Die Schlüssel zum Königreich 01 - Schwarzer Montag
Besucher«, flüsterte Susi ängstlich, »mit Albtraumpeitschen und Nachthandschuhen!«
»Gibt es noch einen anderen Weg hinaus außer dem Fahrstuhl?«, fragte Arthur drängend.
»Nein«, entgegnete Susi. »Es könnte vielleicht einen Obskurweg geben, aber ich weiß nicht …«
Sie unterbrach sich, als die Aufzugklingel schrillte; die beiden lächelten erleichtert und sprangen gleichzeitig auf, griffen nach der Tür und öffneten sie so heftig, dass sie gegen den Baum schlug. Mit dem Schlag kam ein blendend heller Lichtblitz; Arthur und Susi taumelten zurück und fielen auf den Rasen.
»Hier seid ihr also«, gähnte Herr Montag und trat aus der Aufzugkabine, in einer Hand den funkelnden Stun denzeiger und in der anderen einen Jagdstuhl. Er gähnte noch einmal, machte noch ein paar langsame Schritte über den Rasen, pflanzte den Jagdstuhl ins Gras, klappte den kleinen Sitz auf und ließ sich darauf nieder.
Hinter ihm tauchte Mittag auf und lächelte sein perfektes Lächeln. An seiner Seite ging eine schöne Frau, die ganz in Lila und Rosa gekleidet war und wie Mittags Schwester aussah; sie musste Montags Morgengrauen sein. Zwei Schritte dahinter erschien ein weiterer unmöglich gut aussehender Mann, der Mittag wie aus dem Gesicht geschnitten war. Er trug einen schwarzen, mit Silber bestäubten Rock und war zweifelsohne Montags Abenddämmerung. Offensichtlich wollte Herr Montag kein Risiko eingehen; er hatte seine mächtigsten Gefolgsleute um sich versammelt. Und als ob die drei noch nicht ge nug gewesen wären, folgte ihnen eine ganze Horde Portiersfeldwebel, gewöhnlicher Portiers und anderer, weniger leicht identifizierbarer Gestalten.
»Nun macht schon!«, schnauzte Montag sie an. »Ich bin erschöpft. Nehme sich jemand den Minutenzeiger und bringe ihn hierher!«
Morgengrauen, Mittag und Abenddämmerung sahen sich an.
»Ich warte!«
»Das Vermächtnis …«, sagte Mittag vorsichtig, während er wie seine Geschwister mit den Augen das Büro absuchte. Alle drei hatten die rechte Hand geöffnet, als ob sie eine Waffe ziehen wollten, obwohl keine Waffen zu sehen waren.
»Das Vermächtnis kann es nicht mit uns allen aufnehmen«, gähnte Montag. »Ich nehme an, dass es schon geflohen ist. Und jetzt macht schon!«
Wieder gab es ein leichtes Zögern; keiner schien darauf erpicht zu sein, den ersten Schritt zu tun. Schließlich machte Mittag eine Handbewegung und sprach.
»Portier!«, befahl er und deutete auf Arthur, der von dem Energiestoß noch halb betäubt war. »Nimm dem Jungen diesen Metallgegenstand ab!«
Der Portier salutierte und trat mit steifen Beinen und knirschenden Gelenken vor. Einen Schritt vor Arthur blieb er stehen, knallte die Hacken zusammen und nahm Haltung an. Dann beugte er sich von der Hüfte an abwärts und langte nach dem Schlüssel.
Dieser hätte Arthurs Hand eigentlich problemlos verlassen müssen, da Arthur keine Kraft hatte, um ihn festzuhalten; genaugenommen bekam er nur noch sehr vage mit, was um ihn herum vorging. Aber der Schlüssel rühr te sich nicht; als wäre er an seiner Handfläche festgeleimt. Der Portier zerrte daran, dann ließ er sich auf ein Knie nieder und zerrte von neuem, was bei Arthur beträchtliche Schmerzen im Arm verursachte.
»Nicht«, stöhnte er halb bewusstlos. »Bitte, bitte nicht!«
»Reiß ihm den Arm ab!«, befahl Mittag. »Oder schneide ihn ab, je nachdem, was schneller geht!«
K APITEL D REIZEHN
D
er Portier richtete sich wieder auf und schraubte sich langsam die rechte Hand ab. Er schob sie in seinen Gürtel und förderte aus einer Innentasche seines Rocks eine viel stärkere Hand zu Tage, die an Stelle der Finger eine einzelne breite Klinge wie ein Hackbeil hatte. Die schraubte er sich ans Handgelenk; sobald sie fest saß, begann das Hackbeil, zu vibrieren und sich dann so schnell auf und ab zu bewegen, dass es nur noch verschwommen zu sehen war.
Der Portier beugte sich wieder nieder und senkte das Messer auf Arthurs Handgelenk. Der Junge schrie auf, aber bevor er etwas tun oder das Messer ihn berühren konnte, schoss der Schlüssel wie ein Pfeil aus seiner Hand. Er bohrte sich in das Brustbein des Portiers, kam aus dem Rücken wieder heraus und flog in Arthurs Hand zurück.
Es floss kein Blut. Ein vager Ausdruck der Verwirrung trat auf das Gesicht des Portiers. Er stand auf und trat zurück; aus seinem Rumpf drang das Geräusch knirschender Zahnräder. Dann platzte sein blauer Rock auf; eine Feder sprang aus seiner
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