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Die Schlucht

Titel: Die Schlucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Forbes
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sah, war er noch wesentlich entsetzter als kurz zuvor Lance. Er neigte seinen großen Kopf nach vorn und fing an, quer durch den Raum zu stolpern, als hätte er seinen Gleichgewichtssinn komplett verloren.
    Tweed packte ihn an einem Arm, doch Bullerton riss sich los und ließ sich, alle viere von sich streckend, rückwärts in einen Sessel fallen.
    »Einen großen Scotch, um Himmels willen!«, krächzte er mit heiserer Stimme.
    Tweed hastete hinüber zur Bar, schnappte sich eine Flasche mit dem teuersten Scotch und schenkte ein großes Wasserglas voll. Als er es Lord Bullerton in die zitternden Hände gab, trank dieser die Hälfte davon in einem Zug aus.
    »Das eine ist Petra«, murmelte er, »das andere Nancy. Wo sind sie?« Er stürzte den Rest seines Whiskys hinunter.
    »In London.« Tweed machte eine kurze Pause. »Aber ich muss Ihnen leider eine traurige Nachricht überbringen.«
    »Sie Bastard!«, brüllte Bullerton. »Wie lange haben Sie diese Bilder schon?«
    »Seit heute früh«, erwiderte Tweed. »Ich musste auf den richtigen Moment warten, um es Ihnen zu sagen.«
    »Heraus mit der Sprache, Mann. Wieso mussten Sie den richtigen Moment abwarten? Was wollen Sie mir sagen, verdammt noch mal?«
    »Ihre Töchter sind beide tot«, sagte Tweed leise. »Sie wurden vor den Häusern ermordet, die sie in London gekauft hatten. Aber das ist noch nicht alles. Ihre Gesichter sind von ihrem Mörder stark verunstaltet worden.«
    »Verunstaltet?« Bullerton zeigte auf die Fotos. Tweed steckte beide wieder in seine Aktentasche. »Aber das sieht man auf den Bildern ja gar nicht.«
    »Die Gesichter sind rekonstruiert worden«, sagte Tweed, ohne auf die Fähigkeiten Hector Humbles näher einzugehen.
    »Das hört sich nach einem Serienmörder an«, sagte Bullerton und hob die Dame auf, die ihm aus der Hand gefallen war. Er streichelte die Spielfigur mit seinen dicken Fingern und sagte dabei leise: »Sie weiß genau, dass ich hinter ihr her bin, diese Dame. Genau so wie gewisse andere Damen in Mayfair. Sie verlangen ein Heidengeld für ihre Gunst, aber das ist immer noch billiger als eine Ehe. Diese Dame hier macht mir da schon größeres Kopfzerbrechen. Sie sollte längst geschlagen sein. Und Sie, Mr Tweed, haben keinen Anstand im Leib. Sie kommen hierher, weil Sie in einem Mordfall ermitteln, aber Sie erachten es lange Zeit nicht für nötig, mir mitzuteilen, dass die Mordopfer meine beiden Töchter sind.«
    »Dafür habe ich meine Gründe«, antwortete Tweed ruhig. »Und ich glaube nicht, dass es sich bei dem Mörder um einen Serientäter handelt …«
    »Dann wissen Sie offensichtlich noch nicht, dass heute Nachmittag ein Mann namens Hartland Trent, der hier in Gunners Gorge oberhalb der High Street lebt - oder vielmehr lebte -, von einem unbekannten Täter erstochen wurde. Offenbar die Tat eines Irren. Aber wenn man es genau betrachtet, dann gibt es hier in der Gegend eigentlich nur Irre.«
    Tweed ließ ihn reden. Er wusste, dass ein Mensch, der unter Schock stand, oft die absurdesten Dinge sagte.
    »Vor ein paar Jahren hatten wir mal einen Verrückten hier, der sich nördlich des Lyne einen Bauernhof gekauft und einen Zoo daraus gemacht hat! Er hatte einen riesigen Gorilla, eine Königskobra, einen Tiger und der Himmel weiß, was sonst noch für Viehzeugs. Ach ja, ein Krokodil hatte er auch. Die ganze Gegend hier hatte Angst, dass eines seiner Raubtiere ausbrechen und jemanden töten könnte, deshalb habe ich meine Verbindungen in London spielen lassen und dafür gesorgt, dass dem Spuk ein Ende bereitet wurde. Der Eigentümer war damals natürlich mächtig sauer und hat mir Rache geschworen, aber er hatte keine andere Wahl: Er musste seine Tiere zurück nach Afrika und Indien schicken. Für die alte Mrs Grout war das natürlich ein gefundenes Fressen.«
    »Warum das denn?«
    »Die verrückte Plaudertasche erzählt noch heute eine haarsträubende Geschichte überall herum. Angeblich will sie gesehen haben, wie der Zoobesitzer direkt neben der Brücke in einer mondhellen Nacht mit einem Lastwagen an die Flussböschung fuhr und von der Ladefläche ein kleines Krokodil in den Fluss warf. Die hat sie doch nicht mehr alle.«
    »Wann soll das gewesen sein?«
    »Vor etwa drei Jahren, sagt sie. Aber bestimmt hat sich die alte Schreckschraube das alles bloß eingebildet.«
    »Nach drei Jahren ist ein Krokodil ausgewachsen«, bemerkte Tweed.
    »Vermutlich, wo auch immer es in Indien gerade sein mag …«
    Die Tür ging auf, und Mrs

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