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Die Schlucht

Titel: Die Schlucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Forbes
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Audi auf dem Hotelparkplatz abstellte, bemerkte sie plötzlich, dass sie einen Bärenhunger hatte. Sie zog sich auf ihrem Zimmer um, machte sich frisch und ging dann nach unten zum Abendessen, das sie allein an einem Tisch sitzend zu sich nahm.
    Das Essen war exzellent, und Paula war so hungrig, dass sie in Rekordzeit ein komplettes Drei-Gänge-Menü verspeiste. Als sie wieder auf ihrem Zimmer war, schlüpfte sie noch rasch unter die Dusche und dann ins Bett. Sie war so müde, dass sie fast augenblicklich einschlief. Das Einzige, was sie sich noch fragen konnte, bevor ihr die Augen zufielen, war, wie es Tweed bei seinem Essen mit Lord Bullerton wohl ergangen war.

14
    Gut eine Viertelstunde vor dem vereinbarten Termin hatte sich Tweed von Harry Butler in dessen Fiat nach Hobart House bringen lassen und ihm gesagt, er solle ihn in drei Stunden wieder dort abholen.
    Tweed kam mit Absicht zu früh, um Bullerton ein wenig aus der Fassung zu bringen. Eine elegant gekleidete Mrs Shipton öffnete ihm die Tür. Sie hatte ihr dunkles Haar zu einem strengen Knoten zusammengesteckt, in dem Tweed ein paar blonde Strähnen zu erkennen glaubte. In dem eng anliegenden grünen Kleid, das ihre wohlgeformte Figur betonte, sah sie viel besser aus als bei Tweeds erstem Besuch in Hobart House.
    »Sie sind zu früh dran«, sagte Mrs Shipton, schenkte ihm aber dennoch ein einladendes Lächeln. »Lord Bullerton hat noch zu tun, aber vielleicht können wir beide ja einen kleinen Aperitif in der Bibliothek trinken?«
    Tweed, der von ihrem herzlichen Empfang ebenso erstaunt wie eingenommen war, folgte ihr in die Bibliothek. In dem schummrig beleuchteten Raum ließ er sich auf dem Sofa gleich neben der Tür nieder.
    »Wein?«, fragte Mrs Shipton. »Wir haben roten oder weißen. Oder vielleicht lieber einen Scotch?«
    »Weißwein, bitte.«
    Als sie ihm aus einer bereitstehenden Flasche ein Glas eingoss, musterte Tweed ihr Gesicht im Profil und fragte sich, wo er diese Hakennase schon einmal gesehen hatte. Nachdem sie ein Silbertablett mit den Gläsern auf den Couchtisch vor dem Sofa gestellt hatte, setzte sie sich direkt neben Tweed und erhob ihr Glas.
    »Auf den Erfolg«, sagte sie.
    »Darauf trinke ich gern«, erwiderte Tweed. Er nippte an seinem Wein und stellte das Glas zurück auf den Tisch. »Ich frage mich schon die ganze Zeit, aus welchem Teil der Welt Sie eigentlich kommen«, sagte er in freundlichem Plauderton.
    »Darüber rede ich nie. Ich bin froh, dass ich von dort weg bin.«
    »Haben Sie eine gute Stellung hier?«
    »Ja, auch wenn manchmal nicht alles ganz reibungslos läuft. Lord Bullerton ist nun wahrlich kein einfacher Mann, aber ich sorge schon dafür, dass wir miteinander auskommen. Als seine Frau, Myra, den Wasserfall hinabgestürzt ist, hatte er niemanden, der sich um seinen Haushalt gekümmert hat. Eine Freundin von mir, die inzwischen ins Ausland gegangen ist, hat mir damals den Tipp gegeben. Und dann habe ich mich bei ihm vorgestellt.«
    »Und wie war das Vorstellungsgespräch?«
    »Für ihn schwieriger als für mich.« Sie kicherte leise. »Er sagte, er würde mich fürstlich entlohnen, und ich fragte zurück, was so ein Fürst denn heutzutage verdient.«
    »Und wie hat er darauf reagiert?«
    »Er ist in schallendes Gelächter ausgebrochen und hat mir dann eine Summe angeboten, zu der ich nicht Nein sagen konnte.«
    Tweed stand auf und trat an die Wand neben dem Sofa, an der ein umgedrehtes Bild in einem Goldrahmen hing. Tweed nahm es von seinem Haken und sah es sich an. Das Bild zeigte eine Frau, die dem Betrachter den Rücken zukehrte, an dem zwei große Flügel befestigt waren, und geheimnisvoll lächelnd über ihre Schulter blickte.
    »Ist das Lord Bullertons verstorbene Frau?«, fragte er.
    »Ja.«
    »Mir ist bei meinem letzten Besuch schon aufgefallen, dass das Bild umgedreht an der Wand hängt. Warum?«
    »Damit es nicht so verstaubt.«
    »Verstehe«, sagte Tweed und betrachtete das Profil der Frau auf dem Bild. »Trotzdem finde ich das ziemlich seltsam.«
    »Kann schon sein«, gab Mrs Shipton zurück. »Aber finden Sie es etwa gut, wenn jemand ständig der Vergangenheit nachhängt?«
    »Nein, das finde ich nicht. Aber was sagt denn Lord Bullerton dazu, wenn das Bild seiner Frau verkehrt herum an der Wand hängt?«
    »Der Lord überlässt alle Angelegenheiten, die mit dem Haushalt zu tun haben, ausschließlich mir. Das war eine der Bedingungen, die ich gestellt habe, als ich die Stelle hier angenommen habe. Aber

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