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Die Schleier der Salome - Walz, E: Schleier der Salome

Die Schleier der Salome - Walz, E: Schleier der Salome

Titel: Die Schleier der Salome - Walz, E: Schleier der Salome Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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Agrippa dieses Leuchtfeuer, ob es uns beiden gefällt oder nicht. Judäa wird Kopf stehen vor Freude über den neuen König. Darin liegt, wie ich dir sicher nicht erklären muss, eine unglaubliche Gelegenheit, ebenso wie eine unglaubliche Gefahr. Das Pendel kann in die eine oder die andere Richtung ausschlagen. Alles hängt von Agrippa ab, und wir beide wissen, was für ein Charakter er ist: verspielt, oberflächlich, verführbar … Oh, er ist kein schlechter Mensch, nein, doch er ist geprägt von allem, was Rom ausmacht. Er braucht eine Hand, mein Kind, die ihn führt, und Augen, die für ihn sehen.«
    Efraim sah ihr tief in die Augen, als er sagte: »Er hat Angst, Salome. Angst bis in die letzte Faser seines Körpers. Zu wem ist er in diesem Zustand gegangen, um Hilfe zu suchen?«
    »Zu mir und zu dir.«
    Efraim blinzelte zustimmend. »In dieser Reihenfolge. Zuerst zu dir und dann erst zu mir. Ein Gefühl sagt ihm, dass du ihm besser helfen kannst, als es mir oder einem anderen je möglich wäre. Du darfst ihn nicht abweisen. Es ist deine Pflicht als Jüdin, als Prinzessin und als ehemalige Fürstin, ihm zu helfen, wo es geht.«
    Für Salome war es eine Entscheidung von großer Tragweite. In Rom schien sich unter Claudius Erleichterung breit zu machen. Die Furcht wich. Das alte Rom, hungrig und vergnügungssüchtig, erwachte zu neuem Leben. Eine Zukunft in Judäa dagegen war voller Unwägbarkeiten – die Erfahrungen früherer Tage waren ihr noch gut in Erinnerung. Aber Rabban Efraim hatte Recht: Ein König konnte das Land verändern, ihm neuen Schwung verleihen und es mit Zuversicht in eine neue Zeit führen, falls er die richtigen Entscheidungen traf. Sie allein kannte sowohl Judäa wie auch Agrippa, und Agrippa war ihre letzte Hoffnung, aus dem alten Judäa einen modernen Staat zu machen. Dieses Ziel hatte sie sich schon als Kind gesetzt und als Fürstin von Ashdod und Basan weiter betrieben, dann hatte sie es aus den Augen verloren. Jetzt ergab sich eine neue Gelegenheit.
    Gilead tat ein Übriges. Er konnte sich ein Leben in Rom ohne Agrippinos nicht vorstellen, und selbst Berenike brannte darauf, ins Gelobte Land zurückzukehren, seit sie von Menahem erfahren hatte, dass Kephallion seit Jahren nicht gesehen worden war.
    Nach einer schlaflosen Nacht sagte Salome Agrippa schließlich zu.
     
    Am Tag vor seiner Abreise gab Agrippa doch noch ein letztes Fest, bei dem alle Freunde und Weggefährten auf sein Wohl anstießen. Noch einmal entfaltete er den Luxus, den er von Kindheit an in Rom genossen hatte, er scherzte, trank und warf Münzen unter die Gäste. Alternde Dirnen, deren Kunde er vor vielen Jahren gewesen sein mochte, saßen auf seinem Schoß und küssten ihn unter Tränen, denn sie hatten ihn lieb gewonnen. Erst bei Morgengrauen endete Agrippas letzte Feier in der Stadt, die er kannte und liebte.
     
    Salome hingegen fiel der Abschied leichter, als sie dachte. Die meisten Menschen, an denen sie innig hing, begleiteten sie nach Judäa – mit zwei Ausnahmen.
    Am Vormittag der Abfahrt traf sie sich zum Abschied mit Aristobul. Er war in den vergangenen Monaten zu einem festen Bestandteil ihres Lebens geworden, hatte sie täglich in ihrem Haus besucht oder zusammen mit Berenike und Gilead auf Ausflügen begleitet. Er war kein Mann großer Worte, kein rastloser Abenteurer oder starker Held, aber er war auf eine gelassene Art mutig, großherzig – und sogar zärtlich.
    Genau das war das Problem.
    »Ich werde Judäa wohl bald einen Besuch abstatten«, sagte er, als sie nebeneinander in den Gärten des Palatin spazieren gingen. Claudius hatte beide eingeladen, die Tage vor ihrer Abfahrt im Kaiserpalast zu wohnen.
    »Staatsgeschäfte?«, fragte sie.
    Er verneinte. »Um dich wiederzusehen.«
    Sie sah ihm in die ruhigen Augen. Ein seltsames Gefühl stieg in ihr hoch. Sie mochte Aristobul, doch sie hatte ihn stets auf Distanz gehalten; seine Zurückhaltung hatte ihr dies leicht gemacht. Jetzt bekannte er sich zu ihr, und plötzlich spürte sie Furcht. Unwillkürlich griff sie nach der Kette, die Timon gehört hatte, und hielt sich an ihr fest, so dass Aristobul es sehen konnte.
    »Würdest du dich freuen?«, fragte er, obwohl er die Bedeutung der Kette kannte.
    »Gewiss«, antwortete sie sachlich. »Ein bekanntes Gesicht ist immer willkommen.«
    Er berührte sie an der Schulter. »Was ich meine, ist …«
    »Auch Agrippa und Berenike würden dich gerne begrüßen«, unterbrach sie ihn.
    Aristobul schluckte. Er

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