Die Schlüssel zum Königreich 04 - Rauer Donnerstag
verängstigt; aber später, als ihm klar wurde, dass er nicht herunterfallen würde, empfand er den rasanten Ritt sogar als belebend.
Die Unpferde hatten eine viel bessere Kondition als ihre irdischen Kollegen, aber selbst sie konnten nicht endlos galoppieren. Als der Nichtlingstrupp nur noch ein kleiner Punkt am Horizont der Platte war, hob Kavallerieleutnant Jarrow die Hand. Sein Unpferd verlangsamte seinen Lauf, trabte ein kurzes Stück und fiel schließlich in Schritt; Arthurs und Freds Tiere folgten seinem Beispiel.
So ritten sie weiter, bis Jarrow um die Mittagszeit eine halbstündige Rast anordnete. Dafür wählte er die Ruinenstadt der letzten Platte aus, die sie überqueren mussten. Ruinenstadt war fast zu viel gesagt; nur die Grundmauern waren noch übrig, ein oder zwei Steinreihen hoch, und grasbedeckte Hügelgräber, die interessante Überreste enthalten mochten oder auch nicht. Kavallerieleutnant Jarrow erklärte ihnen, dass hier nie eine Stadt gestanden hatte. Das Ganze war schon als Ruine erbaut worden, denn die Architektin hatte das Große Labyrinth als Übungsgelände für die Armee erschaffen.
Der Offizier zeigte ihnen auch, wie man eine Plattengrenze erkannte – das war wichtig zu wissen, weil man nämlich schon im Umkreis einiger Meter Gefahr lief, sich bei Sonnenuntergang mit seinen verschiedenen Körperteilen an verschiedenen Stellen wiederzufinden.
Nicht alle Plattengrenzen waren auf dieselbe Weise zu unterscheiden, erklärte Jarrow, aber die meisten ließen sich an der veränderten Farbe der Vegetation oder des Bodens erkennen, die sich als kontinuierliche Linie bemerkbar machte. Die Grenze zwischen dem Dschungel und der Ruinenstadt beispielsweise war sehr deutlich, denn die von Kletterpflanzen bewachsenen Bäume am südlichen Rand waren allesamt gelblich.
Die Grenze zwischen Ruinenstadt und Sumpf war weniger offensichtlich, da es dort keine klar erkennbare Linie des Farbwechsels oder Unterschiede in der Vegetation gab. Aber Jarrow zeigte auf einen flachen Hügel aus weißen Steinen im Zentrum eines Gebiets, wo der Untergrund allmählich von kurzem, grünem Gras in niedrige Büsche überging, die beinahe blau waren. Bezeichnenderweise war der Steinhügel halbkreisförmig, rund auf der nördlichen Seite und gerade auf der südlichen. Er war errichtet worden, um die südliche Grenze dieser Platte anzuzeigen.
Der eigentliche Sumpf begann bald dahinter. Jarrow ließ die Zügel locker, und sein Unpferd suchte sich behutsam seinen Weg durch hohes Riedgras und teefarbene Wassertümpel; die anderen folgten im Gänsemarsch.
In der Mitte der Platte, zumindest nach Jarrows Schätzung, fanden sie eine Insel höher gelegenen, trockenen Geländes und schlugen dort ihr Lager auf. Jarrow hielt wieder Wache, während Arthur und Fred die Unpferde abschirrten, mit den Drahtbürsten striegelten, einölten und ihnen die rubinroten Augen polierten. Dann rieben sie ihre blitzgeladenen Tulware trocken, schärften sie und fetteten ihre Stiefel und Kettenhemden ein. Bis sie all das erledigt hatten, war die Abenddämmerung hereingebrochen.
Tief im Sumpf, mit einer hinter dem Horizont verschwundenen Sonne, konnten sie nur eine der ausgewechselten Platten um sich herum ausmachen. Im Westen, wo bisher nichts zu sehen gewesen war, blickte man jetzt auf einen eindrucksvollen Berg, dessen dunkle Silhouette sich Ehrfurcht gebietend vor dem Sternenhimmel abhob.
»Wir reiten bei Morgengrauen zur Zitadelle«, sagte Jarrow. Er hatte die letzten Sonnenstrahlen genutzt, um seinen Almanach zurate zu ziehen, da er nach Einbruch der Dunkelheit kein Licht machen wollte. »Ich würde gerne jetzt losreiten, und wenn wir andere Platten hätten, könnten wir es schaffen. Aber bei der vorliegenden Konstellation ist ein Gebirgspass zu überqueren, dahinter liegt ein Wald und hinter diesem der Östliche Wasserschutz.«
»Was für ein Schutz?«, fragte Arthur nach.
»Er ist Teil der Zitadelle und wandert nicht. Ein ausgetrockneter See, der geflutet werden kann, wenn die Schleusentore der unterirdischen Quellen des Zitadellenberges geöffnet werden. Er müsste eigentlich noch trocken sein, aber …«
Jarrows Stimme verlor sich. Die drei saßen in der sternenklaren Nacht und lauschten den Stimmen des Sumpfes. Ihre Unpferde standen ruhig in der Nähe und unterhielten sich ebenfalls von Zeit zu Zeit in ihrer leisen, trockenen Sprache, die die ältesten Kavalleriefeldwebel vielleicht noch verstehen mochten.
Nach einer Weile nahm Fred
Weitere Kostenlose Bücher