, Abtrünniger und Ungläubiger, das alles waren Namen und Begriffe, die ihnen mittlerweile so selbstverständlich über die Lippen kamen wie anderen Leuten ein Lachen oder ein Gruß.
    Kephallion prägte jedoch nicht nur ihre Gespräche und die neue Lebensqualität, er nahm auch Einfluss auf die Struktur der Zeloten. Andauernd machte er neue Vorschläge. Er hatte nicht nur die verschiedenen, oftmals chaotisch operierenden Zelotengruppen in den Städten Judäas einheitlich organisiert, sondern auch ein Verbindungsnetz geschaffen, das jedes einzelne Mitglied mit der Führung und allen anderen verband. Hierarchien und Geheimschriften, mit denen Kommandos übermittelt wurden, gingen auf seine Initiative zurück. Er war der große Ideengeber geworden, war der Wind in ihren Segeln. Im engen Führungskreis war er zudem wegen seiner feurigen Reden beliebt. Kephallion sprach den Leuten aus dem Herzen. Er konnte ihnen jenes wilde Glitzern in die Augen zaubern, das Sadoq zum ersten Mal vor vielen Jahren an Zelon gesehen hatte und in diesem Moment auch an Kephallion selbst bemerkte.
    Sadoq setzte sich wieder zu den beiden anderen. Nachdenklich brach er mit Daumen und Zeigefinger ein kleines Stück Kuchen ab und kaute es langsam. Schließlich blickte er den Mann an, mit dem er noch nie uneins gewesen war, seinen treuesten Freund. »Menahem«, sagte er nur und forderte ihn damit auf, Stellung zu beziehen. Doch er wusste schon vorher, was dieser sagen würde.
    »Ich bin dagegen. Mit jeder Stunde nimmt die Zahl unserer Anhänger zu, auch ohne dass wir unsere Gegner ermorden. Welchen Vorteil soll uns das bringen? Wir schütten nur Gräben auf – und Gräber.«
    »Genau das«, bestätigte Kephallion. »Was helfen uns Anhänger, wenn wir sie nicht einsetzen? Mir sind tausend entschlossene, todesmutige Männer lieber als zehntausend Angsthasen.«
    »Nur weil ich überlege, bin ich kein Angsthase«, rechtfertigte Menahem sich vor Sadoq. »Habe ich nicht Seite an Seite mit dir gestanden, als …«
    Sadoq legte beruhigend seinen Arm auf den seines Freundes. »Niemand behauptet, du seist furchtsam. Nicht wahr, Kephallion, du auch nicht?«
    Kephallion schien einen Moment unentschlossen, ob er zustimmen sollte, entschied sich schließlich dafür. »Natürlich nicht. Ich wollte lediglich ausdrücken, dass die Zeit für Taten gekommen ist, nachdem das Wort versagt hat. Die Germanen haben die Römer auch nicht mit Predigten verjagt, sondern mit einem einzigen, furchtbaren Schlag.«
    Menahem schüttelte den Kopf. »Das kannst du nicht vergleichen. Die Barbaren nutzten die sumpfigen Wälder, um drei römische Legionen zu vernichten, außerdem waren sie erfahrene Krieger. Was du vorhast, sind Nadelstiche, keine Schläge, und Stiche reizen ein Raubtier nur, ohne es ernsthaft zu verletzen.«
    Kephallions Brust schwoll an. »Ich würde gerne losschlagen. In Jerusalem lebt einer unserer besten Männer, Barabbas. Wenn ich ihn beauftrage, einen Aufstand vorzubereiten …«
    »Das kommt nicht in Frage«, rief Menahem.
    »Wieso nicht?«
    »Wir sind nicht stark genug.«
    Der Herodianer grinste. »Möglich. Aber wir sind in jedem Fall stark genug, feindselige Gelehrte zu beseitigen und damit die Motivation unserer Anhänger zu stärken.«
    Menahem war seinem Gegenspieler auf den Leim gegangen. Rhetorisch konnte er ihm nicht das Wasser reichen.
    Ein letztes Argument blieb ihm jedoch. »Du machst es dir sehr einfach. Du sitzt hier vor deinen Kuchen und schwingst große Reden, aber unsere Anhänger sind diejenigen, die unsere Beschlüsse in die Tat umsetzen müssen. Sie sind es, die den Dolch in die Leiber stoßen, denen das Blut entgegenspritzt und die …«
    »Das habe ich alles schon getan«, unterbrach Kephallion. »Ja, du brauchst mich gar nicht so verblüfft ansehen, Menahem. Ich habe schon getötet, und zwar Zacharias, meinen eigenen Vater.«
    Menahem stockte

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