Die Schlüssel zum Königreich 01 - Schwarzer Montag
gemähten Rasen, in dessen Mitte sich auf einem verbrannten Flecken Gras die Überreste eines Lagerfeuers befanden. Ein schmaler, aber wundervoll klarer Bach plätscherte sanft am Rand der Lichtung vorbei; eine schmale Holzbrücke führte darüber und mündete in einen gepflasterten Weg, der an einem Gartenhaus endete, das wie ein altmodischer Musikpavillon aussah. In dem Gartenhaus standen ein Schreibtisch, ein Klubsessel und ein paar Bücherregale.
»Da wären wir«, sagte Susi. »Das Büro des Generals für Effizienzierung!«
Arthur folgte ihr nach draußen; vor ihm hüpfte das Vermächtnis. Die Aufzugtür schloss sich hinter ihnen; eine elektrisch klingende Schelle ließ Arthur zusammenfahren. Als er zurückblickte, sah er, dass die Tür des Fahrstuhls im Stamm eines der gewaltigen Bäume verborgen war; im geschlossenen Zustand waren ihre Umrisse oder der Rufknopf, der in einem Astknoten saß, kaum von der Rinde zu unterscheiden.
»Hier scheint ja die Sonne!«, stellte Arthur fest und zeigte auf die Strahlen, die das Blätterwerk durchdrangen. Er spähte zwischen zwei Stämmen durch und erblickte in der Ferne Grasland, über dem sich blauer Himmel wölbte. »Und ich kann normalen Himmel und alles sehen. Wo sind wir hier?«
»Wir sind immer noch im Haus«, erklärte Susi. »Dieses ganze Zeug ist wie ein Bild – man kann nicht auf die andere Seite der Bäume gehen. Ich hab’s versucht; man läuft gegen irgendetwas. Es ist eine Art Rundumfenster.«
Arthur starrte fasziniert ins Weite. Da zogen Tiere durch das Gras: riesige Reptilien, prähistorische Geschöpfe, die er aus Büchern und Museen kannte. Nur waren diese hier nicht grau wie auf allen Bildern, sondern blassgelb mit hellblauen Streifen.
»Da draußen sind Saurier!«
»Sie können nicht herein«, sagte das Vermächtnis. »Susi hat Recht: Dieses Büro ist von einem Panoramafenster umgeben, das auf einen bestimmten Ort in den Sekundären Reichen blickt. Es ist ungewöhnlich, dass es in die entfernte Vergangenheit schaut, weil so etwas sehr schwierig zu bewerkstelligen ist. Je größer die Entfernung zur Haus-Zeit, desto instabiler das Fenster.«
»Gibt es auch solche, die in die Zukunft hinaussehen?«, fragte Arthur. »Kann man den Ausblick verändern?«
»Das hängt davon ab, was du unter der Zukunft verstehst«, entgegnete das Vermächtnis. »Es gibt vielerlei unterschiedliche Beziehungen zwischen der Haus-Zeit und der Zeit in den Sekundären Reichen. Falls du die Zukunft deiner Welt meinst: nein. Die ist fast im Gleichtakt mit der Haus-Zeit, deshalb ist sie nicht zugänglich. Aber wir könnten uns jede beliebige Zeit ansehen, die vor deiner Ankunft hier liegt, wenn wir das Dokument hätten, in dem das Fenster beschrieben ist. Verstehst du, weil es auf die Sekundären Reiche blickt, ist es Teil davon und wird irgendwo im Haus eine Aufzeichnung besitzen. Vielleicht in diesem Schreibtisch.«
»Es spielt keine Rolle«, meinte Arthur. »Ich wollte nur sehen … wissen, was zu Hause passiert. Aber nachdem ich von dort weg bin, nicht, was vorher war.«
Es ist wahrscheinlich besser, das nicht zu sehen, dach te Arthur verzagt. Es würde doch nur seine Angst und Anspannung vergrößern.
»Ich werde ein Feuer machen«, sagte Susi, »und Tee aufsetzen.«
Wir haben keine Zeit für Tee! dachte Arthur, aber er verkniff sich den Einwand. Er musste auf jeden Fall warten und zuhören, was das Vermächtnis zu sagen hatte; währenddessen konnten sie genauso gut Tee trinken.
Susi ging zu dem verbrannten Flecken hinüber und begann, eine kleine Pyramide aus schwarzen Steinen zu errichten. Arthur folgte ihr und brauchte einen Moment, bis er erkannte, dass das Kohle war. Er hatte vorher noch nie welche gesehen, richtige Kohle, die so schwarz und glänzend war. Alle Kohlestücke hatten exakt dieselbe Form und Größe, was seiner Meinung nach nicht normal sein konnte.
»Ich begreife diesen Ort einfach nicht!«, sagte er. »Warum Gaslampen und Kohlefeuer und die altmodischen Kleider und der ganze Kram? Wenn dies der Mittelpunkt des Universums ist, könnte das dann nicht alles durch Zauberei oder so erledigt werden? Und ihr könntet dann bessere Kleider haben.«
»Das ist nun mal die Mode«, erklärte Susi. »Sie wechselt von Zeit zu Zeit, keine Ahnung warum, und wenn sie das tut, ist alles anders, nur die Aufzeichnungen bleiben und die beschissenen Jobs und die Dinge, die du möchtest und nicht bekommen kannst, wie vernünftige Kleider. Ich kann mich kaum noch an
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