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Die schlimmsten Dinge passieren immer am Morgen

Die schlimmsten Dinge passieren immer am Morgen

Titel: Die schlimmsten Dinge passieren immer am Morgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Brenner
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Tag ging er in der Mittagspause zu dem Bahnhofskiosk, an dem Germersheimer recherchierte. Er lud den Literaten zu einem Cola-Cognac ein, dessen Lieblingsgetränk, das er sich selten leisten konnte. Germersheimer war wie immer redselig, aber Schmalenbach ließ ihn gar nicht erst warm laufen. »Wie geht’s eigentlich deiner Gattin?«, fragte er.
    »Sie sagt, sie gibt mir noch ein halbes Jahr, dann muss ein Roman von mir Tantiemen abwerfen – oder ich kann im Winter in der Nachbarschaft Schnee schippen«, antwortete Germersheimer.
    Damit konnte Schmalenbach sich nicht aufhalten. »Und wie klappt’s so sexuell mit euch beiden?«
    Germersheimer wurde bleich. »Hat Pfeifenberger etwas weitererzählt?«
    »Pfeifenberger erzählt alles weiter, das musst du dir mal merken. Aber keine Sorge, ich schweige wie ein Grab – zumal ich in der gleichen Notlage bin. Germersheimer, dir traue ich. Hilf mir! Was hast du getan, damit deine Frau wieder einen Orgasmus bekommt?«
    Germersheimer schaute ihn lange schweigend an. Dann sagte er tonlos: »Nichts!«
    »Nichts?«
    »Genau. Nichts! Ich mag als Literat vielleicht nicht unbedingt erfolgreich sein, ich bin nicht einmal in der Lage, für meinen Unterhalt selbst zu sorgen, und niemand nimmt mich ernst, nicht einmal meine Gattin, aber die ist Lehrerin und behandelt sogar ihren Vater wie einen missratenen Grundschüler. Doch eines kommt für mich niemals in Frage: Ich lasse mich nicht auch noch im Bett unter Leistungsdruck setzen! Basta.«
    Schmalenbach stand der Mund offen. Er spendierte noch zwei Cola-Cognac, dann umarmte er Germersheimer, dankte ihm und verabschiedete sich.
    Abends setzte sich Schmalenbach mit sechs Dosen Bier vor den Fernseher. Er hatte sich ein schmutziges Video ausgeliehen, und jeden Moment konnte der Pizza-Bote mit der Doppelportion Carbonara kommen.
    Elke manikürte sich die Fußnägel, telefonierte mit drei Freundinnen und stellte Duftkerzen auf. Dann las sie in ihrem Buch (Titel siehe oben), machte ein paar Yogaübungen und verkündete nach den Tagesthemen gähnend, sie gehe jetzt zu Bett.
    Schmalenbach winkte ihr mit der Gabel zu und machte sich über die zweite Portion Carbonara her.
    »Kann ich noch was für dich tun?«, fragte Elke.
    »Nach so viel Fett tut mir ein Schnäpschen gut«, antwortete Schmalenbach gut gelaunt.
    Sie schenkte ihm einen Obstler ein. Schmalenbach bedankte sich und schaltete auf den Videokanal.
    »Ich geh dann«, sagte Elke.
    »Gute Naaacht«, leierte Schmalenbach.
    Elke nahm wieder Platz. Auch sie schenkte sich einen Obstler ein. Schmalenbach schaltete auf langsamen Vorlauf.
    »Ich habe seit vierzehn Tagen keinen Orgasmus mehr gehabt«, sagte Elke hart.
    »Ich weiß«, sagte Schmalenbach. »Möchtest du auch Rückkehr der Killertomaten sehen?«
    »Nein!!« Elke stand auf und ging.
    Schmalenbachs Carbonara war kalt geworden, aber er fühlte sich prima.
     
    Es war schon spät, als er zu Bett ging. Elke schnarchte. Kaum hatte er sich hingelegt, sagte Elke: »Und?«
    »Die Killertomaten haben gewonnen.«
    »Nimm mich!«
    »Jetzt?«
    »Wann sonst?«
    »Danach bist du wieder so niedergeschlagen. Und ich möchte nicht, dass du dich quälst … Aber mach dir keinen Kopf deswegen!«
    Elke heulte ein wenig. Dann sagte sie: »Tu’s!« Und Schmalenbach tat es.
    Am nächsten Morgen rief er Pfeifenberger an. Sie redeten lange über den neuen Golf. »Und sonst?«, fragte Pfeifenberger zum Schluss.
    »Alles super«, sagte Schmalenbach.

Kein Thema
     
    Eines Abends klingelte es. Als Schmalenbach öffnete, stand ein distinguierter Herr im braunen Wildledermantel vor der Tür. Er stellte sich als Robert Kafka vor. »Sie kennen mich nicht mehr, was?«
    »Wenn Sie mir eine Versicherung verkaufen wollen, ist das nicht der richtige Weg«, sagte Schmalenbach.
    Robert Kafka lachte laut und sagte: »Es ist schon ein paar Jahre her. Wir beide konnten uns nicht riechen. Ich hoffe sehr, Sie sind mir nicht gram, Herr Schmalenbach.«
    Schmalenbach wusste nicht, wieso.
    »Ich habe all die Jahre oft an Sie gedacht. Es war doch trotz allem eine schöne Zeit.« Der Herr im Wildledermantel bekam einen sentimentalen Zug um die Mundwinkel.
    »Könnte es sein«, fragte Schmalenbach vorsichtig, »dass Sie sich im Stockwerk geirrt haben? Oder gar im Haus oder der Straße?«
    Der Herr warf einen Blick auf das Klingelschild. »Kein Thema. Schmalenbach, steht doch hier. Wo ich doch immer so gewissenhaft bin. Sagt jedenfalls Gudrun.« Ein dunkler Schatten huschte über

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