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Die Schleier der Salome - Walz, E: Schleier der Salome

Die Schleier der Salome - Walz, E: Schleier der Salome

Titel: Die Schleier der Salome - Walz, E: Schleier der Salome Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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und fuhr nicht weniger garstig fort: »Du bist ein Unglücksrabe und Dummkopf, Archelaos. Jeder spielt sein Spiel mit dir, und du merkst es erst, wenn es vorbei ist.«
    Er war von ihrem Tonfall überrascht. »Ich verstehe nicht, Tante.«
    »Das wundert mich nicht. Wie gefällt es dir eigentlich in den Pyrenäen, hm?«
    Archelaos blickte zunehmend verwirrt. »Pyrenäen? Wie soll ich das wissen? Ich war noch nie dort.«
    »Nun, das wird sich bald ändern. Du wirst nämlich den Rest deines Lebens dort verbringen, und zwar in einem Ort mit dem hübschen Namen … Oh weh, jetzt hab ich’s vergessen. Kein Wunder, ist ja auch ein kleines, was sage ich, ein winziges Fleckchen Erde. Ja, mein lieber Neffe. Augustus hat dich abgesetzt und wird eine Neuordnung vornehmen. Sobald die Unruheherde in Judäa ausgemerzt sind, wird Augustus mich zur Königin Judäas erheben. Du hast richtig gehört. Zur Königin. Und du kannst dich in den Pyrenäen ausgiebig selbst bemitleiden. Du musst mir unbedingt schreiben, wie du die Kälte dort erträgst.«
    Archelaos wurde zuerst blass, dann rot. »Dahinter steckst du, du bösartige …«
    Sie kniff ihm in die Wange. »Was für ein schlaues Kerlchen du doch sein kannst, wenn du dich nur ein bisschen anstrengst. Ja, in der Tat, ich habe mich mit deiner Tollpatschigkeit verbündet und dich aus dem Feld geschlagen. Vor Jahren nahm ich dir deinen einzigen Freund und Berater, der etwas taugte, ich ließ deine dir treu ergebenen Untertanen niedermetzeln, und schließlich … Na, ich will mal nicht zu viel verraten, damit dir in deinem langweiligen Exil noch etwas zum Grübeln bleibt.«
    »Ich habe es immer gewusst. Du hast Nikolaos umbringen lassen, hast dich mit dieser falschen Schlange Livia verbündet …«
    »Sie lässt dich übrigens schön grüßen.«
    »Miststück!« Er riss an ihrem Kleid und packte sie am Hals. Zwei abseits stehende römische Legionäre kamen ihr zu Hilfe. Vergeblich zappelte der schmächtige Archelaos in den Armen der Soldaten.
    »Führt ihn ab«, befahl sie. »Bringt ihn zu jenem Ort, den Augustus euch aufgetragen hat.«
    Während sie Archelaos über die Mole zerrten, stieß er einen Fluch nach dem anderen aus. »Das wirst du bereuen, Akme. An deiner eigenen Gemeinheit wirst du zu Grunde gehen. Der Rächer, der dir den Todesstoß gibt, ist schon ganz in deiner Nähe.«
    Seine Stimme verebbte im Geschrei der Möwen, und bald war er nicht mehr zu sehen, nur seine letzten Worte vom Rächer hallten in ihr nach. Sie nahm sich vor, wachsamer zu sein denn je, und mit dem Gefühl des Argwohns, aber auch dem des Triumphs bestieg sie ihr Schiff.
     
    Die Blumen in Ashdods Gärten verblassten. Der Flieder verlor seine Blüten, und das Grün der Granatapfelbäume büßte seine Frische ein. Träge hing die Luft über den aufgewärmten Teichen. Die Vögel sangen nur noch selten, und die Grillen, die noch vor wenigen Wochen hinter jedem Grashalm zirpten, waren völlig verstummt. Das war der Monat Elul, der Monat, in dem der Sommer leise ging.
    Zwei junge Menschen lagen auf dem trockenen Gras und kicherten wie im Frühling in die Stille hinein.
    »Ich werde nie den Blick des Kellermeisters vergessen«, lachte Salome, »als du behauptet hast, eigens aus Athen gekommen zu sein, um eine Probe judäischen Weines zur Verkostung dorthin zu bringen.«
    »Er hat’s nicht geglaubt.«
    »Hätte ich auch nicht.«
    »Was soll’s? Wichtig dabei war ja nur, dass du hinter seinem Rücken zwei Schläuche stehlen konntest, während ich ihn ablenkte.«
    Beide wälzten sich vor Lachen im Gras, und Salome trank noch einen Schluck aus ihrem Weinschlauch.
    »He«, rief Timon, »nicht so schnell. Das ist süßer zyprischer commandaria , ein Verführer, der es mächtig in sich hat.«
    Salome schloss die Augen. »Zypern. Dort, wo die Liebesgöttin ihren Ursprung hat. War es nicht so?«
    Sie neigte sich zu Timon und fuhr mit ihrer Hand über seine Narbe, von der Brust bis zum Bauchnabel. Sie fühlte sich so unbeschwert wie noch nie. Das Blut rauschte heiß in ihren Adern, das Leben war wunderbar. Sie liebte und wurde geliebt, sie war schön, und sie war bald eine Fürstin. Alles veränderte sich zum Guten.
    Sie führte erneut den Schlauch an ihre Lippen und trank einen Schluck.
    »Vorsicht, sagte ich«, rief Timon. »Halt! Du bist Wein nicht gewöhnt.«
    Sie setzte den Schlauch ab. »Na, irgendwann muss man mit dem Gewöhnen doch mal anfangen.«
    Ihrer beider Gelächter war so laut, dass es zwei neugierige Enten

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