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Die Schleier der Salome - Walz, E: Schleier der Salome

Die Schleier der Salome - Walz, E: Schleier der Salome

Titel: Die Schleier der Salome - Walz, E: Schleier der Salome Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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konservative sanhedrin , würde in diesem Fall eine Scheidung aussprechen. Wenn du jedoch all dein Wissen über seine geheimen Unternehmungen einsetzt, um …«
    Berenike brach ihr auferlegtes Schweigen. »Damit würde ich auch dich und Sadoq gefährden. Ich weiß viel über das, was ihr Zeloten tut, mehr, als ihr denkt.«
    »Darum musst du mit Sadoq sprechen. Wenn du ihm erzählst, was du über Kephallions Pläne weißt, wird er ihn zur Rechenschaft ziehen, vielleicht sogar von den Zeloten ausschließen.«
    »Kephallion würde mich umbringen.«
    »Darum musst du dich vor ihm in Sicherheit bringen.«
    Sie blickte wie ein gehetztes Reh um sich. »Ja, aber wohin denn? Es gibt keinen Ort in Judäa, an den Kephallions Einfluss nicht reicht.«
    Menahem schüttelte langsam den Kopf. » Einen Ort gibt es. Du bist doch mit Salome befreundet, der Gemahlin Philipps.«
    »Wir haben uns aus den Augen verloren, seit Kephallion mir verboten hat, Briefe zu schreiben.«
    »Aber sie würde dich doch nicht im Stich lassen, wenn du sie um Hilfe bittest, nicht wahr? Also geh zu ihr.« Er senkte seinen Blick. »Leicht fällt mir dieser Ratschlag allerdings nicht. Salome ist … Tja, wenn wir Zeloten ein Feindbild haben, dann ist sie es.«
    Berenike wusste, worauf Menahem anspielte. So isoliert lebte sie nun auch wieder nicht, als dass sie nichts von den Geschehnissen der letzten Monate erfahren hätte. Aber Wahrheit und Phantasie der Gerüchte konnte sie nicht trennen. Tatsache war wohl, dass Salome in Masada getanzt hatte und dass noch in derselben Nacht der Kopf Johannes des Täufers gefallen war. Doch alles andere verschwamm im Dunst der Legendenbildung. Die einen erzählten, Salome sei in den Täufer verliebt gewesen, aber von ihm zurückgewiesen worden, woraufhin sie in einem Anfall von Rachsucht seinen Kopf gefordert habe. Andere behaupteten, sie habe auf Befehl von Herodias gehandelt. Und wieder andere waren der Überzeugung, Salome sei die Geliebte von Antipas gewesen, und er habe ihr aus Dankbarkeit für ihren Tanz dieses makabre Geschenk gemacht. So oder so, Salome kam nicht gut weg in den Erzählungen, und seither war Kephallion nicht mehr allein mit seiner Ansicht, sie sei nichts weiter als eine sittenlose Hure. Dazu kam ihr gutes Verhältnis zu den Römern, ihr schlechtes Verhältnis zu den jüdischen Traditionen und ihr Anteil am Bau von Philippi, das bereits jetzt, noch vor der Fertigstellung, den Ruf eines neuen Sodom hatte. Gewiss, sie hatte auch heimliche Bewunderer, doch die schwiegen, weil sie nicht riskieren wollten, sich dem Zorn von Pharisäern und Fanatikern auszusetzen.
    Menahem musste wohl über viele Schatten springen, um sie in die Obhut einer von den Zeloten verachteten Frau zu geben. Dass er es dennoch tat, zeigte, wie viel ihm an ihr lag.
    »Sie wird in Kürze in Jerusalem sein, eine Königin«, stellte er fest. »Kephallion kann es nicht wagen, dich aus ihrem Palast zu entführen, damit würde er alles verlieren, was er hat. Und wir wissen doch wohl beide, dass er zwar ein Fanatiker ist, aber den Lebensstil eines Fürsten schätzt. Er wird seine Stellung nicht einer Frau wegen wegwerfen.«
    Menahems Einschätzung von Kephallion stimmte mit ihrer überein. Sein Plan könnte tatsächlich funktionieren, und Berenike war derart erschöpft von den jahrelangen Misshandlungen und von der Isolation, dass sie auch weit weniger vernünftigen Argumenten nachgegeben hätte. In ihren Augen war Menahem der Retter. Sie vertraute ihm. Sie liebte ihn.
    Durch die Ritzen der Fensterläden fiel das erste Licht des neuen Tages, die Geräusche von Ochsenkarren und Pferden drangen zu ihnen herein, und jetzt erst wurde beiden bewusst, wie lange sie hier schon beisammen saßen.
    »Ist wohl besser, wenn ich jetzt gehe«, sagte Menahem. »Falls Kephallion wieder zurückkommt, sollte er mich nicht mit dir zusammen sehen.«
    »Er wollte erst heute von Jerusalem aufbrechen«, beruhigte sie ihn. »Vor Sonnenuntergang kann er nicht zurück sein.«
    Menahem wollte ihr eben beipflichten, als laute Stimmen zu hören waren. Irgendein Satz wurde ständig wiederholt, aber sie konnten beide nicht verstehen, worum es ging. Dann öffnete jemand die Vordertür, und plötzlich hallte der Ruf durch das Haus: »Ich bin wieder da, Berenike.« Eine Tür nach der anderen öffnete sich. Für Berenike war es, als rolle ein Felsbrocken auf sie zu. Am liebsten hätte sie Augen und Ohren verschlossen, irgendetwas in ihr besaß jedoch die Geistesgegenwart,

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