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Die Schleier der Salome - Walz, E: Schleier der Salome

Die Schleier der Salome - Walz, E: Schleier der Salome

Titel: Die Schleier der Salome - Walz, E: Schleier der Salome Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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begeht einen Fehler nach dem anderen. Die Priester mögen ihn nicht wegen seiner Angst vor den populären Pharisäern, die im Volk gegen ihn predigen, das Volk wiederum hasst ihn wegen seiner unnötigen Grausamkeit während des Aufstands. Er biedert sich bei den Griechen an, die ihn dafür nur verabscheuen, und die Soldaten nehmen ihn nicht ernster als ein dreijähriges Kind.«
    »Nicht zu vergessen sein Geiz«, fügte Livia hinzu. »Von deinem Bruder war Augustus gewöhnt, zu jedem Geburtstag und zu den höchsten römischen Feiertagen Geschenke zu bekommen: Pferde, Schmuck, einen goldenen Harnisch, persische Sklaven für die Arena … Doch von Archelaos kommt nichts.«
    »Ich wäre eine wesentlich bessere Herrscherin. Und großzügiger.«
    Livia lächelte verständnisvoll, beugte sich vor und tätschelte Akmes Hand. »Das weiß ich doch, meine Liebe. Augustus mag deinen dummen Neffen auch nicht. Was ihm noch fehlt, Archelaos abzusetzen, ist ein wichtiger politischer Grund, und zwar einer, der auch die römischen Interessen berührt. Wenn er beispielsweise unseren Einfluss in der Region in Gefahr sähe, wenn das Gleichgewicht der Kräfte aus den Fugen geriete, wenn Unruhen euer Land erfassten …«
    Akme dachte nach. So etwas müsste sich doch irgendwie machen lassen. Wie könnte eine solche Situation eintreten? Und wen könnte sie dafür benützen? Namen, Volksgruppen und Sekten purzelten ihr wild durch den Kopf. Sie setzte sie zueinander in Beziehung, suchte nach Konflikten, entwarf Szenarien und verwarf diese wieder.
    Sie grübelte noch, als Livia hinzufügte: »Doch selbst, wenn Archelaos fällt …« Livias Blick suchte den Weinkelch, den sie vorhin stehen lassen hatte. Langsam erhob sie sich, holte ihn und schlenderte wieder zurück. Akme hatte den Eindruck, dass Livia nur Zeit gewinnen wollte, um ihre Worte sorgfältig zu wählen.
    Livia nippte kurz an dem Wein, dann sagte sie: »Du bist nicht die Einzige, die den Thron Judäas besteigen möchte, meine Liebe. Dein Neffe Antipas buhlt schon seit Jahren um Augustus’ Gunst. Er schickt ganze Schiffsladungen an Geschenken und besticht einige Berater meines Gemahls, damit sie in seinem Sinn auf ihn einreden. Wenn es tatsächlich zu einem Machtwechsel in Judäa kommt, könnte es sein, dass du nicht davon profitierst, meine Liebe.«
    Akme sah Livia tief in die glitzernden Augen. Die Römerin, das wusste sie, sagte nichts ohne einen Hintergedanken. Warum brachte sie mit einem Mal Antipas ins Spiel? Natürlich war Akme nicht entgangen, dass dieser Kratzfuß Leute aus der Umgebung des Augustus kaufte, aber die hatten wenig Einfluss im Vergleich zu dem, über den Livia verfügte. Ihre Freundin war der beste Trumpf, und darüber war sie sich auch völlig im Klaren.
    Sie will etwas von dir, kam es Akme plötzlich in den Sinn. Du besitzt etwas, das sie haben will. Sie will, dass du sie bestichst, ohne dass es wie eine Bestechung aussieht. Sie will ein Geschenk! Mit etwas Wein war es wohl nicht getan. Denk nach, Akme! Was kann sie gebrauchen? Sie hat Geld, sie hat Macht. Und sie hat Tiberius, ihren Sohn, der von Augustus in Ermangelung anderer Erben adoptiert worden war. Munkelte man nicht, dass einige Mitglieder des Senats nach Augustus’ Tod die Republik wiederherstellen wollen, dass einige Truppenteile lieber den jungen Germanicus, den Großneffen des Augustus, als Imperator sehen würden? Tiberius – und Livia mit ihm – stehen auf tönernen Füßen.
    »Weißt du, Livia, ich habe mir überlegt, dir für den Fall, dass ich den judäischen Thron besteige, die Stadt Jebna zu überlassen. Kräftige Weiden, einige Bodenschätze, und Jebna besitzt einen Kriegshafen. Auch die dortige Garnison wäre inbegriffen, immerhin dreihundert Mann, und die günstige strategische Lage nicht zu vergessen: Ägypten und Syrien, eure reichsten Provinzen, sind nur wenige Tagesmärsche entfernt. Was sagst du dazu?«
    Livia faltete beide Hände vor der Brust. »Ich bin wahrhaft gerührt«, sagte sie. »Das ist eine entzückende Idee, meine Liebe, und ich nehme dankbar an.«
    Akme grinste in ihren Weinkelch hinein, doch zu früh, wie sich sogleich zeigte.
    »Da wäre nur noch ein kleines Problem, meine Liebe.« Livia goss sich ein wenig von dem Wein nach, obwohl ihr Kelch noch gefüllt war. Wieder ahnte Akme, dass Livia nur Zeit gewinnen wollte, um eine heikle Bitte zu formulieren.
    »Sieh mal, wir kennen uns nun schon so viele Jahre«, begann sie. »Was haben wir nicht alles durchgemacht, wie

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