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Die schlimmsten Dinge passieren immer am Morgen

Die schlimmsten Dinge passieren immer am Morgen

Titel: Die schlimmsten Dinge passieren immer am Morgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Brenner
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sein Gesicht. »Sie meint, ein bisschen Nonchalance täte mir gut. Sie ist etwas unzufrieden deshalb.«
    »Das tut mir leid«, sagte Schmalenbach. Auch Elke war nicht immer zufrieden mit ihm, und er wusste, was es hieß, eine unzufriedene Frau an seiner Seite zu haben.
    »Wie ist es Ihnen in all den Jahren ergangen?« Der späte Besucher schloss die Augen und rechnete still nach. »Lassen Sie mich nachdenken: Es dürften an die 23 1 / 2 Jahre her sein, dass unsere Lebenswege sich gekreuzt haben.«
    »23 1 / 2 Jahre? Das haben Sie noch so exakt im Kopf?«
    Der Herr straffte sich. Er schien besonders stolz auf sein Erinnerungsvermögen zu sein. »Gudrun sagt immer, ich würde mich an jeden Furz erinnern.«
    »Wie bitte?«
    Der Herr hob die Schultern. »Sie wissen ja, sie ist nicht gerade wählerisch in ihrer Ausdrucksweise, auch wenn sie sonst ein ganz liebenswerter Mensch ist. Sie mag zum Beispiel Haustiere. Wir haben einen Hamster. Unser Dackel ist letztes Jahr gestorben. Sie werden nicht erraten, \vie er hieß …«
    Schmalenbach wurde die Angelegenheit lästig. »Es ist spät, und ich muss früh raus.«
    »Kein Thema. Aber unser Dackel trug Ihren Namen. Gudrun nannte ihn Schmalenbach. Sie glauben nicht, was das für einen Zoff gab. Ich habe mich mit Händen und Füßen dagegen gewehrt. Das werden Sie doch verstehen, oder?«
    Schmalenbach überlegte, wie er den schwatzhaften Kerl loswerden konnte. Manchmal half nur noch ein hartes, aber deutliches Wort.
    »Gudrun hat sich letzten Endes durchgesetzt.« Kafka seufzte. »Wie sie sich meistens durchsetzt. Sie ist einfach ein starker Charakter. Aber wem sage ich das?«
    Schmalenbach trat einen Schritt zurück, um die Tür zu schließen.
    Herr Kafka fuhr unbeirrt fort. »Ständig hetzte sie das Tier gegen mich auf: Schmalenbach, schau ihn dir an, den Erbsenzähler, den Kleinkrämer und Pfennigfuchser!«
    Eine Tür wurde aufgerissen, und jemand schrie: »Ruhe da oben, oder ich hole mein Jagdgewehr!«
    Schmalenbach wurde eindringlich: »Würden Sie jetzt bitten gehen, Herr Kafka!«
    »Kein Thema. Hören Sie mich vorher kurz an. Ich bringe Ihnen das Glück ins Haus.«
    Jetzt verstand Schmalenbach. »Lotterie? Bedauere, ich spiele nicht. Aus weltanschaulichen Gründen.«
    Der Mann schmunzelte. »Kein Thema. Es geht nicht um Geld. Ich bin ein ganz und gar unmaterialistischer Mensch. Natürlich wirft Gudrun mir das vor …«
    »Natürlich«, sagte Schmalenbach genervt.
    »Seit Jahren heißt es, Schmalenbach verdient sicher das Doppelte. Dabei stehe ich gar nicht schlecht da als Gerichtsvollzieher …«
    Das war’s. Schmalenbach hatte wieder mal vergessen, eine Rechnung zu bezahlen. Je älter er wurde, desto öfter passierte ihm das. Jetzt schickten sie ihm schon den Gerichtsvollzieher ins Haus.
    »Kommen Sie herein!«, sagte Schmalenbach. »Es handelt sich um ein Versehen.«
    Er führte Kafka ins Wohnzimmer. »Ehrlich: Ich drücke mich nicht vor meinen Schulden.«
    Herr Kafka machte eine abwehrende Bewegung. »Kein Thema. Es geht schließlich um große Gefühle und um unser aller Glück. Gudrun sagt, es bleibt uns nur dieser Weg.« Er schniefte. »Und ich akzeptiere das – auch wenn es schrecklich wehtut.«
    Also ging es nicht um Geld. »Will Ihre Frau Sie verlassen?«, fragte Schmalenbach.
    »Sie sagt, sie hält es nicht mehr aus an meiner Seite. Sie kann meine Gewohnheiten nicht mehr ertragen. Angeblich sage ich ständig ›Kein Thema‹. Verrückt, was?«
    »Tja, wenn Beziehungen auseinander brechen, werden Kleinigkeiten zu Felsbrocken.«
    »Das haben Sie schön gesagt, Herr Schmalenbach. Gudrun schwärmt immer von Ihrer poetischen Art. Wissen Sie was: Sie mag Sie noch immer. Nach fünfundzwanzig Jahren an meiner Seite …«
    »Dreiundzwanzigeinhalb«, korrigierte Schmalenbach.
    Kafka klatschte in die Hände. »Jetzt müsste Gudrun hier sein. Von wegen, ich wäre ein Erbsenzähler. Ich sage es ihr seit Jahren: Schmalenbach ist auch nur ein Mensch, aber sie glaubt es nicht. Für Gudrun sind Sie so was wie ein Gott.«
    »Frauen übertreiben manchmal ein wenig«, sagte Schmalenbach bescheiden. »Aber was mich die ganze Zeit schon interessiert: Woher kennt Ihre Gudrun mich?«
    Robert Kafka riss erschrocken die Augen auf. »Kann das sein? Kann es sein, dass Sie sie vergessen haben?« Zorn schwang in seiner Stimme. »Eine Gudrun vergisst man doch nicht! Auch nicht nach dreiundzwanzigeinhalb Jahren. Sie waren mit ihr auf dem legendären Pink-Floyd-Konzert. Sie schwärmt heute

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