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Die Schleier der Salome - Walz, E: Schleier der Salome

Die Schleier der Salome - Walz, E: Schleier der Salome

Titel: Die Schleier der Salome - Walz, E: Schleier der Salome Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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Dynastien übernehmen sollte. Ich habe Berenike nie gesehen, und seit einigen Jahren erhalte ich auch keine Briefe mehr von ihr. Vermutlich fühlt sie sich in ihrer Ehe so wohl, dass sie keine Neigung mehr hat, einer alten Tante wie mir zu schreiben. Nun, das kann ich verstehen.«
    Salome dachte kaum noch an Berenike. Sie hatte ihre Jugendfreundin in den Jahren in Bethsaida völlig aus den Augen verloren, und daran war nicht nur Kephallion schuld. Es stimmte, dass er Briefe an seine Frau abfing, las und verbrannte, offenbar nicht nur Salomes Briefe, sondern auch die von Antonia und anderen. Selbst zu schreiben war ihr wohl ebenfalls nicht erlaubt, geschweige denn, Besuche zu machen. Trotzdem, Salome hatte immer ein wenig abschätzig über Berenikes Nachgiebigkeit geurteilt, über die geradezu hündische Loyalität gegenüber diesem wirklich unsäglichen Gatten und über den mangelnden Mut, sich gegen vergilbte Regelwerke aufzulehnen. Sie hatte sich daher nicht weiter um Berenike bemüht, hatte sich enttäuscht abgewendet und die Freundin von einst ihrem Schicksal überlassen. Doch wie sehr hätte sie in den vergangenen Monaten eine Freundin nötig gehabt, die loyal zu ihr gestanden wäre! Und wie sehr konnte Berenike womöglich eine Freundin gebrauchen?
    »Ich werde mich nach ihr erkundigen«, versprach Salome ihrer Gastgeberin. »Noch heute.«
     
    In Menahems kleinem Nazarener Haus herrschte Totenstille. Berenike und Menahem sahen dabei zu, wie Sadoq die Schriftstücke überflog, die sie ihm gegeben hatten. Es handelte sich um Berenikes Aufzeichnungen. In fein säuberlicher Schrift hatte sie in den vergangenen Monaten jeden Besucher notiert, der zu Kephallion gekommen war, jedes Gespräch belauscht und anschließend protokolliert und jedes von Kephallions Schriftstücken heimlich abgeschrieben, das sie in die Finger bekommen konnte. Aus diesen Hunderten von Mosaiksteinen setzte sich ein Bild des Schreckens zusammen.
    »Unfassbar«, flüsterte Sadoq schließlich.
    »Verrat«, präzisierte Menahem. »Kephallion hat eine Sekte innerhalb unserer Sekte gegründet, eine Organisation, die nur auf ihn hört. Er ist verantwortlich für Hunderte von Morden an Unschuldigen und für den Jerusalemer Aufstand. Er widersetzt sich damit deinem Willen, Sadoq, denn es war ausgemacht, dass es keinen Aufstand geben soll.«
    Sadoq nickte. »Er hat uns geschadet.«
    »Er hat uns verraten«, beharrte Menahem. »Er hat sich unserer Kontrolle völlig entzogen.«
    »Was schlägst du vor? Soll ich mit ihm reden?«
    »Das hat keinen Sinn, Sadoq. Kephallion ist schon lange keinen Argumenten mehr zugänglich. Er glaubt fest daran, dass du der verheißene Messias bist, fester als du selbst. In seinem Wahn wird er jeden deiner Befehle missachten, weil er denkt, dass es seine Aufgabe als Paladin ist, deine Hände sauber zu halten und seine eigenen für den Dienst an dir in Blut zu tauchen.«
    »Das ist doch verrückt«, sagte Sadoq.
    »Das ist Kephallion, dein Zögling.«
    Sadoq blickte auf. Seine Augen waren schon lange matt und von tiefen Falten umgeben, aber gelegentlich konnten sie noch aufblitzen. »Warum betonst du, dass er mein Zögling ist?«
    »Weil ich von Anfang an gegen ihn war.«
    »Du hast ihm immer schon alles geneidet.«
    »Das ist nicht wahr.«
    »Er reißt die Menschen mit, er hat Visionen, er bringt Ideen voran, er kann die Fäuste ballen und zuschlagen …«
    »Oh ja«, platzte Berenike dazwischen. »Das kann er: zuschlagen.«
    Sadoq senkte seinen Blick. Natürlich ahnte er, was Kephallion seiner Frau antat. »In solche Dinge darf sich niemand einmischen«, sagte er kleinlaut.
    »Doch«, widersprach Menahem, »ich mische mich ein. Ich werde nicht länger zusehen, wie dieser Mann alles pervertiert, wofür wir stehen. Wir sind keine Ungeheuer, Sadoq. Wir töten keine Kinder oder schicken sie mit Steinen gegen waffenstrotzende Legionäre. Wir schlachten keine Griechen hinterrücks ab, nur weil sie einen anderen Glauben haben. Wir prügeln auch nicht unsere Frauen halb tot. Das alles tun wir nicht, aber er tut es. In unserem Namen! Ich werde nicht länger dafür einstehen. Mein Name ist mir noch etwas wert. Wenn du nicht auf Kephallion verzichten willst, musst du eben auf mich verzichten.«
    Sadoq erschrak. »Menahem«, rief er und fasste seinen Freund an den Schultern. »Menahem, das kannst du nicht ernst meinen. Wir sind Kameraden von Kindheit an, wir haben zusammen unsere Freunde sterben sehen, haben Ideen geteilt, innerste

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