Die Schlüssel zum Königreich 01 - Schwarzer Montag
die letzte Mode erinnern, ist schon über hundert Jahre her. Zu viel Waschen zwischen meinen Ohren. Ich entsinne mich vage, dass ich einen spitzen Hut tragen musste.«
»Fellkleider und Kuhdung-Lagerfeuer und mit Eselskarren auf endlose Berge hoch statt mit Aufzügen«, erinnerte sich das Vermächtnis. »Das war die Mode, bevor ich weggesperrt wurde. Ich glaube, die Architektin mochte es, Ideen aus den Sekundären Reichen zu übernehmen, zumindest bei Äußerlichkeiten. Zweifelsohne ist die gegenwärtige Mode das Werk der Treuhänder.«
»Egal, welche Mode gerade herrscht, es ist unmöglich, Kleider aus den offiziellen Beständen zu bekommen, also muss man sie von den Schmugglern besorgen«, beklagte sich Susi. »Aber dazu braucht man Haus-Gold, und das ist so gut wie unmöglich zu kriegen, oder man braucht was zum Tauschen. Klaro haben die großen Bosse immer einen Vorrat an Kohle und Hemden und Tee und Butterkuchen und solchen Dingen. Allerdings verlegen sie dann und wann einen Sack Kohle oder eine Büchse Tee.«
Susi zwinkerte und ging zum Gartenhaus, aus dem sie mit einem verbeulten, rußgeschwärzten Teekessel zurückkam. Sie füllte ihn mit Wasser aus dem Bächlein und hängte ihn mit Hilfe eines Dreifußes, welcher aus drei verbogenen Schürhaken und etwas Draht bestand, über das Kohlefeuer.
»Also, Fröschlein, erzähl uns, was von Arthur erwartet wird!«, forderte Susi das Vermächtnis auf. Sie saß mit übereinandergeschlagenen Beinen auf dem Rasen und sah der Amphibie in die Glotzaugen; Arthur lag auf dem Bauch und hatte das Kinn in die Hände gestützt.
»Arthur! Du besitzt den Minutenzeiger, das heißt die Hälfte des Schlüssels, der das Untere Haus regiert«, begann das Vermächtnis. »Er ist nicht so mächtig wie der Stundenzeiger, den Herr Montag behalten hat, aber man kann ihn schneller und häufiger benutzen. Du weißt schon, dass er Türen auf- und zusperren kann, aber er hat noch viele andere Kräfte, in die ich dich zur rechten Zeit einweihen werde. Nun, als der Erste Teil des Vermächtnisses habe ich dich als den Rechtmäßigen Erben des Hauses auserwählt. Der Minutenzeiger steht ganz am Anfang deiner Erbschaft; dein vordringliches Ziel ist es, den Stundenzeiger zu erlangen und den Schlüssel zu vervollständigen. Mit ihm wirst du leicht in der Lage sein, Herrn Montag zu besiegen und die Herrschaft über das Untere Haus für dich zu beanspruchen.
Die Morgigen Tage werden selbstverständlich protestieren, aber wegen der Übereinkunft, die sie selbst mit Montag geschlossen haben, werden sie nicht in der Lage sein, sich einzumischen.
Sobald Montag besiegt ist und du Herrscher geworden bist, werden wir bedeutende Veränderungen im Unteren Haus in die Wege leiten müssen, um eine solide Basis zu schaffen, von der aus die übrigen Teile des Vermächtnisses befreit werden können. Zurzeit herrscht hier deutlich erkennbar eine enorme Laxheit und Dummheit, und es wird, was ich für das Schlimmste halte, sogar vor Einmischungen in die Sekundären Reiche nicht zurückgeschreckt! Natürlich wirst du dein eigenes Kabinett zusammenstellen müssen, deinen eigenen Morgengrauen, Mittag und deine eigene Abenddämmerung …«
»Moment mal!«, rief Arthur. »Ich will kein Herrscher oder dergleichen sein! Ich muss ein Heilmittel für die Seuche finden und damit nach Hause zurückkehren! Al les, was ich wissen will, ist, wie ich das anstellen kann.«
»Ich habe gerade über eine großangelegte Strategie gesprochen, nicht über taktisches Geplänkel«, erwiderte das Vermächtnis naserümpfend. »Dennoch werde ich mich bemühen, deine Frage zu beantworten.«
Es faltete seine schwimmhäutigen Hände und beugte sich vor.
»Primum: Du musst Herrn Montag besiegen, wenn du überhaupt eine Chance haben willst, irgendetwas zu tun, und das schließt auch das Erlangen eines Heilmittels für deine Seuche ein. Secundum: Du wirst dich in Herrn Montags Gemach schleichen, das Tagraum genannt wird, und den Stundenzeiger an dich bringen, der dein rechtmäßiges Eigentum ist. Sobald du erst einmal dort bist und den Zeiger rufst, wobei du einen Spruch benutzt, den ich dir beibringen werde, wird er einfach in deine Hand fliegen, es sei denn, Montag hält ihn in dem Augenblick gerade fest, was unwahrscheinlich ist.«
»Also gibt es keinen Weg, ein Gegenmittel für die Krankheit zu bekommen, ohne vorher Montag zu besiegen?«, vergewisserte sich Arthur.
»Sobald du erst einmal Herrscher bist, werden allerhand Dinge
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