Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Schleier der Salome - Walz, E: Schleier der Salome

Die Schleier der Salome - Walz, E: Schleier der Salome

Titel: Die Schleier der Salome - Walz, E: Schleier der Salome Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
Vom Netzwerk:
Verziehen der Mundwinkel löste diese Spannung. »Ich habe einen Wunsch frei.«
    Antipas brauchte noch einige Atemzüge, bis er wieder halbwegs in der Realität angekommen war. Schließlich nickte er. »Ich gebe dir Gold, so viel du willst.«
    »Kein Gold.«
    »Nun denn«, ächzte er, noch immer etwas benommen, »ein Prunkschiff dann.«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Kriegselefanten?«
    »Wirklich sehr romantisch. Was soll ich mit Elefanten?«
    »Einen Palast? Hundert arabische Schimmel? Eine Kiste voller Perlen aus Saba?«
    Zu allem schüttelte Salome den Kopf. Sie beugte sich zum Ohr des Tetrarchen und flüsterte, so dass es keiner der anderen hören konnte: »Ich will, dass du die Hand von Timon und mir lässt.«
    Antipas war mit einem Ruck wieder völlig wach. »Nein«, rief er laut. »Nein, das kannst du nicht verlangen.«
    »Du hast es geschworen.«
    »Ich biete dir den Thron an meiner Seite, den Thron, den deine Mutter wollte. Königin zu sein, das ist es, was du verdienst.«
    »Du vergisst wohl«, entgegnete sie, »dass ich es bin, die einen Wunsch frei hat, nicht du . Gib mir, was ich verlange.«
    »Du hast kein Recht, mich um so etwas zu bitten«, donnerte er verzweifelt.
    Noch einmal flüsterte sie ihm ins Ohr: »Beim Namen des Unaussprechlichen, du hast geschworen, mir zu geben, was ich verlange. Und ich verlange, dass du die Hand lässt von Timon und mir.«
    »Ich müsste gestehen«, flüsterte er zurück, »dass ich jemals Hand an ihn legen wollte. Und du müsstest gestehen, dass dir mehr an ihm liegt, als die Schicklichkeit erlaubt.«
    »Nein, mein Wunsch bleibt unser Geheimnis.«
    Antipas grinste. »In diesem Fall muss ich mich ja nicht daran halten, denn keiner kann die Einhaltung überprüfen.«
    »Der Herr kann es«, erwiderte sie ärgerlich.
    »Du hast Rabban Jehudah vorhin gehört: Der Herr erkennt Schwüre nicht an.«
    Ihre Augen blitzten Antipas an. Was für ein elender Wurm er doch war! Sie hatte vor dem Widerling getanzt, bis ihm der Speichel floss, sie hatte seine verlangenden Blicke ertragen, seinen keuchenden, stinkenden Atem, sein Stöhnen und Röcheln. Sie hatte ertragen, dass er ihr Eltern und Freunde genommen hatte, dass er Pharisäern hörig war, das galiläische Volk unterdrückte und danach trachtete, Herr des ganzen Landes zu werden. Mit schwerem Herzen hatte sie ihm gegeben, was er von ihr begehrt hatte, und nun stahl er sich niederträchtig aus dem Handel heraus, bedrohte weiter Timons Leben und bald vermutlich auch Philipps. Der Tanz hatte alles nur schlimmer gemacht: Antipas würde nicht ruhen, bis er sie auf Herodias’ Platz gesetzt hätte. Nie hatte sie ihn mehr gehasst als in diesem Moment, nie ein stärkeres Verlangen gespürt, einen Menschen zu vernichten. Sie konnte diesem Verlangen nicht länger widerstehen.
    Da kam ihr eine Idee. Wenn sie von Antipas öffentlich etwas verlangte, was er noch weniger zu geben bereit war, so könnte sie doch noch ihr Ziel erreichen. Es musste etwas sein, das er nie und nimmer tun würde: Gott erzürnen. Vor die Wahl gestellt, sie und Timon in Ruhe zu lassen oder seinen Gott zu erzürnen, würde er das zweite wählen.
    »So wünsche ich mir etwas anderes«, rief sie, ihrer Eingebung folgend. »Ich wünsche mir den Tod des Täufers.«
    Die Masse stöhnte. Antipas schreckte hoch und riss entsetzt die Augen auf. »Du willst …« Dem Tetrarchen versagte die Stimme.
    »Töte ihn«, schrie sie. »Noch bevor die Sonne über dem Salzmeer aufgeht.«
    »Er ist ein heiliger Mann«, erwiderte Antipas entsetzt. »Der Herr wird uns zerschmettern, dich und mich.«
    »Der Herr hat seine Gelegenheiten versäumt, dich zu zerschmettern. Nun tue ich es. Töte Johannes – auf dass du selbst daran verreckst.«
    »Ja, tu es«, stimmte Herodias ein. Sie hatte Johannes, den Täufer, der sie unentwegt als gottlose Hure beschimpft hatte, immer schon tot sehen wollen. Doch mehr noch sprach die Erleichterung aus ihr, denn Salome war zu einer Bedrohung ihrer Stellung geworden, seit Antipas ihr verfallen war. Leicht hätte ihre Tochter sich den Platz an Antipas’ Seite und damit die Königinnenwürde wünschen können. Die überraschende Wende jedoch entzückte Herodias. Über Salomes mögliche Motive für diesen ausgefallenen Wunsch dachte sie in der Aufregung nicht nach. Und selbst Jehudah, den die Predigten des Täufers, die sich auch gegen die Pharisäer richteten, schon lange störten, sah keine Veranlassung, sich gegen eine Hinrichtung

Weitere Kostenlose Bücher