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Die Schlucht

Titel: Die Schlucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Forbes
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Shipton stellte sich mit verschränkten Armen in den Türrahmen. Dann fing sie an zu wettern.
    »Wenn Sie lieber kalt zu Abend essen möchten, können Sie Ihren kleinen Plausch von mir aus gern weiter fortsetzen. Sollten Sie hingegen Wert auf etwas Warmes legen, müssten Sie sich in fünf Minuten im Esszimmer einfinden.«
    Bullerton stemmte sich aus seinem Sessel und führte Tweed ins Speisezimmer, in dem ein wunderschöner Kronleuchter brannte. Während des Essens sagte Lord Bullerton nichts, was Tweed gerade recht war. So konnte er die exzellenten Speisen besser genießen. Er wartete bis nach dem letzten Gang, bevor er wieder das Wort ergriff.
    »Ich hatte mich schon gefragt, ob Sie vielleicht auch Neville Guile zum Abendessen einladen würden«, sagte er, während er einen Schluck von dem ausgezeichneten Bordeaux nahm, den ihnen Mrs Shipton als letzten Wein eingeschenkt hatte.
    »Neville wollte unbedingt nach London zurück. Das Landleben entspricht nun mal nicht seinen Bedürfnissen, es langweilt ihn zu sehr. Wie die Stadtmenschen eben so sind.«
    »Mögen Sie ihn? Er scheint in seinem Leben viel erreicht zu haben.«
    »Ich halte ihn für einen Gauner, aber das sind viele andere erfolgreiche Geschäftsleute auch. Man kann sich seine Partner oft nicht aussuchen.«
    »Ich kenne eine ganze Reihe von erfolgreichen Geschäftsleuten, die durchaus seriös sind«, korrigierte ihn Tweed.
    »Neville fällt aber nicht in diese Kategorie.«
    »Dürfte ich Sie vielleicht fragen, welcher Art Ihre Geschäftsbeziehungen zu Mr Guile sind?«
    »Es tut mir leid, das ist streng vertraulich. Aber ich kann Ihnen versichern, dass sie nichts mit diesen schrecklichen Morden zu tun haben.« Er hielt verlegen inne. »Eines kann ich Ihnen über Neville allerdings sagen: Vorhin hatte er schon einiges an Brandy intus, weshalb seine Zunge etwas locker wurde. Und da hat er mir erzählt, dass er zurück zum Finden Square muss, um dort einmal gehörig aufzuräumen. Dann wollte er hinüber nach Noak Island fliegen.« Er buchstabierte den Namen der Insel. »Dorthin zieht er sich immer zurück, wenn er etwas Ruhe braucht und ausspannen will. Seltsamer Name für eine Insel, nicht wahr? Hört sich an wie die Arche Noah. Sie muss wohl irgendwo draußen im Golfstrom liegen und weder der englischen noch der französischen Rechtsprechung unterliegen. Deshalb fühlt er sich vermutlich so wohl dort.«
    »Ich glaube, ich muss jetzt langsam gehen«, sagte Tweed. »Vielen Dank für das vorzügliche Abendessen. Im Ritz in London kann man nicht besser speisen.«
    Er trank sein Glas aus und schob seinen Stuhl zurück.
    »Ich vermute«, bemerkte Bullerton, als er auf die Tür zuging, »dass Sie auch an den Ermittlungen im Mordfall Trent beteiligt sind. Nachdem er bereits meine beiden Töchter auf dem Gewissen hat, scheint der Serienkiller sein Unwesen nun auch in Hobartshire zu treiben. Das ist nicht gerade ein beruhigender Gedanke.«
    »Aber es ist auch eine Chance«, erwiderte Tweed. »Mein Instinkt und meine Erfahrung sagen mir, dass wir ganz dringend das Motiv für die Morde finden müssen. Wenn ich das kenne, kann ich Ihnen auch sagen, wer der Mörder ist.«

15
    Am nächsten Morgen meldete sich Paula sorgfältig gekleidet, aber nervös mit dem verabredeten Kopfzeichen an Tweeds Tür. Tweed trug ein Sportjackett und graue Hosen und winkte sie mit einem Lächeln herein. Ihm fiel sofort auf, dass sie ungewöhnlich besorgt aussah.
    »Kommen Sie herein und nehmen Sie Platz«, begrüßte er sie gut gelaunt.
    Sie setzte sich auf einen Stuhl und presste die Knie fest aneinander. Sie saß kerzengerade da und sprach sehr leise.
    »Ich muss Ihnen etwas sagen, was Ihnen vermutlich nicht gefallen wird.«
    »Wollen Sie vorher vielleicht einen Kaffee?«
    Er goss ihr eine Tasse Kaffee ein und stellte sie ihr taktvoll auf einen kleinen Tisch neben dem Stuhl. Als sie die Tasse an den Mund führte, bemerkte er, wie ihre Hände zitterten.
    »Vielleicht sollten wir unser Frühstück heute auf dem Zimmer einnehmen«, sagte Tweed und griff nach dem Telefon. »Ich lasse es augenblicklich heraufbringen.«
    »Aber was soll denn der Wirt denken, wenn ich schon so früh in Ihrem Zimmer bin?«, fragte sie.
    »Mr Bowling führt dieses Hotel schon seit geraumer Zeit. Er hat sicher schon des Öfteren einer Dame und einem Herrn gemeinsam das Frühstück serviert. Das ist ganz normal.«
    Tweed bestellte ein großes Frühstück für zwei Personen: Tee, Kaffee, Toast - weißen und

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