Die Schlüssel zum Königreich 02 - Grimmiger Dienstag
dennoch lesen«, beharrte Arthur. Er rückte nicht von der Stelle, obwohl die Grotesken sich noch ein Stückchen dichter an ihn heranmachten. Sie verströmten einen sehr eigenartigen Duft, der ihn stark an frisch gefallenen Regen auf einer heißen, geteerten Straße erinnerte – nicht wirklich unangenehm, aber beißend und ein wenig metallisch.
»Am besten unterzeichnen«, sagte Tethera, und plötzlich klang seine Stimme äußerst bedrohlich, obwohl er weiterhin lächelte.
»Unterzeichnen«, zischte Methera.
»Nein!«, rief Arthur. Er stieß Tethera von sich, mit der Hand, in der er den Ersten Schlüssel meistens gehalten hatte. Als seine Handfläche die Brust des Grotesken traf, umfloss sie ein stahlblaues Licht; Tethera wankte und musste sich an Methera festhalten, um nicht hinzufallen. Beide Grotesken taumelten bis an die Straße. Dort gewannen sie die Kontrolle über ihre Bewegungen wieder und versuchten, eine würdevolle Pose einzunehmen. Tethera langte in die vordere Tasche seiner Schürze und zog eine große, ovale Taschenuhr hervor, die leise schlug, als er den Deckel öffnete und ihr Zifferblatt inspizierte.
»Wir geben Euch Zeit bis Mittag; dann beginnen wir mit der völligen Inbesitznahme«, rief Tethera. »Aber bis dahin werden wir unsere Vorbereitungen nicht ruhen lassen, und Verzögerungen werden Euch nicht zum Vorteil gereichen!«
Sie stiegen in ihr Auto, schlugen die Türen zu und fuhren ohne jedes Motorengeräusch davon. Arthur beobachtete, wie der Wagen ungefähr zwanzig Meter weit rollte und dann schlagartig mit einem prismatischen Effekt verschwand, wie der plötzliche, nur kurz währende Regenbogen nach einem Schauer bei Sonnenschein.
Arthur warf einen Blick auf den glänzend weißen Umschlag, der sich trotz seines trockenen Aussehens schleimig anfühlte. Wie könnte er den Ersten Schlüssel und die Herrschaft über das Untere Haus mit seiner Unterschrift weggeben? Es war so schwierig gewesen, sie überhaupt zu erobern! Aber er durfte auch nicht seine Familie leiden lassen …
Seine Familie! Arthur rannte ins Haus, um nach Bob zu sehen. Tethera mochte keinen Grund haben zu lügen, aber der Atem der Grotesken hatte ziemlich giftig ausgesehen.
Bob war wieder im Studio; Arthur konnte ihn mit jemandem reden hören, was ein gutes Zeichen war. Die schalldichte Tür stand halb offen, also streckte Arthur den Kopf ins Zimmer. Bob saß an einem seiner Pianos, hielt den Telefonhörer in der einen Hand und schlug mit der anderen aufgeregt eine einzelne Bassnote an. Er sah gesund aus, aber als Arthur das Gespräch verfolgte, erkannte er schnell, dass die Wirkung des Grauen Hauchs zwar vergangen sein mochte, die Grotesken aber, wie angedroht, ihre »Vorbereitungen« vorangetrieben hatten.
»Wie kann die Band nach zwanzig Jahren der Plattenfirma plötzlich zwölf Millionen Dollar schulden?«, fragte Bob die Person am anderen Ende der Leitung. »Sie haben uns doch sowieso nach Strich und Faden ausgenommen! Verdammt noch mal, wir haben mehr als dreißig Millionen Platten verkauft! Es ist einfach unmöglich …«
Arthur schlich zurück. Die Grotesken hatten ihm anderthalb Stunden bis zur »völligen Inbesitznahme« eingeräumt – was immer sie damit meinten. Aber schon diese beginnenden Angriffe waren eine sehr schlechte Nachricht für die Familie. Sie würden auf der Straße leben und betteln müssen …
Er musste sie aufhalten! Wenn er nur mehr Zeit zum Nachdenken hätte …
Mehr Zeit zum Nachdenken.
Das war die Lösung, dachte Arthur. Er könnte Zeit gewinnen, wenn er in das Haus ginge; er könnte dort vielleicht eine Woche verbringen, und wenn er wieder in seine Welt zurückkehrte, würden nur ein paar Minuten vergangen sein. Er würde das Vermächtnis und Mittag (der einmal Abenddämmerung gewesen war) fragen, was zu tun war. Und Susi …
Seine Überlegungen wurden unterbrochen, als Michaeli die Treppe heruntergestürmt kam. Sie hielt den Ausdruck einer E-Mail in der Hand, und die tiefen Falten auf ihrer Stirn konnten nicht nur eine Folge von Schlafmangel sein.
»Probleme?«, erkundigte sich Arthur zögernd.
»Sie haben meinen Kurs gestrichen!«, antwortete Michaeli fassungslos. »Ich habe gerade eine E-Mail bekommen, die besagt, dass die gesamte Fakultät geschlossen worden ist und unser Gebäude verkauft wird, um Schulden der Universität zu bezahlen! Eine E-Mail! Sie hätten mir wenigstens einen Brief schreiben können! Papa!«
Sie lief ins Studio. Arthur blickte auf den Umschlag
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