Die Schlucht
Sie, was das sein könnte?«, drängte MacBlade.
»Na ja, wenn ich sie so betrachte, dann sieht sie für mich fast so aus wie Erdöl …«
»Nicht fast«, unterbrach sie Archie. »Das ist Erdöl - von höchster Qualität, nach der sich sämtliche Raffinerien der Welt die Finger lecken würden. Und wissen Sie, wo ich es her habe? Aus dem Black Gorse Moor! Das ist das reinste Eldorado für den Ölsucher. Vergessen Sie Texas, vergessen Sie Norwegen. Meinen Schätzungen zufolge gibt es hier genug Öl, um den gesamten Energiebedarf Großbritanniens für die nächsten einhundert Jahre zu decken. Und das bedeutet, dass Saudi-Arabien und der Rest dieser OPEC -Erpresser uns den Buckel runterrutschen können. Darauf darf man doch mal eine teure Flasche Bordeaux trinken, finden Sie nicht auch?«
25
Nach dem Essen mit Archie MacBlade gingen Paula und Tweed nach draußen zu seinem Wagen. Er setzte sich ans Steuer, ließ aber den Motor nicht an. »Das Moor ist also gar nicht so wertlos, wie wir dachten«, sagte er. »Wenn das stimmt, was MacBlade sagt, dann ist das Öl darunter viele Milliarden wert.«
»Und Neville Guile hat Lord Bullerton nur eine Million Pfund dafür geboten«, sinnierte Paula. »Also musste er verhindern, dass Archie den Lord darüber informiert, was für Schätze unter seinem Land lagern.«
»Genau. Deshalb sollte MacBlade auch in dem Tunnel sterben, in dem Sie ihn dann gefunden haben. Wir fahren jetzt hinaus zu Lord Bullerton. Ich muss unbedingt mit ihm reden.«
»So spät noch?«, protestierte Paula. »Lord Bullerton schläft bestimmt schon.«
»Nein, das glaube ich nicht. Er hat mir selbst erzählt, dass er in der Nacht oft lange aufbleibt und Schach gegen sich selbst spielt.«
Sie sagte kein Wort mehr, bis sie nach Hobart House kamen. Harry Butler saß immer noch in seinem Versteck hinter der Hecke und stattete Tweed Bericht ab, nachdem dieser an sein Wagenfenster geklopft hatte.
»Keine besonderen Vorkommnisse bis jetzt.«
»Umso besser. Aber bleiben Sie trotzdem auf Ihrem Posten. Und seien Sie vor allem wachsam.«
»Das bin ich doch immer!«
Hobart House war hell erleuchtet. Mrs Shipton, die Hut und Mantel trug und gerade weggehen wollte, öffnete ihnen die Tür.
»Was um alles in der Welt wollen Sie denn hier?«, fragte sie. »Um diese Zeit!«
»Wir würden uns gern noch einmal mit Lord Bullerton unterhalten«, antwortete Tweed. »Hoffentlich ist er noch nicht zu Bett gegangen.«
»Er ist in der Bibliothek.«
»Und was ist mit Ihnen?«, fragte Tweed Mrs Shipton. »Wo wollen Sie denn so spät noch hin?«
»Wann soll ich denn sonst eine kleine Spazierfahrt zur Ablenkung machen?«, gab Mrs Shipton genervt zurück. »Erst jetzt habe ich meine Arbeit getan. Wollen Sie vielleicht sonst noch was wissen?«
»Ja. Was ist das für ein grauer Vauxhall, der in der Auffahrt steht? Ich habe diesen Wagen hier noch nie gesehen.«
»Der gehört einem Sergeant Marden von der Londoner Polizei. Er hat vor einer Stunde Lizbeth hierhergebracht. Um seine Lordschaft nicht zu stören, ist sie gleich auf ihr Zimmer gegangen. Dieser Marden hat ausgezeichnete Manieren - viel bessere als so manche andere Polizisten, die ich kenne.«
Sie ging nach draußen, setzte sich ans Steuer eines nagelneuen Renault und fuhr weg.
Als Tweed sich umdrehte, stand Lance in der Eingangstür. »Hallo, Tweed, hallo, Miss Grey«, sagte er mit einem überheblichen Lächeln. »Wenn Sie meinen alten Herrn suchen, der ist in der Bibliothek.«
»Das wissen wir«, sagte Tweed barsch und eilte an ihm vorbei.
Langsam sind wir hier schon fast zu Hause, dachte Paula, als Tweed höflich klopfte und in die Bibliothek trat. Bullerton saß in einer Hausjacke über einen Tisch gebeugt und grübelte über einer seiner Schachpartien. Er runzelte die Stirn.
»Willkommen, Mr Tweed. Und auch Sie, Miss Grey. Ich versuche gerade, ein vertracktes Schachproblem zu lösen. Na, wie sieht's aus, Mr Tweed? Hätten Sie vielleicht Lust, die schwarzen Figuren zu übernehmen?«
Tweed besah sich das Schachbrett von allen Seiten, dann setzte er sich Bullerton gegenüber und zog mit einem seiner Bauern. Bullerton sah ihn perplex an. Diesen Zug hatte er offenbar nicht erwartet. Während er nun seinerseits über den nächsten Zug grübelte, nahm Tweed die schwarze Dame, auf der ein paar Staubflocken lagen, und wischte sie mit seinem Taschentuch ab.
»Ganz schön schwer, die Dame«, bemerkte er, während er die Figur zurück aufs Spielbrett stellte, »aber das
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